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7.-8. Mai 2005: Thüringen-Rundfahrt U23

von Hanna



Prolog Weimar

Tom Stamsnijder auf den Spuren von Markus Fothen.

Ich glaub´ ich werde alt. Zumindest fühle ich mich nach der diesjährigen Thüringen-Rundfahrt nicht gerade jünger. Was zum einen daran liegt, dass Radrennen angucken fast genauso anstrengend ist wie selbst fahren. Zum anderen, weil der Blick auf die Startliste der Thüringen-Rundfahrt sehr deutlich machte, dass die Zeiten, in denen die „Nachwuchsfahrer“ so alt waren wie ich, vorbei sind.

Anno 2003 war die Welt noch in Ordnung: Wie üblich dominierte Rabobank in der wohl legendären Besetzung Joost Posthuma, Pieter Weening, Niels Scheuneman, Bas Giling, Bernhard Kohl und Theo Eltink das Geschehen. Garniert wurde das Rabobank-Gemetzel mit ein paar gewissen Leuten wie Heinrich Haussler (damals noch blond), Markus Fothen (damals noch nicht U23-Weltmeister), Sven Krauß (damals noch ein paar Kilo schwerer) oder André Greipel (damals noch nicht Vater). 2003 schien es auch noch so, als wäre für die U23-Fahrer der Rundfahrt-Sieg und das schnelle Leeren eines Glases voller Köstritzer ungefähr gleichwertig. Ich kann mich jedenfalls noch sehr gut an Markus Fothen´s Gequieke beim Kössi-Wettsaufen erinnern.

 



Lecker Wetter in Thüringen!

Doch zurück zur harten Realität: Im Jahre 2005 sieht alles ganz anders aus. Die Fothens, Gilings und Posthumas sind längst ins Profigeschäft gewechselt. Die Thüringen-Rundfahrt ist zum Glück geblieben und ich hielt es für angebracht, mir die Rabobank-Truppe anzugucken, die in diesem Jahr alle anderen aus den Badelatschen fahren wollte… .

Schon die Hinfahrt – vom „Nahen Osten“ in den „richtigen“ Osten – war ein Abenteuer für sich. Denn spätestens auf der A14 irgendwo bei Leipzig wurde mir klar, dass ich kurz vor meinem Ziel sein musste. Wo sonst sieht man bitteschön einen rosafarbenen Fiat Panda mit Tempo 140 (fragt mich nicht, wie der DAS geschafft hat!), der von einem tiefergelegten, kotzgrünen Golf III über die linke Spur gescheucht wird?

 



Die Sieger des Einzelzeitfahrens.

Mein Tagesziel Weimar war schnell gefunden und ich war sogar so früh, dass noch genug Zeit blieb, um sich Goethes und Schillers Wirkungsstätten anzuschauen. Dachte ich zumindest. Als ich auf Verdacht hin schnell den Start- und Zielbereich des Prologs auskundschaften wollte, waren dort schon verdächtig viele Radler zu Gange. Um genau zu sein: das Rennen lief bereits! Leider hatte man es versäumt, auch auf der offiziellen Homepage der Rundfahrt bekannt zu geben, dass der Prolog bereits mehrere Stunden früher gestartet wird. Ich erwischte gerade noch so die letzten Starter und die Siegerehrung. Zur großen Verwunderung aller, ich denke, niemand hatte damit gerechnet, gewann ein Rabobankler. Tom Stamsnijder, um genau zu sein. Vor zwei Jahren hätte er für den Sieg noch eine Modelleisenbahn, einen Teddybären oder ein Puzzle bekommen. Doch auch die Thüringen-Rundfahrt hat den „Avenzio“-, „Do it yourself“- und „Einsatz in vier Wänden“-Trend aufgegriffen und so gab´s einen Handwerkerkasten mit Schrauben und Schlagbohrer. Auch der Zweit- und der Drittplatzierte konnte sich über eine neue Heimwerkerausrüstung freuen (besonders gut gefiel mir übrigens die Idee, eine Handkreissäge zu verschenken).

Vielleicht hat man die Geschenke auch geändert, weil die mittlerweile großen Mini-Rabos vor ein paar Jahren mit einem ferngesteuerten Mini-Auto im Badezimmer ihres Hotels Ein- und Ausparken geübt haben, und dabei die eine oder andere Fliese gelitten hatte… . Wobei ich dann nicht wissen möchte, was Stamsnijder und Co. mit der Säge und dem Bohrer angestellt haben!

 



Am Abend vergnügte ich mich mit einer Packung Chips und einschlägiger Fachlektüre über Schuhe, Handtaschen und Männer. Die Zeitung machte mich nicht unbedingt schlauer, wohl aber die Erkenntnis, dass Abends um zehn eine Packung Chips essen nicht gerade empfehlenswert ist. Den Geschmack wurde ich die gesamte Nacht und den drauffolgenden Tag über nicht mehr los.

Tratschtanten...


1. Etappe Weimar-Schleiz

Paddi tratscht mit Sascha Damrow....

