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L'Etape du Tour 2008 von Checker, Andi & Co.



4. Tag, 01.07.2008: Mont Ventoux

• Strecke: Malaucène - Bedoin - Mont Ventoux - Malaucène

• Gesamt-km: 52 km

• Gesamt-hm: 1.750 hm

 

Streckenverlauf (Landkarte)



Aufstehen, losrollen und aufwachen...

Nun lag es vielleicht nicht nur an einer wegen überschäumender Vorfreude schlaflosen Nacht, dass wir uns bereits gegen 6:30 Uhr aus den Schlafsäcken schälten. Aber die Kombination Südfrankreich-Sommer-gestrige Temperaturbeobachtungen führte zur überraschend einstimmigen Ansicht, ein früher Start sei das beste. Zunächst jedoch noch 2 Nachrichten, zuerst die gute: Corny hat Geburtstag - und bekommt standesgemäß einen legendären Aufstieg geschenkt ! Und die schlechte: Basti muss wegen gesundheitlicher Probleme (die im übrigen NICHT durch die Open -Air-Übernachtung verursacht wurden...) ausgerechnet heute pausieren. Doof...

 



Der Tag erwachte so langsam, das Wetter zeigte sich von seiner besten Seite, und wir würden nach ein paar Kilometern auf dem Rad hoffentlich auch bald erwachen. Also fuhren wir los, Basti und Wohnmobil blieben zurück. Sanft führte die D 938 zunächst aufwärts, dann ein kurzes Stück bergab, bevor wir links abbogen zum Col de la Madeleine (welcher in punkto Schwierigkeit seinem bekannteren alpinen Namensvetter ein klitzekleines Stück hinterher hängt ). Eine tadellos asphaltierte Nebenstraße führte mit erträglichen Steigungsprozenten durch lichten Nadelwald nach oben, die Morgensonne blinzelte durch die Bäume und tauchte die Umgebung in warmes Licht - herrlich! Und dann kam der Moment, als die Straße am Scheitelpunkt der Steigung scharf nach links abknickte und der weiße Koloss urplötzlich vor uns stand, mit der Sonne nur knapp über dem Gipfel. Unheimlich schwer war es, den Blick davon abzuwenden - nur gelegentlich schweifte dieser nach rechts in die Ebene Richtung Carpentras. Ansonsten bestaunten wir alle ehrfürchtig diesen Berg, den wir gleich zu erobern gedachten.

 



 

Bedoin war erreicht, und der 21 Kilometer lange Anstieg zum Mont Ventoux begann. Dass die ersten Kilometer eher eine bessere Warmfahreinheit darstellen, ist nach Jahren des radsportlichen Informationskonsums kein großes Geheimnis mehr. Dennoch kam die scharfe Linkskurve in St. Estève, die den "echten" Beginn des Anstiegs darstellt, eher unvermittelt. Die vielzitierte "plötzliche Rampe" nach der Kurve ist eine Gerade mit noch wenig furchteinflößenden 8-9 % Steigung, und den markanten Sendemast auf dem Gipfel des Ventoux sieht man direkt vor sich - in einigen Kilometern Entfernung. Schnell ziehen Andi und ich zu zweit vorneweg. Die Straße führt hübsch versteckt durch den Wald nach oben, die Steigung ist recht gleichmäßig und weniger hart als befürchtet. Ich fühle mich sehr gut, und Andis Atemgeräusche hinter mir werden bald leiser und leiser . Auf dem 27er Ritzel kann ich auch die Steilstücke flüssig treten. Einige Kilometer weiter oben gibt der Wald für einige Zeit den Blick auf den Ventoux-Gipfel frei, bevor man wieder ins Grün eintaucht, an schattigen Picknick-Plätzen vorbeifahrend. Sieht gemütlich aus... Auf dem Weg nach oben überhole ich eine ganze Menge an weiteren Freizeitradlern, von denen die meisten wohl mindestens 3 Stunden für den Aufstieg einplanen sollten .

