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Rad am Ring 2007 - Ein Ring sie zu knechten...

von Donishäusle



vor drei Wochen...

Meine RIG Jungs erzählen mir vom Rad am Ring, wo sie die lange Runde fahren wollen. Ich erinnere mich. Das war doch dieses Monsterrennen, wo man mit bis zu 100 Sachen über die Nordschleife fegt, um sich noch gelegentlich bei 16% Steigung die Beine zu verbiegen. Naja, ob das jetzt sein muss?

 



vor zwei Wochen dann jedoch...

Ich fahr (endlich) mal wieder eine schöne lange Runde mit fiesen Steigungen durch den Nordschwarzwald. Das müsste man jetzt zwar öfter machen, aber es geht gut und macht richtig Spaß - vielleicht könnte ich mir den Ring ja doch antun. Sebastian, einer unserer RIG-Kletterer, ist sehr gut in Form. Clemens (12ter des GPS) und Jan (13ter GPS) sind auch schon dabei. Das wär doch eine gute Mannschaft. Außerdem ist die Grüne Hölle ja auch ein Mythos und ich war noch nie dort .



vor eine Woche...

OK, voranmelden brauch in nicht, da die Fristen eh verstrichen sind. Also abwarten, ob ich auch wirklich fit bin. Die letzten Trainingseinheiten mit Clemens und Jan, sowie ein letztes Intervalltraining am Mittwoch gehen aber sehr gut. Somit gibt’s eigentlich keine Ausreden mehr! Jan meldet sich am Mittwoch Abend, ist krank (er war auch schon länger nicht richtig fit). Gut, ich kann seinen Startplatz übernehmen, aber wir sind schon ein starker Fahrer weniger.



Rennwochenende!

Gemeinsam mit Clemens geht’s Richtung Mosel, wo wir bei seiner Schwester im schönen Lay übernachten. Lasagne und ein Glas Chianti bringen schon mal die gewünschte Entspannung, aber etwas Aufregung bleibt doch. Schließlich sind 140km und 3300hm doch irgendwie recht furchterregend für ein JM-Rennen.

Die Anfahrt durch die Vulkaneifel lässt schon erahnen, worauf sich der unbedarfte Radler da eingelassen hat. Es geht eigentlich nur rauf und runter. So verwundert es nicht, dass die ersten paar Streckenabschnitte, die man vom Auto aus sieht, verdächtig an eine Achterbahn erinnern.

Dann sind wir da. Ziemliches Gewusel, es sind ja auch jede Menge Veranstaltungen parallel am laufen. Das sollte uns später noch gewaltig nerven, aber für den Moment war es ganz lustig.

Bei der Anmeldung gibt es schon den ersten Dämpfer. Wenn ich den Startplatz von Jan auf mich überschreiben lassen will, werde ich in den Block D gestuft. Da der mit Abstand zum Block C startet, wäre ich damit schon weg vom Fenster. Dann werde ich halt versuchen, Jan’s Punktekonto bei der Cycling-Tour etwas zu verbessern.

 

Startblock C. Also hinter den 70km-Fahrern. Erstmal herrscht Chaos! Kaum einer weiß, wo genau wir stehen müssen. Kontrolliert wird natürlich doch nichts. Ich hätte also locker als WR starten können. Irgendwann finde ich Sebastian - und Clemens ist auch nicht allzu weit weg. Um mich herum wimmelt es nur von Cervelo-Rahmen, Zipp und Lightweight-Rädern. Sebastian meint noch, eigentlich sind alle da, die bei den Jedermännern was reissen können (er kennt die wilden Sachsen noch nicht wirklich). Na toll, das kann ja heiter werden.

Kurz vor dem Start hör ich ein ominöses Zischen. Hoppla, da hat es wohl einem bedauernswerten Zeitgenossen noch den Schlauch gefetzt. Ich dreh mich um und seh Clemens sein Rad aus der Startaufstellung tragen. Das geht ja gut los...



