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10. Mai 20004 – 2. Etappe: Novi Ligure - Pontremoli

Auch heute hatte ich kaum Zeit zum Luftholen. Genua war zwar nicht mehr Girostadt, aber Novi Ligure, der Startort der heutigen Etappe, lag nur 40 Minuten Zugfahrt entfernt. Gute Planung ist alles und so erreichte ich Novi Ligure etwa eine Stunde vor Beginn der Einschreibung.

 

Vertrauensseelig wie ich nun einmal bin folgte ich dem Sound der Giro-Werbewagen, die mir weismachen wollten, dass ich unbedingt so ein rosa Giro-Set bestehend aus T-Shirt, Cappie und Bandana für "incredibile" 5 Euro erwerben müsste. Warum war ich nur anderer Meinung...?!

 

Nun ja, mein erster Versuch, von dem ich dachte, er würde mich vom Bahnhof zur Einschreibung führen, brachte mich zum offiziellen Start. Keine Fahrer, Betreuer oder Teambusse weit und breit, nur die üblichen Giroverkaufsstände...War also nichts. Ich hätte ja nur in den offiziellen Giroführer schauen brauchen, aber da war ich mal wieder zu bequem dazu. Dafür also die Quittung. Dann eben zurück zum Bahnhof und ein neuer Versuch.

 



Campionissimi

Campionissimo: Felice Gimondi

Dieses Mal landete ich an der Einschreibung, es waren schon viele Zuschauer da, nur keine aktiven Fahrer. Dafür überreichte ein Star vergangener Tage, Felice Gimondi, dem Museum für Campionissimi in Pontremoli ein Rennrad und rosa Trikot des verstorbenen Pantani sowie sein eigenes WM-Trikot. Das wurde natürlich mit allem Tamtam und wichtigen Leuten der Stadt oder solchen die sich dafür halten, gefeiert und die Fans riefen Marco Pantanis Namen... Pantani mag unsere Welt verlassen haben, in den Herzen der Tifosi lebt er weiter, wie unzählige Plakate bezeugten.

 

Kaum spielen Fabian Wegmann und Olaf Pollack im neuen Film der Holczer Production "Pretty in Green and Pink" die beiden Hauptrollen, nehmen auch die italienischen Fans, Reporter und Fotografen von ihnen Notiz. Was so ein geniales Drehbuch alles bewirken kann...

 

Auch beim Giro gibt es ähnlich wie bei allen anderen großen Landesrundfahrten viele Fotografen, die sich um die besten Bilder streiten. Was Hennes Roth für Deutschland ist, ist Fotoreporter Sirotti für Italien. Kaum ein Fotograf wagt ihm zu widersprechen. Wird bei der Einschreibung ein Mindestabstand von zwei Metern zum Podest von den Fotografen nicht eingehalten, werden sie von Sirotti zurückbeordert und keiner wagt es sich den Anweisungen des "Maestros" zu widersetzen, zumindest habe ich keinen erlebt.

 

Die Gazzetta dello Sport hatte mal wieder zur Wahl des beliebtesten Radprofi aufgerufen. Und wer gewann die Wahl? Mario Cipollini, geliebt von den einen, gehasst von den anderen? Gilberto Simoni, Topfavorit für einen erneuten Giro-Sieg oder vermutlich DER Bergfahrer Italiens zur Zeit? Alessandro Petacchi, der alles niederwalzt, was ihm auf Flachetappen in den Weg kommt? Nein, keinem dieser Kandidaten wurde diese Ehre zu teil; am beliebtesten ist ein fast 40jähriger Fahrer, den ich immer nur fröhlich lachend erlebt habe (weiß der Mann überhaupt, was schlechte Laune ist?); ich spreche von Mario Scirea, dem loyalen Edelhelfer Mario Cipollinis, den man einfach gern haben muss!

 



Cipollini, Superstar

Mario, Mario, Mario!

