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Held September 2004

Die Helden sind zurück! Nachdem das Held-zur-Zeit-Team während der Radsport-Hoch-Zeit wie gebannt vor dem Fernseher saß bzw. an der Rennstrecke stand, besinnen wir uns nun auf den guten, alten Heldentum zurück und benennen mal wieder ein paar Herren, die uns positiv ins Auge gestochen sind....



Held des Monats September: Nick Nuyens

Nick Nuyens auf Siegeskurs.

Eins, zwei, drei - binnen acht Tagen ist der 24-jährige belgische Quick Step-Fahrer mit einem Triple in die Radsport-Weltelite geprescht. Das besondere an diesen Siegen bei Paris-Brüssel, beim GP Wallonien sowie beim GP Industria & Commercio di Prato ist nicht nur die kontinentale Streuung von Frankreich über Belgien nach Italien, sondern auch die Tatsache, in welcher Art und Weise die Triumphe zustande kamen. In Brüssel löste er sich mit einem knackigen Antritt wenige Kilometer vor dem Ziel aus einer Führungsgruppe heraus, in Namur war er der Stärkste, als es beim Wallonischen Großen Preis bergan die Zitadelle hinauf ging und in Prato bewies er Sprintfähigkeiten aus einer elfköpfigen Spitzengruppe. Wie es scheint, gibt es wenig, was Eintagesspezialist Nuyens nicht kann. Zwangsläufig werden schon die ersten Vergleiche mit Paolo Bettini gezogen. Patrick Lefevere, Teamchef der Quick Step-Mannschaft, kann sich glücklich schätzen, bereits in den eigenen Reihen den legitimen Nachfolger des zweifachen Weltcup-Siegers gefunden zu haben.



Deutschsprachiger Held: Sebastian Siedler

Wer ist das, der so unverschämt den Hessen und Franken die ersten Plätze wegschnappt? Schnelle Beine, kauziger Blick - das kann nur Sebastian Siedler sein! Der Geraer vom Leipziger Rennstall Wiesenhof überzeugte mit einem ersten und einem vierten Platz bei der Hessen-Rundfahrt sowie mit dem Sieg beim Nürnberger Altstadtrennen.

Hinzu kam ein Etappensieg bei der Friedensfahrt im Mai - und Sebi entpuppte sich als einer der Leistungsträger im Team. Und das in seiner ersten Profi-Saison! Mit dem Gewinnen scheint er sich allerdings schon auszukennen - zumindest vermittelt er den Eindruck herablassender Routine, wenn er auf dem Podium steht. Vielleicht ist es aber auch das Wissen darüber, dass ohne ihn Wiesenhofs Saison nicht so gut verlaufen wäre... oder es ist stille Freude. Oder innere Bewegtheit. Aber egal was es ist, egal was ihn so griesgrämig blicken lässt - wir wollen mehr davon!

 



Co-Helden:

Björn Glasner: Hätte man Björn Glasner vor dem Beginn der Rheinland-Pfalz-Rundfahrt prophezeit, dass er das Rennen gewinnen würde, hätte sich der Lamonta-Profi wohl vor Lachen auf dem Boden gekugelt und eine metertiefe Kuhle hineingewälzt. Nun, die Lach- und Herumkugel-Attacke blieb aus und wurde dafür durch sportliche Attacken ersetzt. Just während der 4. Etappe sicherte sich Glasner das gelbe Trikot des Gesamtführenden und gab es bis zum Ende der Rundfahrt nicht mehr ab.

 

 

Michael Rogers sollte am 29.09.2004 in Bardolino Geschichte schreiben. Er war der erste und angesichts der Begleitumstände auch hoffentlich der einzige Fahrer, dem das Kunststück gelang, innerhalb von sieben Stunden zweimal das Regenbogentrikot mitsamt Goldmedaille für den Weltmeistertitel im Zeitfahren überreicht zu bekommen. Am Morgen noch wurde er nachträglich für den Weltmeistertitel von 2003 geehrt. Dort hatte er bei der Elite genau wie schon 1997 bei den Junioren und 1999 bei der U 23 den zweiten Platz im Zeitfahren bei einer WM belegt. Dazu kam noch 2000 als Ausnahme die Bronzemedaille im Zeitfahren in Plouay.

Scheinbar beflügelt von den nachträglichen Weltmeisterweihen fuhr er dann am Nachmittag die versammelte Konkurrenz in Grund und Boden und gewann mit einem sehr großen Vorsprung die Zeitfahr-WM 2004, damit seine zweite in Folge und die erste, die er direkt auf der Straße und nicht erst am grünen Tisch gewann.

Wenn man jetzt noch bedenkt, dass "Mick" erst 24 Jahre alt ist, im Zeitfahren bereits schon zu den dominierenden Fahrern zählt und auch schon bei diversen, schwierigen Rundfahrten reüssierte, dann muss man ihn zwangsläufig zu den Rennfahrern zählen, die in den nächsten Jahren bei den großen Rundfahrten um den Sieg kämpfen werden.