1. Runde

Viel Zeit zum Nachdenken bleibt nicht. Los geht die wilde Hatz und zwar im gewohnten Höllentempo. Mit 50 Sachen ziehen wir auch über kleinere Wellen der Orginal GP-Strecke, bevor es in die langen Abfahrten der grünen Hölle geht. Nach kaum 4km pflügen wir schon durch die langsameren 70km-Fahrer, die überall auf der Strecke zu sein scheinen - nur nicht rechts!

 

Das erste Mal die Fuchsröhre hinunter ist wirklich ein Erlebnis. Wir sind ja auf einer Rennstrecke, hier ist also Highspeed angesagt. Mit 95 gehts ohne große Verrenkungen hinab in den Gegenhang, den man ganz locker mit 60 hochkurbelt. Weiter gehts mit rasanten Abfahrten, durch langsamere Fahrer hindurch, hinab durch scharfe Kurven und über kleinere Wellen hinweg, bis wir endlich das erste Mal in die lange Steigung fahren. Jetzt wird es langsam ernst. Ich halte mich lieber im Feld versteckt. Sebastian scheint sich aber sehr gut zu fühlen! Jedenfalls ist er immer wieder vorne an der Spitze des Feldes zu sehen.

Mittlerweile brennt die Sonne ganz ordentlich, und im Feld wird es noch wärmer da auch noch der kühlende Fahrtwind fehlt.

 

Netterweise hat sich Sebastians Vater mit unseren Flaschen kurz vor der hohen Acht platziert, so müssen wir nur je eine mitführen. Ich hab allerdings nur 3x0,7l für die 6 Runden geplant, ob das wohl reicht?

Als die Steigung mit bis zu 9% immer heftiger wird, hab ich schon ordentlich zu kämpfen, wenn das so weitergeht überleb ich die 6 Runden nie und nimmer. Das Karussell bietet nur kurz Erholung, bevor es in das sagenumwobene Steilstück geht. Ganz ehrlich, ich hatte es mir schlimmer vorgestellt. Es ist zwar die erste Runde, aber das ganz steile Stück ist nicht sooo lang, oben entdecke ich auch Vater Ohrmann. Alles bestens.

 

(Insgesamt sind wir die Steigung mit Ihren 5,7% mit 22km/h im Schnitt gefahren 11min20s). Danach gehts erst mal über schnelle Abfahrten und kleinere Wellen zurück bis man schließlich auf der Dettinger Höhe landet. Hier beruhigt sich das Feld erstmal. Keiner hat so richtig Lust im Wind zu fahren, und so rollen alle zügig aber recht gemäßigt zurück Richtung Ziel, die mit unter 40min (Schnitt ca. 36,5km/h) auch wirklich flott gefahren war.



2. Runde

Wie gehofft beruhigt sich das Ganze etwas. Es bleibt natürlich immer noch ordentlich Zug drauf, aber das Rennen ist noch lang und die Favoriten haben offensichtlich noch keine Lust, die Karten zu früh aufzudecken. Ich bin mittlerweile ordentlich am Schwitzen und die Flasche ist bald leer. Diese Runde gibts zwar eine neue, aber ob das gut geht? Immerhin gehts am Berg schon etwas besser als vorher, das Tempo ist nicht ganz so hoch und ich kann ganz gut mithalten.

Da am Ende wieder mal gebummelt wird, fahr ich eine lange Führung, die ich gleich mal zum essen nutze!



3. Runde

Weiter gehts mit flottem Tempo, mittlerweile haben wir auch einige schnellere 70er aufgesammelt die mit Tempo fahren, um wieder nach vorne zu kommen. Bei der 3. Durchfahrt durch die Fuchsröhre hör ich bei etwa Tempo 90 neben mir das unheilvolle Geräusch von entweichender Luft. Ich bekomme zwar nicht mit was dann passiert, aber meine Phantasie reicht aus sich allerlei auszumalen. Am Berg gehts wieder recht gut, und so langsam fange ich an zu glauben, das ich gut ankommen werde.



