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Saisonbilanz: CSC 2004

Beitrag von Steamboat, 18. Februar 2005

 

Der Verlust wog schwer. Tyler Hamilton verließ nach einer erfolgreichen Saison 2003 das dänische Team Richtung Phonak. Damit schienen die Ambitionen von Teammanager Bjarne Riis jäh gestoppt. Woher jetzt einen Mann nehmen, der auf das Podium in Paris steigt, ja evtl. sogar das Gelbe Trikot anziehen könnte? Tyler Hamilton war dem Ziel schon recht nahe und wäre er nicht so früh gestürzt, hätte er gute Chancen gehabt, in Paris vom Podest zu lächeln.

 

Riis kam sicherlich Jan Ullrich in den Sinn. Aber würde er nach der Schmach des Vorjahres, als Ullrich nach langem Hickhack zu COAST ging und seinem ehemaligen Teamkameraden einen Korb gab, den Deutschen nach dem Abenteuer Bianchi nun doch zu CSC locken? Mit Voigt und Jaksche hatten bereits zwei deutsche Fahrer angeheuert und da Ullrich kein Sprachtalent ist, schien das ein Pfand in der Hand zu sein. Letztlich ist aber darüber nichts weiter bekannt, ob die Bemühungen intensiviert wurden, Ullrich anno 2004 zum Team zu lotsen. Stattdessen verpflichtete Riis den Italiener Ivan Basso.

 

Basso galt als talentiert, als Fahrer mit Potential. Er hatte bei 2002 bei der Tour den 11. und danach den 7. Gesamtplatz belegt, aber niemand traute ihm zu, Hamilton in Bezug auf Leistung und in der Persönlichkeit zu ersetzen. Ja, sogar zu übertreffen.

 

Aber dann kam bei der TdF die Fahrt nach La Mongie. Die Spitzengruppe entwickelte sich gemäß dem Lied „Zehn kleine Negerlein“. Hamilton war einer der ersten, der abreißen ließ. Basso blieb an Armstrong dran. Es folgten Heras, Simoni, Ullrich und Mayo, die nicht mehr mithalten konnten – Basso blieb dran. Zum Schluss wurden auch Klöden und Mancebo abgehängt. Basso blieb dran und siegte in einem unspektakulären Finish. In diesem Rennen hatte Armstrong seinen Slogan „No gifts!“ noch nicht gekannt oder nicht angewendet. Basso durfte gewinnen. Und über Nacht sprach man nun nur noch von Basso als Herausforderer für das Gelbe Trikot. In kürzerer Zeit als angenommen, war Basso der Sprung in die Riege der Top-Fahrer gelungen. Von Hamilton sprach bei CSC schon längst niemand mehr. Dem Italiener gelangen ferner noch zwei zweite Etappenplätze bei der Tour.

 

Am Ende der Tour stand Basso auf dem Podium. Zwischen ihn und Armstrong drängte sich Klöden, der von seinen zeitfahrerischen Qualitäten gegenüber dem Italiener profitierte. Basso war es bei den Bergankünften meist gelungen, mit dem Amerikaner auf die Zielgerade zu kommen. Als er aber zum Rennen gegen die Uhr antreten musste, verlor er dann gegenüber den anderen Topfahrern wie Ullrich und Klöden doch etwas an Zeit, wenngleich Riis dieser Mangel frühzeitig aufgefallen war und er besondere Trainingsmethoden entwickelte, um entgegen zu wirken. Basso zeigt sich ich dieser Disziplin stark verbessert und verlor nur einen Platz dadurch in der Gesamtwertung.

 

Sein dritter Platz in der Tour und sein Etappensieg stellten lediglich die Spitze der Leistungen des Teams dar. Die Tour de France muss als großer Erfolg gewertet werden, bei dem das Team den 3. Platz in der Mannschaftswertung belegte. Außerdem fuhr Piil Storm fuhr bei der Etappe von Amiens nach Chartres nur knapp am Gewinn vorbei.

 

Aber schon vor der Tour de France konnte sich das Team glänzend in Szene setzen.

