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BRD / DDR - Vergangenheit



Deutscher Sportlehrerverband - Stellungnahmen in den 90er Jahren



Deutscher Sportlehrerverband 1991: <br>Offener Brief des DSLV-Präsidenten an Prof. Dr. Hollmann, Präsident des Deutschen Sportärztebundes, Präsident des Weltverbandes für Sportmedizin

erschienen in sportunterricht, Schorndorf, 40 (1991), Heft 11, S.448f (- der Text bezieht sich Äußerungen von W. Hollmann, wonach gegen Doping wenig zu machen sei, erschienen 1991 in der FAZ und anderen Zeitungen.)

 

 

Ein unmißverständliches Wort wird erwartet

 

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Hollmann,

 

mit ungläubigem Erstaunen und mit Enttäuschung haben wir Ihre resignierende Stellungnahme gegenüber dem Doping-Problem im Leistungssport und Ihren Pessimismus gegenüber der zukünftigen Entwicklung des Spitzensports zur Kenntnis genommen.

Von der neutralen Position des Wissenschaftlers aus mag eine solche Haltung erlaubt sein, sie kann aber weder die Position des Arztes, noch die eines pädagogisch Verantwortlichen sein.

 

Wer Sport für alle fordert und damit die Gesundheit des Menschen im umfassendsten Sinne meint, wer den hippokratischen Eid leistet und die sportlichen Gesetzte weltweit anerkennt und mitträgt, der kann angesichts der aktuellen Situation im Leistungssport nicht nur analysieren und beobachten und die Be- und Verurteilung Politikern und Staatsanwälten überlassen.

 

Für uns ist es unbestritten, daß die Medizin nicht nur an der Diagnose und der Therapie im Sport beteiligt ist, sie ist und war es auch bei der Entwicklung und Anwendung der Mittel, die seit über eineinhalb Jahrzehnten als Doping-Mittel weltweit verboten sind. Dabei haben einzelne Vertreter der Medizin immer wieder auf den schmalen Grat verwiesen, auf dem sich Mißbrauch und Therapie begegnen.

 

Wir halten es daher für nicht unbillig, von der Organisation der Sportärzte eine deutliche und unmißverständliche Erklärung zur Doping-Situation im Sport innerhalb und außerhalb Deutschlands zu fordern.

 

Wenn heute in den Medien Apotheker, Ärzte und Sportärzte mit der Beschaffung dieser Dopingmittel in Verbindung gebracht werden, wünschen wir uns, angesichts der besonderen Vertrauensstellung, die Sportärzte für die Entwicklung jugendlicher Leistungssportler haben, eine eindeutige Stellung des Deutschen Sportärztebundes, und zwar bevor der Staatsanwalt Schuldige ermittelt hat.

 

Wir können, sehr geehrter Herr Prof. Hollmann, auch Ihren Pessimismus in bezug auf die internationale Situation nicht teilen, besser noch, wir wollen ihn nicht teilen.

 

Es ist für uns nicht vorstellbar, daß ein deutliches Wort des Präsidenten des Weltverbandes der Sportärzteschaft zum Doping im internationalen Sport ohne Wirkung bliebe, vor allem, wenn es gegebenenfalls von demonstrativem Handeln begleitet würde.

Wir sind der festen Überzeugung, daß das Ausland nicht nur zuschauen würde, wenn die führenden Verantwortlichen im deutschen Sport durch ihr Tun deutlich machten, daß es ihnen ernst mit der Bekämpfung des Dopings weltweit ist. Deutsche Abstinenz bei Wettbewerben, deren Ablauf nicht zweifelsfrei den internationalen Abkommen, zuletzt dem Übereinkommen gegen Doping des Europarates vom 1. Juli 1990, entsprechen, hätte nicht nur eine weltweite Signalwirkung, sie könnte auch die Effektivität des deutschen Sportsystems, die Partnerschaft von öffentlicher Sportverwaltung und Sportselbstverwaltung eindrucksvoll unter Beweis stellen.

 

Ihre Einschätzung der finanziellen Lasten durch Doping-Kontrollen teilen wir. Wir ziehen allerdings andere Schlußfolgerungen: Auch hier gilt natürlich das Verursacherprinzip. Außerdem sind unserer Ansicht nach staatliche Zuschüsse an Organisationen nicht möglich, die sich nicht an die vereinbarten Geschäftsbedingungen hal¬ten.

 

Wenn jeder Spitzenfachverband in der Bundesrepublik seine staatliche Förderung verliert, dem Doping-Fälle in seinem Geschäftsbereich nachgewiesen werden, dann wird der Regreß des Verbandes gegenüber betroffenen Athleten, Trainern, Ärzten oder sonstigen Beteiligten ein etwas lebhafteres Recherchieren zur Folge haben, als wir es bisher gewöhnt sind.

 

DER DEUTSCHE SPORTLEHRERVERBAND wird die zukünftige staatliche Förderung des Leistungssports in der Bundesrepublik aufmerksam beobachten. Wir werden unmißverständlich Laut geben, wenn der Staat Mittel bereitstellt, die den Betrug im Sport, aber auch die Beseitigung des Betrugs finanzieren müssen.

In einer Zeit, in der, wie man uns immer wieder versichert, wegen der Ebbe in den öffentlichen Kassen nicht die Förderung, sondern der Erhalt des Schulsports schwer gefährdet ist, muß die Verwendung von Steuermitteln über jeden Zweifel erhaben sein.

 

Wir appellieren an die Sportärzteschaft und ihre Organisation, die ebenso wie die DEUTSCHE VEREINIGUNG FÜR SPORTWISSENSCHAFT (dvs) und der DEUTSCHE SPORTLEHRERVERBAND (DSLV) zu den Verbänden für „Wissenschaft und Bildung“ im DEUTSCHEN SPORTBUND gehören, mit allen ihren Mitteln und Möglichkeiten gegen Doping im Sport Front zu machen.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Hansjörg Kofink

DEUTSCHER SPORTLEHRERVERBAND

Präsident




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