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Was bleibt sind Pixel

von Mani Wollner, Januar 2008

&copy Fotos: Mani Wollner



Februar 2004: Wegfahrsperre ...

Mein Körper spinnt – Gendefekt sagt man mir. Nach der OP heißt es: mindestens sechs Monate langsam machen ...

„Normal“ war es zuvor gewesen, an den Wochenenden ein Rennrad durch die Gegend bewegen. Und dann: ab vor den Fernseher, Radsport schauen.

Und nun? Wegfahrsperre in Sachen Rennrad. Also: Nix wie hin zu den magischen Stätten des Radsportfrühjahrs, auf nach Roubaix, zum Cauberg und nach Lüttich, in die Ardennen! Mit dem Auto ...



Hin zu den magischen Stätten des Radsports: mein 1. „Roubaix-Foto“

Es schien wie eine Fügung des Schicksals, dass meine erste digitale Spiegelreflexkamera schon bestellt war und in den nächsten Tagen geliefert werden sollte.

Etixer hatte im Forum von Cycling4fans Radsportfotos in einer Qualität gezeigt, die ich nur von Profis kannte. Über mehrere Jahre hatte ich immer mal wieder versucht bei Radrennen zu fotografieren und einsehen müssen, dass meine Ausrüstung dafür nicht taugte.

Und das sollte sich nun ändern, durch Zufall genau im richtigen Moment.



Plötzlich ist alles anders

Da ist es richtig geil: Houffalize in den Ardennen

Schnell ist es normal, jedes Wochenende mehrere hundert Kilometer mit dem Auto zu fahren, immer dem Peloton auf der Spur. Plötzlich laufe ich selbst über die Pavés, die ich bis dahin nur aus dem Fernsehen kenne, atme die staubige Luft. Bei Rundstreckenrennen – meine Kamera häufig nur Zentimeter von den Fahrern entfernt – lässt sich am besten fotografieren. Das ist eine Stunde am Anschlag, nicht nur für die Fahrer.



... oder in Lüttich, beim Tour-Prolog

Aber richtig geil ist es da, wo die Stars sind, bei den Klassikern, bei der Tour. Bei den Rennen, die wirklich etwas bedeuten. Und wo ich regelmäßig auf die Fahrer treffe, für deren Fahrweise ich mich begeistere. Und dazu dieses Sirren des vorbeifliegenden Feldes, dabei dieser penetrante Geruch nach Waschmittel ...

Profiradsport wird schnell Teil meines Alltags. Eines neuen, aufregenden Alltags. Straßenrennen live zu erleben ist nichts wirklich Unbekanntes für mich, so kreuzten sich z.B. schon seit Jahren wie durch Zufall die Strecke der Tour und meine sommerliche Urlaubsroute – in der Regel gleich mehrmals.



Hautnah dran, auch bei den Handbikern

Natürlich war das bisher die Ausnahme, ein Highlight ein, zweimal im Jahr. Jetzt bin ich hautnah dran, scheint eine Woche ohne Live-Radrennen eine verlorene Woche.

So ist klar, dass es im Herbst und Winter mit Bahn- und Crossrennen weitergehen muss, schließlich gibt es auch da Fahrtwind um die Nase – und die Show muss ja weitergehen!

Seit dem Herbst darf ich auch wieder selbst aufs Rad, und damit ist mein Glück perfekt:



Radsport ist mein Leben

Was soll denn toller sein?

Ein (Zirkus-)Leben voller Emotionen – und voller Fotos. Ich kann mir nichts Tolleres vorstellen.

Meistens ist es dabei so, dass ich vor Ort nur die Atmosphäre wirklich wahrnehme, die Sounds und Gerüche, die Hektik bevor das Feld kommt. Dieses Flirren.

Dann heißt es, sich zu konzentrieren, um bei all der Aufregung scharfe Fotos zu machen. So sehe ich die Rennen abends daheim am Rechner beim Sichten der Fotos eigentlich zum ersten Mal wirklich, und oft läuft es mir dabei ein zweites Mal kalt den Rücken runter. Gänsehaut reloaded, oft konnte ich nicht mal sagen ob es vor Ort intensiver war.



Sommer 2007

wuusch!!!