Wenn die Teenies anfingen zu kreischen wie bei der Ankunft eines Popstars, dann war das ein unübersehbares bzw. besser gesagt unüberhörbareres Zeichen, dass Mario Cipollini im Anmarsch ist. An dieses Gekreische werde ich mich wohl nie gewöhnen... Cipollini hat in Italien den Status eines überirdischen Helden, eine Ehre, die sonst eigentlich nur Popstars oder Schauspielern zuteil wird . Während um ihn ein mir bis dato in diesem Ausmaß unbekannter Trubel herrscht, können sich "Stars" wie Petacchi und Simoni fast ungestört auf das Rennen vorbereiten. Wer das Theater um unser aller Ulle in Deutschland als extrem empfindet, sollte mal nach Italien fahren und dieses Chaos (und der Begriff Chaos ist noch untertrieben!) um die Person Cipollini miterleben... Man wird sich danach nach der Ruhe um Jan Ullrich sehnen! Ich werde nie mehr behaupten, dass um T-Mobiles Moppelchen Trubel herrscht! Versprochen! (aber ich sage nicht für wie lange...)

 

Ein Gang durch das Girovillage bietet nicht nur die Möglichkeit des Genusses von echtem Saeco Espresso und anderen italienischen Köstlichkeiten, nein es verschafft einem auch einen schönen Überblick über die Aktivitäten verschiedener Fahrer vor dem Start bis der Mann mit der Pfeife kommt. In Novi Ligure beispielsweise betrieb Mario Scirea durch die Lektüre der Zeitschrift "Ciclismo" Fortbildung in Sachen Radsport, Christophe Detilioux spielte Babysitter für das Kind von seinem Namensvetter Christophe Brandt und das slowenische Kaffeekränzchen (bestehend aus Hauptmann von Lampre, Valjavec von Phonak, Derganc von DVE und Podgornik von Tenax) hatte einen regen Meinungsaustausch. Zumindest so lange bis der Pfiff des Mannes mit der Pfeife ertönte, DEM Signal, dass das Rennen startet; dann springen alle wie von der Tarantel gestochen von ihren Sitzen auf, lassen alles stehen und liegen und drängeln sich zum Ausgang. Dort gibt es erst einmal einen schönen Fahrerstau; es sollen auch schon mal Fahrer trotz der eigentlich nicht überhörbaren Pfeife den Start verpasst haben. Immerhin handelt es sich ja hier erst um den neutralisierten Start; jetzt weiß ich endlich, wozu der neutralisierte Start gut ist.



Ergebnis

1Damiano CunegoItalienSaeco
2Bradley McGeeAustralienFdJeux.com
3Cristian MoreniItalienAlessio Bianchi


11. Mai 2004 - 3. Etappe: Pontremoli – Corno alle Scale

Etwa 120 km entfernt von Genua liegt Pontremoli, ein Bergstädtchen von gerade mal ca. 8.000 Einwohnern . Und dieses toskanische Städtchen war heute Startort des Giro d’Italia. Für jemanden wie mich, der zum Giro ohne fahrbaren Untersatz gekommen war, hieß dies wieder einmal Fahrpläne der italienischen Staatsbahn zu wälzen, aber schließlich wurde ich fündig, es gab sogar einen Direktzug von Genua nach Pontremoli . Nur bedeutete dies sehr, sehr frühes Aufstehen (ich liebe Radrennen!), was meine Radsportleidenschaft schon auf eine harte Probe stellte. Schließlich siegte die Radsportleidenschaft und ich saß kurz nach 06.00 Uhr morgens im Regionalzug, doch meine Hoffnung unterwegs viel von der rauen Küste zwischen Genua und La Spezia, Heimat von Alessandro Petacchi, bewundern zu können wurde enttäuscht, fast ¾ der Strecke führt durch düstere Tunnels....(boah wie spannend!!)

 

Ich war natürlich viel zu früh da, noch waren Ordnungskräfte damit beschäftigt den Startbereich zu präparieren. Und wenn nicht gerade ein Team aus dem Bett gefallen war, lag die Chance, zu dieser frühen Stunde Fahrer im Startbereich zu Gesicht zu bekommen, nahezu bei null... kurzer Check der Lage: es war kein Fahrer aus dem Bett gefallen, also habe mir zuerst ein schönes italienisches Frühstück mit einem original Capuccio (wie die Italiener zum Capuccino sagen) in einer Bar genehmigt.