 



noch wenige km bis zum Gipfel... (Foto: Califax)

6 Kilometer vor dem Pass ist Chalet Reynard erreicht, die Straße flacht kurzzeitig komplett ab. Die Möglichkeit zur Trinkwasseraufnahme lasse ich ungenutzt. Linkskurve, die Straße führt sanft steigend am Hang entlang, Rechtskurve - und auf einmal liegt die Steinwüste in ganzem Ausmaß vor den Augen, der Gipfel 4 Kilometer Luftlinie entfernt. Und was soll ich sagen - ich muss über das ganze Gesicht grinsen! Ein derart erhebendes Gefühl habe ich selten auf dem Rad erlebt, und die nächsten Kilometer fahre ich in einem regelrechten Rausch nach oben. Ohne jegliche Mühe, bei perfekten äußeren Bedingungen - was für ein genialer Aufstieg! Immer diese Ammenmärchen von wegen "Qualen in der Mondlandschaft des Ventoux" oder so ähnlich...

 

Irgendwann hupt es plötzlich hinter mir. Logisch - direkt vor mir vollführt ein Autofahrer unbeholfene Park-Wende-Manöver, die ein Vorbeikommen erschweren. Dass das Hupsignal doch nicht dem unbekannten PKW-Inhaber galt, bemerkte ich erst, als das große Wohnmobil neben mich fuhr und eine wohl bekannte Stimme aus dem Inneren heraus rief. Basti wollte sich den Ventoux dann doch nicht entgehen lassen - wenn schon nicht auf dem Rad, dann eben motorisiert. Kurze Zeit später treffe ich ihn am Denkmal von Tom Simpson wieder. Kurzer Halt, Gedanken an die Tragödie vor 41 Jahren - dann setze ich mich wieder in Bewegung, um die letzten knapp 2 Kilometer in Angriff zu nehmen. Und es rollt immer noch fast wie von selbst. Hinter dem Col de Tempetes wird es nochmal steiler, aber was heißt das schon? Letzte Rechtskehre, Unterlenker gefasst und noch einen kleinen Sprint für die Galerie gefahren - und dann bin ich oben. Wie es war? Einfach sensationell, unbeschreiblich toll, Hammer! Objektiv ist der Ventoux natürlich ein hartes Stück Arbeit, aber die Form ist nicht gerade die schlechteste...

 

In der Reihenfolge Andi - Konrad - Geralf/Corny trifft die restliche Streitmacht oben ein. Genügend Zeit, um den Ausblick zu genießen sowie tausende von Fotos zu erzeugen, muss natürlich sein, bevor die Abfahrt in Angriff genommen wird. Und die hat es in sich! Auf der langen, 10%igen Gerade hinter Mont Serein komme ich einem dreistelligen Geschwindigkeitswert relativ nahe. Aber als die folgende Rechtskehre nur noch wenige Meter vor mir liegt, zeigen sich die Hände doch noch einsichtig und betätigen reflexartig die Bremshebel. Kurz vor Malaucène, an einem gemütlichen, schattigen Plätzchen mit Gratis-Wasserquelle, erklären wir das Abenteuer Mont Ventoux für beendet und warten auf unser Begleitfahrzeug.

 

Und weil der Corny Geburtstag hat, erfüllen wir seinen Wunsch, einen idyllischen kleinen Fluss, den er vor Jahren schon einmal besucht hatte, zum Baden anzusteuern. Nun ja, der Fluss musste trotz intensiver Suche leider ungefunden zurück gelassen werden , und so verbrachten wir den Rest des Tages friedlich köchelend im Mobil, während Andi im D-Zug-Tempo Richtung Pyrenäen steuerte. Diese empfingen uns mit einem Gewitter, dass sich und die gesamte Umgebung ordentlich gewaschen hat. Was für eine Erfrischung! Den ganzen Abend hindurch regnete es Bindfäden, aber unter unserer Marquise hatten wir es ganz gemütlich. Zudem war es eine gute Gelegenheit herauszufinden, ob wir zu sechst im Wohnmobil schlafen können. Irgendwie muss es funktioniert haben...

 


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