 

Schon sehr früh im Jahr prägte ein Ansbacher das Bild im Peloton. Jörg Jaksche, zu Saisonbeginn von ONCE gekommen, zeigte beim Zeitfahren von Paris-Nizza gleich Siegerqualitäten. Dort schaffte er einen Start-Ziel-Sieg, wobei er sehr stark von der hochwertigen Zusammenarbeit seines Teams profitierte. Auf der zweiten Etappe von Chaville nach Montargis fabrizierte CSC einen Husarenritt. Diese Etappe war flach, allerdings gab es viele Windkanten, die das Peloton auseinander rissen. Im Zuge dieser Entwicklung konnte der zweimalige Gewinner von Paris-Nizza, Alexandre Winokourow, abgehängt werden. CSC fuhr mit sieben Fahrern in der Spitzengruppe in der Folgezeit ein Mannschaftszeitfahren, um so auf einen Schlag eine Reihe hochkarätiger Herausforderer von Jaksche los zu werden. Neben ihm konnte der Amerikaner Julich (3.) das Podium erreichen. Voigt (4.), Schleck (9.) und Basso (11.) komplettierten ein herausragendes Gesamtergebnis. Natürlich gewann CSC damit auch die Mannschaftswertung bei der vermutlich bedeutendsten HC-Rundfahrt, die auch gerne als Rennen zur Sonne bezeichnet wird.

 

Jaksche gewann überdies auch Tour de Mediterraneen (2,3) sowie ein mysteriöses Zeitfahren, das eine Mischung aus Einzelzeitfahren und Mannschaftszeitfahren darstellt. Hierbei starteten die einzelnen Teams geschlossen. Während der Fahrt löst sich die Gruppenformation auf und jeder Fahrer fährt auf eigene Rechnung. Diese Art des Zeitfahrens war bisher unbekannt. Basso (2.) und Voigt (3.) vervollständigten den Erfolg des Teams bei dieser Rundfahrt.

 

Bobby Julich feierte nach seinem Ausflug zum Team Telekom quasi seine Wiedergeburt. Er gewann bei einer anderen HC-Rundfahrt, Baskenland Rundfahrt, das Zeitfahren und belegte dort den 4. Platz in der Endabrechnung. Die Krönung seiner Saison erfolgte durch den 3. Platz beim olympischen Zeitfahren. Zwar kam er nur als 40. in der Gesamtwertung bei der Tour de France ins Ziel, es überwog allerdings der Eindruck einer Integration Julichs in eine geschlossene Mannschaftsleistung. Zudem wurde er bei der Tour de Suisse 13.

 

Ein weiterer Fahrer von CSC, der zu einem Höhenflug ansetzen konnte, war Jens Voigt, einst Teamkollege von Julich bei Crédit Agricole. Voigt gelang ebenfalls ein Etappensieg bei der Baskenland-Rundfahrt. Zudem gewann er bei dieser Rundfahrt die Bergwertung. Eine überzeugende Vorstellung lieferte er beim Criterium International (2,1) ab. Zwei Etappensiege trug er davon. Einen davon gab es im Zeitfahren u.a. gegen Armstrong. Weiterhin beschloss er auch die Internationale Bayern-Rundfahrt (2,3) als Sieger. In Deutschland langte es nach guten Leistungen in der Gesamtwertung der Tour (2,2) zu einem 2. Platz.

 

Voigt wirbelte bei der Tour gewohntermaßen herum. Er stellte sich ganz in den Dienst seines Chefs Basso. Das brachte ihm verärgerte Unmutsbekundungen mancher deutscher Fans ein. Denn durch seine mannschaftsdienliche Fahrweise unterstützte er indirekt Armstrong und fuhr praktisch gegen Ullrich. Dass die Verbundenheit im Radsport zum Team größer als zum Landsmann sein muss, versteht sich eigentlich von selbst. Einige Unbelehrbare allerdings attackierten Voigt mit Ausdrücken, die im Sport nichts zu suchen haben. Vielleicht darf man sein Bedauern ausdrücken, dass er seine Sache leider gut machte und damit z.B. verhinderte, dass Jan Ullrich noch Basso überflügelte, dann muss aber mit dem überzogenen Fanatismus gut sein. Voigt erwies sich als zuverlässiges Teammitglied, das seine Arbeit in optimaler Form verrichtete. Folglich verschaffte er seiner Verärgerung Luft, was auch nur richtig war. Nach der Tour feierte er zusammen mit seinem amerikanischen Teamkamerad Julich den Sieg beim Paarzeitfahren des LUK-Cups (1,2). Als Lohn für seine vorzüglichen Leistungen und seine mannschaftskonforme Verhaltensweisen wurde er in den olympischen Kader berufen. Dort allerdings trat er weder selber herausragend in Erscheinung, noch konnte er seinen Landsleuten eine Medaille verschaffen.

