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BRD / DDR - Vergangenheit



1990 Große Anfrage SPD 'Situation der Mädchen und Frauen im organisierten Sport'

Antwort der Bundesregierung auf die

>>> Große Anfrage der SPD 'Situation der Mädchen und Frauen im organisierten Sport, Drucksache 11/6822, 28.3.1990

 

>>> Große Anfrage, Drucksache 1/5908, 28.11.1989

 



Zur Diskussion darüber, ob der Einsatz der Antibabypille leistungssteigernd wirkt und als Dopingmittel gelten kann siehe
>>> Trainer Christian Gehrmann
Hinterfragen kann man, ob es gerechtfertigt ist, Mangelerscheinungen, die angeblich durch den Leistungssport verursacht werden, allgemein mittels Hormonen auszugleichen und/oder bereits vorbeugend zu behandeln (Substitutionstheorie). Von Seiten der Bundesregierung wurde dies offenbar bejaht.

Auszüge:

6. Sind der Bundesregierung die Auswirkungen der Einnahme von substituierenden Mitteln, die nicht leistungssteigernde Substanzen (Doping) sind, bekannt?

Wenn aufgrund intensiven Leistungssports die Sexualhormonproduktion bei Athletinnen unterdrückt wird, kann es u. U. medizinisch angezeigt sein, die verminderte Hormonkonzentration durch Substitution zu ergänzen. Um einem Hormonmangel vorzubeugen oder ihn auszugleichen, ist jedoch normalerweise bereits die Einnahme üblicher Antikonzeptiva ausreichend. Aber auch solche Medikamente, die bei der Behandlung von Zyklusstörungen verwendet werden, stellen eine hinlängliehe Ergänzung dar. Diese medizinisch angezeigte Substitution ist kein Doping; auch werden durch sie keine Leistungsvorteile erzielt. Es stellen sich jedoch sehr wohl Leistungsnachteile ein, wenn eine solche Behandlung unterbleiben würde. Andererseits sind die Gefahren einer sachgemäßen Medikation gerade bei Sportlerinnen eher gering einzuschätzen. Im Gegenteil überwiegen im Sinne der Gesundheitsvorsorge bei einer solchen Hormonsubstitution bei weitem die Vorteile gegenüber den Nachteilen, falls die Substitution unterbleibt. ...

 

9. Wie hoch ist der Anteil der Frauen, die bei den Untersuchungen durch den Beauftragten für Dopinganalytik im Verlauf der vergangenen fünf Jahre durch einen positiven Befund aufgefallen sind, und wie hoch ist diese bundesdeutsche Rate im weltweiten Vergleich?

Die jährlichen Statistiken beziehen sich auf die Ergebnisse der Untersuchungen von A-Proben, das sind die Erstproben. Die Verantwortung für die Anordnung der Dopingkontrollen liegt bei den Fachverbänden, die somit auch über die Ausgestaltung der Formulare für Dopingkontrollen entscheiden. Da die Proben einerseits nur unter Code-Nummern ins Labor gelangen, andererseits die Formulare vieler Verbände keinen Eintrag über das Geschlecht enthalten, sind die Aussagen über geschlechtsspezifische Befunde mit einem relativen Unsicherheitsfaktor verbunden.

 

Im Jahre 1989 wurden bei Bundessportfachverbänden insgesamt 1365 Wettkampf- und Trainingskontrollen durchgeführt. Aufgrund der mitgelieferten Angaben konnten zugeordnet werden:

573 Männern = 81,5 %,

130 Frauen = 18,5 %

703 zuzuordnende Proben.

Bei 662 Proben ist das Geschlecht unbekannt.

 

Im Zeitraum 1985 bis 1989 wurden 73 positive A-Proben bei

Athleten und Athletinnen von Bundessportfachverbänden registriert:

1985 18

1986 19

1987 13

1988 14

1989 9

 

Nach den dem Beauftragten für Dopinganalytik bekanntgewordenen Zahlen betrafen nur drei der 73 von 1985 bis 1989 festgestellten positiven Dopinganalysen Athletinnen, das entspräche 4,1 Prozent aller positiven Proben des in Frage stehenden Zeitraums. Vergleicht man diesen Anteil positiver Proben mit dem im Jahre 1989 Athletinnen zuzuordnenden Anteil von 18,5 Prozent, so kann man annehmen, daß der Anteil der positiven Befunde bei Frauen erheblich niedriger als bei Männem liegt, sportartbezogene Besonderheiten sind allerdings nicht berücksichtigt. Da aus anderen Ländern keine Statistiken, die bei positiven Proben nach Männern und Frauen unterscheiden, vorliegen, ist ein internationaler Vergleich nicht möglich.

...



ein Beispiel sportärztlicher Betreuung
>>> Birgit Dressel

11. Was unternimmt die Bundesregierung, um sowohl bei den Athletinnen wie auch in der sportmedizinischen und trainingstechnischen Betreuung zu einer umfassenden Aufklärung über die Gefahren des Dopings beizutragen?