 

 

Alessandro Petacchi: Ale-Jet hat mal wieder vier Etappen der Vuelta und damit jeden seiner Massensprints gewonnen, deswegen ist es Zeit ihn hier zu ehren. Bei der Lobhudelei stellt sich uns jedoch ein ganz gewaltiges Problem: Mit welchem Superlativ kann man die Leistungen des Alessandro Petacchi in den Jahren 2003 und 2004 eigentlich noch beschreiben?

Weil uns keine nicht schon tausendmal genannten einfallen, lassen wir es lieber ganz bleiben und verbleibe voll Demut vor diesem Mann aus La Spezia.

 

 

Christian Werner war einer der Fahrer, bei dem wir noch im April vermuteten, dass er es in diesem Jahr nicht in die Helden-Liste schaffen würde. Damals wurde er kurzfristig zugunsten von Erik Zabel noch aus dem T-Mobile Aufgebot für Lüttich-Bastogne-Lüttich gestrichen und heulte sich danach öffentlich in einer Tageszeitung darüber aus. Man hätte fast wetten können, dass sein Vertrag von Godefroot niemals verlängert werden würde. Beim Henninger Turm saß er dann in der Spitzengruppe und zu seinen Gunsten verzichtete die Mannschaft darauf, diese Gruppe zurückzuholen. Allerdings versaute Werner auch dort alles und fiel als einer der wenigen noch aus der Gruppe zurück, die dann ankam, während sein Kapitän Zabel hinten den Spurt des Feldes gewann.

Aber nur wenig Zeit später zeigte der gebürtige Bad Schwalbacher dann doch seine Qualitäten bei der Österreich-Rundfahrt und belegte als Helfer von Cadel Evans sogar noch einen guten 7.Platz.

Im August wurde sein Vertrag wider Erwarten doch verlängert, und Werner sollte die Vuelta fahren. Aus diesem Aufgebot wurde er aber ebenfalls wieder raus genommen da der Teamleitung auffiel, dass man ja auch noch die Hessen-Rundfahrt fahren müsste. Und Wrner zeigte sich von seiner besten Seite. Bei "seiner" Heimrundfahrt war er denn aber der einzige seiner Mannschaft, der die richtige Gruppe erwischte und belegte einen 6. Platz in der Gesamtwertung. Anschließend war er auch bei der Rheinland Pfalz-Rundfahrt wieder der einzige Magentafahrer, der das Näschen für die richtige Gruppe hatte. Hier verpasste er als Vierter der Gesamtwertung nur knapp das Treppchen. Siehste, Christian, und schon stehst du in unserer Helden-Liste!



Helden-Team: Lamonta

Nein, dies ist kein Déjà-vu: Das Team Lamonta hat es zum wiederholten Mal geschafft, sich für unsere Helden-Liste zu empfehlen. Auch im Herbst machten die Jungs des Rheda-Wiedenbrücker Rennstalls von sich Reden: Gesamtsieg bei der Rheinland-Pfalz-Rundfahrt durch Björn Glasner, Stefan Schumacher wurde Gesamtzweiter der Hessen-Rundfahrt, diverse andere Etappenplatzierungen und das Team führt die Weltrangliste der GS3-Teams an. Wir sind schon gespannt, wie die Jungs während der Winterpause auf sich aufmerksam machen werden….

Die Lamonta-Jungs auf einen Blick.


Sonderkategorie: Viva Espagna

Die Höhepunkte des Herbstes bestimmten jene, über die einst als reine Bergziegen mit Seitenwind-Allergie gespottet wurde. Die Spanier sind die Radsport-Nation des Monats September: Unter den Top 10 bei der Vuelta a Espana waren ausschließlich Spanier, unter den besten 25 gar nur zwei "Ausländer". Verschiedenste Teamfarben prägten das Bild, die Konkurrenz war groß, doch nur zwei Wochen später bei der Weltmeisterschaft traten alle mit dem gemeinsamen Ziel an, den Weltmeister zu stellen. Fünf der siebzehn Top-Leute im Finale von Verona waren spanische Staatsbürger, und die quantitative Überlegenheit wurde mit Teamgeist in Erfolg umgemünzt: Serrano, Perez Rodriguez und Mancebo bereiteten vor, Top-Star Valverde legte vor, Oscar Freire staubte ab: Sein dritter Straßentitel war die Krönung des goldenen spanischen Herbstes.



Sonderkategorie: Richtig traurig gucken

Eigentlich erwartet man bei Siegerehrungen, besonders aber bei Weltmeisterschaften, strahlende Gesichter auf dem Podium. Nicht so bei der Siegerehrung des Zeitfahrens der U23 in Verona: Thomas Dekker, von vielen als Favorit auf den Sieg gehandelt, erreichte nur Platz zwei. Und zog anschließend eine Schnute, die man wohl zuletzt bei pubertierenden Mädchen gesehen hatte, die gerade erfahren haben, dass sich Take That aufgelöst haben und Leonardo DiCaprio mit der Titanic untergegangen ist.