Viel ist passiert seit jenem Februar 2004, sowohl im Radsport als auch in meinem Leben. In der Zwischenzeit habe ich geschätzte 100.000 mal bei Radrennen auf den Kamerauslöser gedrückt, dafür bescheuerterweise um die 50.000 Kilometer mit dem Auto zurückgelegt. Nur um gut 170 Radrennen vor Ort zu erleben und zu fotografieren.

Menschen in und aus aller Welt habe ich kennengelernt – Fans wie ich einer bin, Fotografen wie ich einer bin, Radfahrer wie ich einer bin.



Fit und gesund durch Radsport

Aber der Radsport ist krank – und auch mein Körper hat sich wieder gemeldet. In beiden Fällen handelt es sich um das jeweilige „altbekannte Problem“.



Radsportfotografie im Frühjahr ...

Ich war weder blind, noch taub, noch naiv. Empfand Doping eindeutig als Betrug. Wusste dennoch dass es existiert, dass es Teil des Radsports ist.

Ich war so blind, so taub und so naiv. Was mittlerweise als sicher zu gelten hat, habe ich mir im Leben nicht vorgestellt, nicht vorstellen können. Eine Therapie für den Radsport? Ich kenne keine.

Die Omerta kotzt mich an, die offensichtlichen Lügen der scheinbar in die Enge Getriebenen. Seien es Funktionäre, Manager, Ärzte, Offizielle, Aktive oder Ehemalige. Und wenn mal jemand wirklich etwas sagt, wird ihr oder ihm schnell klar, warum sich dieses Verhalten schon bisher nicht bewährt hat.



... und im Herbst 2007

Umso besser kenne ich meine Therapie: Heilung durch Bewegung – fit und gesund durch Radsport. Ab aufs Rad, am besten täglich.

Ob ich noch Radsportfan bin? Natürlich bin ich das! Aber den Radsport, von dem ich Fan bin, scheint es derzeit nicht zu geben, auf jeden Fall nicht bei den Profis.

Ab und zu fahre ich sogar noch zu Radrennen. Aus fotografischer Sicht empfinde ich den Radrennsport nach wie vor als ungemein ästhetisch. Es ist durchaus eine Herausforderung, dort zu fotografieren – und es fällt mir inzwischen leicht, scharfe Fotos zu machen: Ich bin nicht mehr aufgeregt, wenn „sie“ kommen ...



Dezember 2007

Vieles entstand mit großem Einsatz

Seit dem Sommer ist foto-rad-sport.de online, meine Radsportfotoseite. Schon schön – wenn auch nur noch aus nostalgischer Sicht.

Versprochen war: das Archiv wird wieder gefüllt. Über Wochen habe ich nun die Bilder aus den Jahren 2004 und 2005 gesichtet.

Viel von dem, was mit großem Einsatz entstand, ist nicht geblieben. Es fehlt:



Gänsehaut?

Gänsehaut! Lichtstimmungen und Unwetter ...

Einige Fotos sind übrig geblieben aus jener Zeit, ich finde sie ganz gelungen. Ich habe Orte wiedergesehen an die zurückzukehren sich lohnen würde, Menschen die wiederzutreffen schön wäre. Ich habe mich an Lichtstimmungen und Unwetter erinnert. Aber mehr ist da nicht mehr, keine Gänsehaut reloaded.

Der Profiradsport hat seine Magie verloren.



Was bleibt sind Pixel ...



Und so wird ein Schuh draus

Wikipedia sagt: Pixel, Bildpunkt, Bildzelle oder Bildelement (selten Pel) bezeichnet sowohl die kleinste Einheit einer digitalen Rastergrafik als auch deren Darstellung auf einem Bildschirm mit Rasteransteuerung. (...) Es wird oft mit px abgekürzt.

Ich bin geheilt vom Profi-Radsport und seiner Verlogenheit. Jetzt heile ich meinen doofen Körper – mit Radsport.



Stummfilm

Ab sofort gilt wieder die Wegfahrsperre, allerdings gilt sie jetzt für das Auto und Fahrten zu Radrennen.

 

Für das eigene Rennrad gilt sie glücklicherweise nicht. Spätestens 2009 geht es ins Hochgebirge.

 

Profi-Radsport ist tot – lang lebe der Radsport!

 

Und hier: Der Rest der Bilder aus 2004


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