4. Runde

Da die 70er jetzt raus sind, sieht die Spitzengruppe nun doch wieder sehr übersichtlich aus. Entsprechend wird auch etwas langsamer gefahren, was mir sehr recht ist, da mein Oberschenkel verdächtig zuckt und die Beine doch schwerer werden. Beim Aufstieg fahr ich an Daniel Preuss, dem Überlegenen Sieger der Velotour und des GPS, heran und wage einen Blick auf seine Pulsuhr. 159 steht da (bei mir 175). Tja, denk ich mir, da hat wohl noch einer was vor.

Kurz darauf verabschiedet er sich aber nach hinten. Bis dahin hatte er sich eigentlich gut vorne gehalten, aber ist wohl nicht sein Tag. Über die hohe Acht reichts bei mir noch gut, aber ich hab schon meine letzte Wasserflasche genommen und würde eigentlich lieber mehr trinken. Sebastian zupft mal kurz vor dem Ziel das erste Mal, offensichtlich fühlt er sich noch sehr gut.



5. Runde

Das Tempo zieht an, langsam werden die Messer gewetzt. Die kurzen Wellen kann ich noch gut wegdrücken, im Anstieg am Kesselchen, wo es für 1km etwa 9% steil ist, geht dann aber vorne die Post ab. Sebastian verschärft das Tempo und die Gruppe explodiert, üble Krämpfe lassen noch nicht mal den Gedanken an eine Verfolgung aufkommen, im Karussell kommt Stefan Rademacher, der Sieger des diesjährigen Henninger, zu mir nach vorne gefahren. Eine Weile, können wir zusammen Tempo machen, dann kommt der nächste Krampf und meine einsamen Leiden gehen weiter.



6. Runde

Eine Runde noch und zu Trinken hab ich nichts mehr... Die Rettung naht schließlich in Gestalt eines der 24h-Racer, der seine Runde naturgemäß verdammt flott absolviert. Dieses Exemplar ist ein richtiges Tretviech, wahrscheinlich 30kg schwerer als ich und mit viel Druck in den flachen Abfahrten, während er über die Kuppen wohltuend dezent fährt.

Das letzte mal das Bergwerk, die Zunge klebt mir schon am Gaumen, aber irgendwie gehen die Kurbeln noch rund. Richtig schnell fahr ich dennoch nicht mehr, will nur noch ankommen. Andern geht es aber auch nicht besser. Man sieht Radfahrer schiebend, nur noch erschöpft über Ihr Gefährt gebeugt oder im verzweifelten Kampf gegen Krämpfe, dehnend am Boden sitzend.

An der hohen Acht lass ich das Rennen Rennen sein und halte kurz an, um mir etwas zu Trinken zu holen. Das tut gut!

 

Irgendwie schaff ich auch noch die letzten 5km bis ins Ziel, wo es wegen der laufenden Veranstaltungen noch wie im Taubenschlag zugeht. Dort treff ich Barus, den die Hitze noch früher in die Knie gezwungen hat

Wir klagen uns unser Leid, aber mir gings ja unterm Strich ganz gut! Die Top20 könnten drin gewesen sein, genau weiß ich es gar nicht. Ich treffe Sebastian, der hervorragender 3ter geworden ist. Hunger hab ich gar nicht wirklich, ich zwinge mich dazu, noch mehr zu trinken und langsam kommen die Lebensgeister wieder zurück. Clemens ist noch bei den 24h-Fahrern 5 Runden mitgefahren (nur zuschauen wär auch nix gewesen) und war ebenso bedient.



Fazit...

Sehr anstrengendes aber ehrliches Rennen auf einem faszinierend, außergewöhnlichen Kurs! 70km hätten für mich wohl gereicht, aber auch mit dem 12ten Platz, der es am Ende bei den Hundertvierzigern war, bin ich sehr zufrieden und nächstes Mal nehme ich einen ganzen Kasten Wasserflaschen mit.


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