Als dann aber die ersten Fahrer eintrudelten hielt mich nichts mehr in der Bar. Der Girosprecher erzählte viel zu den einzelnen Fahrern, heute erfuhren die Zuschauer beispielweise, dass Gabriele Colombo von Domina Vacanze Geburtstag feiert und sofort mussten Graziano Gasparre, Alessandro Vanotti & Co. von De Nardi ihre Gesangskünste der italienischen Version von Happy Birthday darbieten... Man stelle sich vor, Ulle, Zabel & Co. bringen ein Ständchen für Olaf Pollack... ich glaube, da gefällt mir die italienische Variante eindeutig besser.



Papa Mario

Neuer Papa für die Kleine

Cipollini wurde überraschenderweise wieder einmal von den Tifosi in Beschlag genommen, heute hatten es sich die Mütter in den Kopf gesetzt ihre Kleinsten mit Mario fotografieren zu lassen. Und Cipollini zeigte, warum die Italiener den Ruf haben besonders kinderlieb zu sein. Mal hatte er die Söhne, mal die Töchter italienischer Mammis auf dem Arm. Aber ob die Kleinen auch immer so begeistert wie ihre Mütter waren, von einem fremden Mann, der nebenbei zu den gefragtesten italienischen Radprofis momentan zählt, auf den Armen gehalten und fotografiert zu werden, müsste man mal nachforschen.

 

Falls jemand ein Autogramm von einem italienischen Fahrer haben möchte, wäre es eine gute Taktik, kleine Kinder vorzuschicken (ob nun die eigenen oder fremden ist unerheblich); ich habe keinen italienischen Fahrer, ob er nun Cipollini, Petacchi oder Simoni heißt, erwischt, der einem der "Bambini" (Kinder) einen Autogrammwunsch abschlug. Bei Erwachsenen waren sie nicht so zuvorkommend, es sei denn es handelte sich um attraktive junge Frauen (Rang 2 in der Beliebtheitsskala)...

 

Der Trubel um Cipollini schlug seinen ehemaligen Teamkollegen Ruben Lobato (Saunier Duval) in die Flucht, der vorher völlig unbehelligt an einem der Stände die Gazzetta dello Sport gelesen hatte, als dann aber Cipollini für irgendeine Aktion der Europäischen Union genau an diesem Stand gebraucht wurde, war es mit der Ruhe vorbei. Anfangs verteidigte Ruben noch beharrlich seine Position, aber als immer mehr Fans anrückten ergriff er die Flucht. Wenig später tat ich es ihm gleich und erntete Verständnis von Graziano Gasparre, der das Schauspiel anscheinend schon ein Weilchen beobachtet hatte und sich köstlich über den Ansturm amüsierte – aus sicherer Entfernung!

 

Robert McEwen, denn alle nur Robbie nennen, scheint unter extremer Sonnenallergie zu leiden. Vermutlich scheint in Australien sehr selten die Sonne, wie anders ist es zu erklären, dass er nicht in der Lage war, seine Sonnenbrille abzunehmen und mir offenbarte, dass das seine (wunderschönen) Augen zerstören würde?

 

Gegen Mittag war mein diesjähriger Girobesuch beendet, ich fuhr im Zug zurück nach Genua und traf dort auf italienische Chicks, die die Vorzüge von Cipollini, Astarloa und Petacchi verglichen. Da die deutschen Chicks bekanntermaßen viel fachlicher diskutieren, waren mir derartige Gespräche völlig fremd und hätten mich fast aus dem Konzept gebracht... aber dann dachte ich mir nur: Italienerinnen!

 



Ergebnis

1Gilberto SimoniItalienSaeco
2Damiano CunegoItalienSaeco
3Franco PellizottiItalienAlessio Bianchi


Fazit

Giro – Ich liebe dich! Ich komme wieder!!!

 

mehr Fotos gibt es wie immer auf Cyclingimages.

 

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