Mit einer Dreierspitze will Liquigas die diesjährige Tour aufmischen. Und mit Franco Pellizotti, Roman Kreuziger und Vincenzo Nibali könnte dies durchaus gelingen. Der Vorteil dabei ist das der Druck der (vor allem italienischen) Öffentlichkeit auf mehren Schultern verteilt ist, es könnte aber durchaus zu Scharmützeln untereinander kommen, wenn es darum geht, wer Helferdienste für den anderen zu verrichten hat. Im bestmöglichsten Falle kann die Überzahl gegenüber der Konkurrenz dazu führen, dass die Gegner unter Druck gesetzt werden, wenn am Berg die drei Kapitäne nacheinander attackieren.
Die drei Kapitäne bereiteten sich ganz unterschiedlich auf die Tour vor. Während Pellizotti nach dem Giro kein großes Rennen mehr fuhr und sich regenerierte, waren Nibali bei der Dauphiné Libéré und Roman Kreuziger bei der Tour de Suisse am Start. Nach der Dauphiné bezog Nibali zusammen mit Pellizotti ein Höhentrainingslager in Livigno, um sich den allerletzten Feinschliff für die Tour zu holen.
Das Duo Kreuziger-Nibali fuhr schon im letzten Jahr ziemlich erfolgreich bei der Tour, die ganz großen Ergebnisse sprangen dabei jedoch nicht heraus. In der Wertung des besten Jungprofis belegten sie die Plätze zwei und drei. Wobei jedoch Kreuziger nur eineinhalb Minuten Rückstand auf Wertungssieger Andy Schleck hatte. Nibali folgte mit über 17 Minuten Rückstand, da er vor allem im Hochgebirge noch ziemlich große Defizite aufwies. An diesen Defiziten scheint er jedoch gearbeitet zu haben, da er bei der Dauphiné Libéré mit einem 7. Gesamtrang durchaus überzeugen konnte und relativ lange an Fahrern wie Evans und Contador dranbleiben konnte. Das Zeitfahren zählt sowieso seit jeher zu seinen Stärken. Dass er dieses Jahr den Giro d’Italia ausließ lässt darauf schließen dass er sich konsequent auf die Tour vorzubereiten scheint und somit eine deutliche Steigerung seines 20. Platzes im vergangenen Jahr im Bereich des Möglichen liegt.
Wie schon oben erwähnt versuchte Roman Kreuziger in der Schweiz seinen Titel aus dem Vorjahr zu verteidigen was ihm jedoch nicht ganz gelang. Das lag zum einen am Profil der Rundfahrt, das im Vergleich zum Vorjahr weniger anspruchsvoll war sowie an der Tatsache, dass Kreuziger nicht ganz an seine Top-Form heran kam. Dennoch beendete er die Rundfahrt auf dem Podium – nur geschlagen von einem überragenden Fabian Cancellara sowie dem deutschen Jungstar Tony Martin. Das er ein Spezialist für Rennen in der Schweiz ist, zeigte er auch bei der anderen großen eidgenössischen Rundfahrt – der Tour de Romandie. Während er im Vorjahr noch Andreas Klöden den Vortritt lassen musste, gewann er diesmal vor Vladimir Karpets und Rein Taaramae. Zudem holte er sich noch die Königsetappe der Rundfahrt. Vor dieser Schweiz-Tournee ließ es der Tschech eher ruhiger angehen. Bei Paris-Nizza musste er auf der Schlussetappe vom Rad steigen und danach holte er bei der Baskenland-Rundfahrt den 10. Gesamtrang. Bei den Ardennen-Klassiker zeigte er seine steigende Formkurve, was sich jedoch nicht in den Ergebnislisten wiederspiegelt.
Bei Franco Pellizotti stellt sich die Frage ob er nach dem Giro noch genug „Körner“ für die Tour übrig hat. Wenn dies der Fall sein sollte, wird man in Frankreich mal wieder einen starken Italiener in Aktion sehen. Beim Giro gehörte er schon zu den besten am Berg, sein Rückstand von knapp zwei Minuten auf den Triumphator des Rennens ist hauptsächlich dem langen Zeitfahren zuzuschreiben, bei dem er eineinhalb Minuten verlor. Seine guten Kletterleistungen unterstrich er mit seinem Etappensieg am Blockhaus, wohl einer der Königsetappen des diesjährigen Giros.
„Zottel“ könnte entgegenkommen dass die Zeitfahrkilometer bei der Tour nicht allzu umfangreich ausfallen und es dafür aber einige Etappen gibt, die zum attackieren einladen. Eins dürfte sicher sein: Nur mitfahren wird Pellizotti nicht, er wird sicher alles versuchen um einen Erfolg verbuchen zu können und dementsprechen offensiv fahren.