Sonderkategorie: Abschied eines Helden-Rennens

Fausto Coppi, Jacques Anquetil, Eddy Merckx, Bernard Hinault, Laurent Fignon, Lance Armstrong … solche Namen schmücken Siegerlisten von Tour de France und Giro d'Italia, von klassischen Eintagesrennen und Weltmeisterschaften. Doch sie zieren auch das Siegertableau vom "Grand Prix des Nations", dem berühmtesten Einzelzeitfahren in der Radsport-Geschichte. Am 16.06.2004 kam das Aus für den Klassiker am Lac de Madine in Frankreich: Mit den Jahren verloren sowohl Fahrer, als auch Sponsoren und Fans das Interesse am längsten Zeitfahren des Radsportkalenders, das noch bis vor drei Jahren eine Länge von über 70 Kilometern hatte. Im Zuge der "Pro-Tour 2005" wurde das Rennen jetzt endgültig aus dem Kalender verbannt. Mit ihm "stirbt" auch zum zweiten Male Jacques Anquetil, der "sein" Rennen neun(!) Mal gewinnen konnte. Au revoir, Grand Prix des Nations!



Sonderkategorie: Der Zweite ist der erste Verlierer

Gäbe es Wettbüros, die anstatt auf den Sieger ausschließlich auf Platz zwei ihre Quoten festlegen würden, tja - Erik Zabel würde dafür sorgen, dass diese Geschäftsidee wenig ertragreich verlaufen würde, denn eine Quote von 1:1 könne niemandem etwaigen Wetteinsatz entlocken. Die Konstanz von Erik ist beeindruckend: Im September waren es einmal mehr Alessandro Petacchi und Oscar Freire, die immer wieder eine Spur schneller im Finale waren. Zabel, einst der Etappenjäger schlechthin, ist zwar kein Siegfahrer mehr, aber dennoch gleichmäßig wie kein anderer. Nicht umsonst gewann er die Punktewertung der Spanien-Rundfahrt, nicht umsonst steht er erneut an der Spitze der Weltrangliste, doch nicht umsonst war ihm auch die Enttäuschung anzusehen, als er bei der WM erneut Zweiter wurde...



Antiheld: Tyler Hamilton

Jaja, was haben wir gelitten mit dem Tyler... 2002 beim Giro d'Italia, als er so oft auf die Nase fiel und sich dennoch immer wieder als bewundernswertes Stehaufmännchen präsentierte, 2003 bei der Tour, als er mit gebrochenem Schlüsselbein Gesamtvierter wurde, 2004 bei der Tour, als er auf der Rücken fiel... 2004 in Athen - ja, da entwich er dem Bruchpilotdasein, so glaubte man, und gewann die olympische Goldmedaille. Bei der Zeremonie durfte die Hand aufs Herz natürlich nicht fehlen. Und Hand aufs Herz - wer gönnte dem Pechvogel der letzten Jahre nicht diesen Sieg ?... Im Nachhinein entpuppte sich dies als erneute Bruchladung, und ob das Stehaufmännchen diesmal funktioniert, darf bezweifelt werden. Blut-Transfusions-Doping als Schlagwort, und dies in doppelter Ausführung: Einmal bei Olympia, einmal bei der Vuelta. Ein Formfehler in der B-Probe wird ihm die Goldmedaille retten, aber... .



Antiheld: Der Bund Deutscher Radfahrer

Sylvia Schenk gegen die Männerwelt, so lautete das Top-Duell im deutschen Bürokraten-Radsport. Ein altbekanntes Sprichwort sagt, "viele Jäger sind des Hasen Tod". Trefflicher als diese Redewendung kann dieses unrühmliche Szenario im BDR nicht beschrieben werden. Schon im letzten Jahr gab es Querelen um den Skandal-Vierer bei der Bahn-WM. Eine Fortsetzung gab es mit dem angeblich vertuschten Doping-Verdacht Lademann vor den olympischen Spielen. Selbst Externe wie UCI-Präsident Hein Verbruggen mischten sich ein und legten Schenk einen Rücktritt "ans Herz". Unbeteiligte Fahrer wie Andreas Klöden warfen Schenk "Ahnungslosigkeit" vor. Letztlich verlor sie den Machtkampf gegen die Männerwelt und deren "Anführer", den BDR-Sportdirekter Burckhardt Bremer. Ihr "Aufstand" gegen die Handlungsweisen einiger BDR-Funktionäre und Trainer kostete sie den Job. Wie es in diesem unrühmlichen Kapitel der Machtspielchen nun weitergeht ?... Fraglich, denn erstmal sind die Herren der Schöpfung in ihrem Klüngel unter sich...



Die Helden des Monats September sind auf dem Mist von Raktajino, Tourmalet, Sven und Hanna gewachsen ;-)


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