Eines muss man den Rabobanklern lassen: Sie gehen mit stoischer Gelassenheit an die Mission Titelverteidigung heran. Auf meine Frage hin, welcher seiner Fahrer denn für den Rundfahrt-Sieg in Frage komme, legte Teamchef Piet Kuys nur kurz den Kopf zu Seite und meinte dann: „Och, eigentlich alle!“

Nachdem dies geklärt war, wand ich mich meiner eigentlichen Tagesmission zu: unsere beiden C4F-Tagebuchschreiber Christoph Hoffmann und Sebastian Paddags ausfindig machen. Das stellte sich als gar nicht so einfach heraus, denn wenn man erstmal vor so einer Truppe ähnlich aussehender Typen in identischen Trikots steht und dann auch noch 1,5 Dioptrin hat, kann man sich eigentlich nur noch vorwärts tasten. Uns Hoffi war aber Dank seiner Kollegen schnell gefunden. Paddi (aka Sebastian Paddags) zwischen Wagi, Schwagi, Schilli, Tobi, Hasi, Mausi und Schatzi (oder wie auch immer sie alle heißen) ausfindig zu machen, war auch nicht so schwer wie gedacht. Zumal ich von einem gewissen blonden POT2008-Fahrer auch noch die Beschreibung „Das ist so´n abgebrochener Zwerg, da ham´ die bei Köstritzer nur zwei von, gar nicht zu übersehen“ mit auf den Weg bekam.

Besondere Erwähnung muss an dieser Stelle noch Köstritzer-Fahrer Matthias Hahn finden, der mich als erster Radsportler überhaupt gesiezt hat. Abgesehen mal von ein paar Niederländern und Belgiern, die das mit dem „Du“ und „Sie“ nicht so richtig hinbekommen haben.

Also, Matthias, ich finde es ja prinzipiell nicht schlecht, wenn die Jugend ein bisschen Respekt vor dem Alter hat. Aber ich bin dreiundzwanzig (habe es extra mal ausgeschrieben), nicht vierzig!

 



Hep, hep, hep...

Nach dem Startschuss begann das altbekannte Spiel Hanna gegen Radsportler. Wer würde zuerst an der zweiten Bergwertung sein, die ich mir am Vorabend als guten Platz zum Fotografieren auf meiner Karte markiert hatte? Wie erhofft ging der Sieg an mich und es blieb sogar Zeit, den lästigen Chips-Geschmack mit einem leckeren Stück Kuchen kurzfristig zu bekämpfen. Außerdem schien ich mit meinem Uelzener Kennzeichen am Pkw so ortskundig auszusehen, dass ich von ein paar Weimarern gefragt wurde, auf welcher Strecke „diese Radfahrer-Veranstaltung“ langgeht.

Irgendwo zwischen einem halben Regenschauer und etwas Sonne rollte das Fahrerfeld vorbei, das sich gerade in zwei Hälften dividiert hatte. Mir wurde unlängst klar, dass das Bewältigen der Steigung recht anstrengend sein musste, denn die Kinder schnauften wie verrückt. Ist mir bei einem Profi-Rennen übrigens noch nie so drastisch aufgefallen. Es scheint, als würden Radsportler mit dem Eintritt ins Profi-Geschäft nur noch Fahren oder Sterben kennen.

 



Der Weg ins Ziel nach Schleiz zeigte deutlich auf, dass Thüringen problemlos mit belgischen Straßenverhältnissen mithalten kann. Vielleicht ist es sogar noch schlimmer. Die Fahrer, die die Ortsdurchfahrt Ziegenrück ohne Sturz oder zumindest ohne Schockmomente überstanden haben, sind meiner Meinung nach abgebrüht genug für den Sieg bei Paris-Roubaix. Mir wurde im Auto jedenfalls ganz anders, als ich die Abfahrt hinunter in die verwinkelten Gassen des Ortes kam, in dem die Straße einige Überraschungen wie Schlaglöcher, parkende Autos und unangekündigte Baustellen bereithielt. Diese durchaus „selektiven“ Straßenverhältnisse setzten sich bis zum Zielort Schleiz nahtlos fort. Nur mit der Ergänzung, dass auf dem letzten Kilometer in Schleiz noch eine wunderschöne Baustelle zu finden war, in der auf einmal eine Fahrbahnhälfte fehlte und ein etwa ein Meter tiefes Loch klaffte.

"Bergfahren"...


Am Wenigsten ließ sich Tom Leezer von den Mini-Rabos von all den Löchern und Huckeln beeindrucken – er gewann die Etappe. Gut, genau genommen gewann laut Streckensprecher ein gewisser Tom Veelers, und der stand auch bei der Siegerehrung auf dem Podium. Erst als das gelbe Trikot übergeben wurde, hatte Tom anscheinend angemeldet, dass er doch bitte mit seinem richtigen Nachnamen angekündigt werden möchte.

Als besonderen Service für den Streckensprecher habe ich mir noch eine kleine Eselsbrücke überlegt: „Leezer“ klingt wie „lesen“ und Tom Leezer trägt eine Brille und sieht ein bisschen aus wie ein kleiner Streber. Und die lesen ja angeblich viel.

 

 

Mehr Bilder von der Thüringen-Rundfahrt gibt es demnächst auf peloton-pictures.

Die Besten der 1. Etappe.

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