 

Auch Jaksche hätte sicherlich gerne Basso bei der Tour unterstützt, allerdings zog ihm ein Bruch des Ellenbogens einen Strich durch die Rechnung, den er kurz vor der Tour beim Training erlitt. So startete Jaksche später im Jahr bei der Vuelta und unterstützte Carlos Saste bei dessen Bemühungen um ein gutes Abschneiden. Der Spanier schaffte viele gute Platzierungen 2004, blieb aber ohne Saisonsieg, wie auch CSC keinen Etappensieg in Spanien gelang. Der dritte Platz beim Abschlusszeitfahren der Vuelta in Madrid war Sastres bestes Etappenergebnis. Ansonsten gefiel er durch gute Gesamtergebnisse bei den großen Rundfahrten durch Frankreich und Spanien. Bei der Tour belegte er den 8. Platz, bei der Vuelta war er noch zwei Plätze besser.

 

Ohne Etappensiege blieb CSC sowohl bei der Tour de Romandie, Tour de Suisse als auch bei der Dauphine Libere. Basso erreichte einen guten 7. Platz im Endklassement in der Romandie, während Sastres 14. Platz das beste Ergebnis eines CSClers bei der Dauphine Libere in der abgelaufenen Saison darstellte.

 

Einen weiteren Rundfahrtssieg feierte Kurt-Asle Arvesen. Der Norweger profitierte von der Großzügigkeit seines Teamkollegen Voigt, der ihm den Vortritt bei der Post Denmark Rundt (2,2) ließ. Voigt hatte schon eine Etappe gewonnen und ließ sich absichtlich auf dem letzten Teilstück bei einer Zwischenwertung um die Gesamtführung berauben. Einen weiteren Etappensieg erzielte der Italiener Guidi, der auch bei der Tour de la Region Wallone (2,2) einen Tageserfolg holte.

 

Für Arvesen war Dänemark ein gutes Pflaster. Auch den GP Aarhus (1,2) konnte er gewinnen. Frank Hoj konnte ein weiteres Rennen in dem Land gewinnen. Sein Heimsieg entstand beim GP Midtbank (1,3), den er vor seinem Teamkollegen und Altmeister Michele Bartoli sicherstellte.

 

Die dänischen Meister kommen auch aus dem CSC Team. Blaudzun siegte auf der Straße, während Sandstod im Zeitfahren das Landesmeistertrikot bekam.

 

 

Basso wollte sich nicht lumpen lassen. Bei so viel erfolgreichen Mannschaftskameraden wollte er auch noch einen Erfolg erzielen. Dieses Vorhaben setze er im Herbst bei der Giro dell Emilia (1,1) um. Im Finish ließ er Casagrande (Vini Caldirola) keine Chance.

 

Auf sich aufmerksam machte im vergangenen Jahr der Russe Gusev im Team. Ein 2. Platz bei Chrono Herbiers (1,3) ist lobenswert. Ferner gelang ihm ein 8. Platz bei Gent-Wevelgem.

 

Die Stärken des Teams lagen eher bei den Rundfahrten. Es gab also keinen Sieg in einem Weltcuprennen. Das Team belegte in der Mannschaftswertung den 9. Platz. Am nächsten dran am Sieg war der Holländer Tristan Hoffman, der im Velodrom von Roubaix nur den Schweden Backstedt nicht bezwingen konnte. Andere CSC-Fahrer kamen bei diesem Klassiker ebenfalls zu Punkten. Allen voran Hoj (10.), dann folgten Gusev (20.), Bartoli (21.) und Michaelsen (23.). Hoj sammelte schon eine Woche zuvor Punkte bei der Flandern-Rundfahrt, wo er den 8. Platz erreichte.

