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Der alte Mann und der BDR

 

Wettbewerbsbeitrag von Raktajino

 

Stefan Steinweg.

 

Stefan.

 

Steinweg.

 

Steini.

 

Kojak - so wird er von seinem Verein, dem RSC Friesenheim, genannt. Doch wohl nicht mehr lange, denn Steinweg zieht einen Vereinswechsel in Betracht. Warum, hat er sich unbeliebt gemacht? Nun, das wäre keine große Überraschung für Radsportdeutschland.

 

Er ließ in den Vergangenen Jahren nur wenige Gelegenheiten aus, seinen Unmut über den BDR dem Rest der Welt kundzutun.

 

Wie wir wissen, ist Steinweg kein einfacher Rennfahrcharakter. Man sagt ihm Überheblichkeit und Arroganz, aber auch viele sympathische Eigenschaften nach...wahrscheinlich ist nicht er selbst ausschlaggebend für die über ihn gebildeten Meinungen, sondern die Situation, in der man ihn das erste Mal sieht.

 

Sieht man ihn wild abfällig während einem Rennen gestikulieren, hat man 2 Möglichkeiten: man liebt ihn oder man hasst ihn. Dazwischen gibt es nichts, wenn man sich ein bisschen für seine Person interessiert.

 

Steinweg blickt auf eine lange Reihe von Erfolgen zurück. 1991 wurde er zum 1sten Mal Weltmeister in der Mannschaftsverfolgung. Er hat also schon lange persönlich mit dem BDR und der UCI zu tun, und man muss sich im Nachhinein wirklich fragen, was dieser Herr denn alles angestellt hat, um in so verschiedenartige Lichter zu gelangen.

 

2001 war das Verhältnis Steinweg-BDR denkbar schlecht. Obwohl er Welt- und Vizeweltmeister war, bekam er vom Bund kein Bahnrad für die WM zur Verfügung gestellt. Böser Wille oder einfach nur schlechte Organisation? Steinweg bezeichnete es als „Diskriminierung durch den BDR“ und lieh sich ein Rad von einem Sprinter. Er war offensichtlich einiges an Schlappen vom BDR schon gewöhnt.

 

2002 war für Steinweg auch nicht leicht.

 

Die deutsche Bahn-Meisterschaft sollte ihm und seinem Partner Erik Weispfennig die Fahrkarte zum 2er-Mannschaftfahren der Bahn-WM in Kopenhagen bescheren, doch durch einen Sturz von Weispfennig, platzte dieses Vorhaben. Ironie des Schicksals: der Verursacher des Sturzes, Lars Teutenberg, gewann mit seinem Partner Frank Kowatschitsch das Rennen. Ironie der Ironie: die beiden durften dann bei der WM gar nicht starten, sondern Guido Fulst und Andreas Müller bildeten das deutsche Duo.

 

Steinweg befand sich in einem Formtief, war aber dennoch tief enttäuscht von der ganzen DM. In einem Lied heißt es: „aus Wut wurde Hass und daraus Mut, und ich schätz es war gut denn Mut gibt dir die Kraft zu sein was du sein musst, selbst wenn die Welt dich hasst“ – Steinweg ist was ein Steinweg sein muss, und tat was ein Steinweg tun musste. Er schrieb dem BDR einen offenen Brief, in dem er sich über die Missstände der DM und des deutschen Bahnradsports ausließ. Er befand die DM für „zum abgewöhnen“, kritisierte die schlechte Organisation des Fahrplans und gab eine düstere Prognose für den Fall dass der BDR nicht schleunigst etwas ändert: „Hier sollte dringend mal gedacht und gehandelt werden, bevor nur noch der gut organisierte VIP Bereich auf der Rennbahn gefüllt ist und keine Fahrer mehr auf dem Lattenoval herumfahren.

 

Steinweg handelte sich mit diesem Brief viel Zustimmung, aber auch Kritik ein. Hier spaltete sich die Radsportwelt wieder in diejenigen, die ihn mögen und diejenigen, die ihn nicht mögen.

 

So ganz schien man auf ihn aber dann doch nicht verzichten zu wollen, da er für das Scratch-Rennen der WM nominiert wurde. Dieses Rennen war zum 1sten Mal bei einer Bahn-WM dabei, und ließ schon im Vorfeld erahnen dass die Durchführung nicht einfach werden würde. Die Regeln dieser sonderbaren Disziplin werden immer wieder geändert. Steinweg gab schon vor der WM auf seiner Homepage bekannt, dass er selbst nicht genau weiß, was ein Scratch-Race ist.

 

Das Rennen an sich ging dann ziemlich schnell. Steinweg griff mehrere Male an, bis es ihm dann schließlich gelang, zusammen mit Gilmore und Marvulli auszureißen. Zu ihnen stießen dann noch Gibb und Rybin, Marvulli fiel wieder nach hinten. Die Spitzengruppe erzielte einen Rundengewinn, da läutete ein UCI-Mann irrtümlicherweise die Glocke, es gab Tumult und Konfusion in Feld, das nun sprinten sollte. Nachdem das Feld sich ausgesprintet hatte, hätte die Spitzengruppe nun eine bestimmte Anzahl Runden fahren müssen. Da die Kommunikation der UCI-Funktionäre untereinander offenbar nicht funktionierte, wusste niemand genau, wie es jetzt weitergehen sollte. Die Spitzengruppe drehte ihre Runden, wurde gestoppt, und Marvulli sollte sich zur ihr gesellen. Die Experten sind sich noch heute uneinig darüber, ob Marvulli eine Runde Rückstand hatte, oder nicht. Das Rennen ging dann allerdings nicht wirklich weiter, und die 4 rollten gemächlich über die Bretter die die Welt bedeuten. Als das Rennen weiterging, griff Steinweg sofort an und wurde zurückgepfiffen. Er regte sich nach Steini-Manier auf, ließ eine Flut von abwertenden Gesten über die UCI kommen und signalisierte auf vielfältige Weise seinen Unmut. Derartige Aktionen kommen bei ihm öfter vor, obwohl sie nicht immer gerechtfertigt sind. Auch hier muss man abwägen, wieviele Beschwerden sich ein Bahnprofi leisten kann.

 

Die Herren mussten dann noch 5 Runden fahren, Marvulli gewann, Steinweg wurde 3ter.

 

Die Reaktionen auf das Rennen waren weit gefächert...sie gingen von „katastrophal“ bis „lächerlich“. Das wirklich Interessante ist aber, dass nach dem Rennen eine Art Rollentausch stattfand. Der BDR-Sportdirektor Bremer meinte, „Stefan Steinweg ist um den WM-Titel betrogen worden“, während Steinweg selbst das Ergebnis nicht anfechtete und damit ganz zufrieden war. Er dankte dem BDR sogar noch dafür dass er teilnehmen durfte.

 

Mit der Teilnahme Steinwegs an der Organisation der deutschen Meisterschaft 2003 in Stuttgart, kehrt der Hausfrieden im BDR vielleicht wieder ein.

 

Man kann jedoch sicher sein, dass Steinweg immer ein Kritiker der Obrigkeit, sei es BDR oder UCI, sein wird. Er ist eben Stefan Steinweg. Stefan


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