 

Basso kam auf 110 Punkte im Weltcup, die sich durch den 3. Platz in der Lombardei, einen 6. Platz beim Klasika San Sebastian und den 7. Platz bei Lüttich-Bastogne-Lüttich ergaben. Da er aber keine secs Weltcuprennen bestritt, taucht er in der Fahrerwertung nicht auf. Der andere bekannte Italiener im Team betätigte sich als eifriger Punktesammler. Bartoli wurde 15. wurde beim Amstel Gold Race und 24. bei Züri-Metzgete. Auch der Russe Gusev sorgte für einige Punkte. Er belegte 19. Plätze bei den HEW Cyclassics und der Lombarbdei-Tour. Der Amerikaner Julich heimste 4 Punkte als 22. bei der Klasika San Sebastian ein. Guidi wurde 8. bei den HEW-Cyclassics und Sörensen 21. beim Amstel Gold Race. Das sind zwar letztlich viele Platzierungen unter den ersten 25, aber man blieb eben ohne Sieg.

 

2005 bleibt CSC im Gros so zusammen. Bartoli hat ebenso wie Christensen und Sandstod aufgehört, Hoj heuerte auf Grund der unsicheren Finanzlage von CSC bei Gerolsteiner an. Aus gleichem Grund wurde Jaksche an seinen alten Arbeitgeber Saiz abgegeben. Dafür kamen einige Gesichter neu dazu. Der wichtigste Neuzugang dürfte Lombardi sein. Mit dem Teamgefährten aus früheren Tagen hofft Riis auf ein paar Sprinterfolge. Weiterhin stießen zwei Amerikaner zum Team. Der Etappensieger bei der Vuelta, Zabriskie, und Vandevelde von Liberty Seguros sollen CSC verstärken. Möglicherweise hatte Riis im Hinterkopf, damit zwei Trümpfe im Radschach gegen den früheren Chef der beiden, Lance Armstrong, zu haben. Zudem wurden mit Bak und Johansen zwei Dänen aus dem niederländischen Team, Bankgiroloterij, verpflichtet. --> Team 2005

 

Auch zwei Deutsche haben Aufnahme bei CSC gefunden. Christian Müller und Linus Gerdemann halten neben Voigt die deutschen Farben im Team aufrecht. Gerdemann wird allerdings erst im Mai zu den Dänen wechseln, weil er zu vor noch beim Team AKUD unter Vertrag steht. Sein Wechsel kam erst spät vor der Saison zustande. Gerdemann wurde nicht bei der U 23 Weltmeisterschaft berücksichtigt. Es wurde kolportiert, dass er über charakterliche Schwächen verfüge und sich nicht in die Mannschaft integriere. Voigt stellte offensichtlich einen Kontakt zu CSC her und so konnte Gerdemann Riis davon überzeugen, dass er doch der richtige Mann sei. Um seinem gegenwärtigen Arbeitgeber aber nicht des besten Pferdes zu berauben, wurde vereinbart, dass bis zum Mai Gerdemann für das Continental Team fährt.

 

CSC wird sich wieder auf die Rundfahrten konzentrieren. Sastre wird der Kapitän bei der Vuelta sein, Basso möchte sehr gerne den Giro und anschließend die Tour fahren. Ob er dieses Unterfangen wirklich zum Abschluss bringt, muss sich noch herausstellen. Sicherlich wird er für Simoni (oder Cunego) eine ernst zunehmende Konkurrenz darstellen, da er im Gegensatz zu den anderen beiden, ein für italienische Verhältnisse passabler Zeitfahrer geworden ist.

 

Wenn möglicherweise Armstrong nicht die Tour fahren sollte, dann hätte Basso gute Aussichten, die Tour zu gewinnen. Allerdings wird er bis zum Startschuss der Frankreich-Tour schon den Giro in den Beinen haben. Er wäre nicht der erste, der mit der Doppelbelastung seine liebe Mühe hätte und am hehren Vorhaben scheitert. Gute Leistungen bei den Rundfahrten sind wieder Voigt und Julich zuzutrauen.

 

Wie das Team bei den Klassikern zurecht kommt, wird man abwarten müssen. Es könnte sich rächen, dass man kaum in neue Fahrer investieren konnte. Natürlich muss man Basso als Mann für die Lombardei nennen, aber wer wird im Frühjahr die Kohlen aus dem Feuer holen?



Anmerkung zum Kommentar oder zur Saison von CSC:


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