Die für Spitzenathleten und -athletinnen seit jeher in der Bundesrepublik Deutschland bestehende medizinische wie auch sportpädagogische Betreuung muß Garant dafür sein, daß eine zureichende Aufklärung der Athleten und Athletinnen über rlie gesundheitlichen Gefahren des Dopings stattfindet. Die Bundesregierung sieht in der kontinuierlichen und umfassenden sportmedizinischen Betreuung der Athleten und Athletinnen, die in den Olympiastützpunkten deutlich verbessert wurde und weiter verbessert werden wird, ebenfalls ein geeignetes Instrument, Doping bereits im Vorfeld wirksam zu begegnen.

Eine beim Bundesinstitut für Sportwissenschaft eingerichtete Arbeitsgruppe für Doping-Fragen hat eine Doping-Informationsbroschüre als Leitfaden für Athleten und Athletinnen, Betreuer und Funktionsträger erarbeitet, in der eine umfassende Aufklärung über Doping-Listen, die Gefährlichkeit von Doping, das BlutDoping sowie über Doping-Kontrollen gegeben wird. Eine Beilage der Zeitschrift "Leistungssport" 1986, Heft 3,21 bis 28, die im übrigen der Bundesminister des Innern im wesentlichen finanziert, soll darüber hinaus Trainer, Athleten und Athletinnen über die Probleme des Dopings informieren. Die Broschüre "Dopingkontrollen" des Bundesinstituts für Sportwissenschaft ist in neuer, erweiterter Auflage (1990) erschienen.

Bezüglich der Aufklärung über die Gefahren des Dopings gilt für Athleten und Athletinnen grundsätzlich das gleiche. Allerdings ist nicht zu verkennen, daß eine umfassende Beratung von Athletinnen über Doping auch Kenntnisse über die Auswirkungen des Leistungssports auf das hormonale System der Sportlerinnen und über die besonderen Gefahren des Dopings bei Sportlerinnen voraussetzt. Die Sportorganisationen werden darüber nachdenken müssen, auf welche Weise Athletinnen sowie Betreuer, Trainer und Funktionsträger diese Kenntnisse verstärkt erhalten können. Die Bundesregierung wird bei Bedarf helfend tätig werden.

 

12. Wie beurteilt die Bundesregierung die Qualität der sportphysiologischen und sportpsychologischen Betreuung der bundesdeutschen Athletinnen in den Olympia-Stützpunkten, insbesondere im Hinblick auf die Gefahr der Dopinganfälligkeit. und ist die Bundesregierung der Auffassung, daß Verbesserungen möglich sind?

... Die leistungsphysiologische Betreuung im Rahmen der Trainingssteuerung bundesdeutscher Athletinnen und Athleten ist zusammen mit der sportärztlichen Betreuung durch die Einrichtung der Olympiastützpunkte erheblich verbessert worden (vgl. auch Antwort auf Frage 3). Dieser Bereich wird entsprechend dem Bedarf und der zur Verfügung stehenden Haushaltsmitlel weiter verbessert.

Neben der im Rahmen der ärztlichen Betreuung nötigen Aufklärung über die Gefahren des Dopings (vgl. Antwort auf Frage 11) kann auch leistungsphysiologische Betreuung der Athletinnen und Athleten ihren Beitrag im Kampf gegen das Doping leisten.

Sportorganisationen und Bundesregierung sind der übereinstimmenden Auffassung, daß an den Olympiastützpunkten eine verbesserte sportpsychologische Betreuung von Athletinnen und Athleten erstrebenswert ist, und daß die Betreuung durch fachlich qualifizierte Psychologen auch im Kampf gegen Doping hilfreich sein kann. Derzeit ist die Situation noch nicht befriedigend, denn erst an einem Olympiastützpunkt gibt es einen hauptamtlichen Psychologen, an zwei weiteren Olympiastützpunkten arbeiten Psychologen in der Funktion als Laufbahnberater. Im übrigen wird die psychologische Betreuung durch nebenamtliche Kräfte wahrgenommen.

...

 

13. Inwiefern wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, daß durch eine Verbesserung der sportimmanenten Maßnahmen (Trainerausbildung, Laufbahn-Beratung, Relativierung von Leistungsnormen) die Dopinganfälligkeit im Leistungssport reduziert wird?

Die Bundesregierung hat in ihrer Antwort auf eine Große Anfrage der Fraktion der SPD (Drucksache 11/5784 - Frage V.3) deutlich gemacht, daß ein Bündel von Maßnahmen in Betracht kommt, die nach ihrer Auffassung, wenn sie kumulativ eingesetzt werden, die Doping-Anfälligkeit im Leistungssport weiter reduzieren können. Allerdings handelt es sich insoweit in erster Linie um Maßnahmen, die die autonomen Sportorganisationen in eigener Verantwortung ergreifen müssen; staatliche Organisationen können nur flankierende Hilfestellung leisten.

 

a) Wichtige Maßnahmen sind u. a. die individuelle Laufbahnberatung sowie die psychologische und soziale Betreuung der Athleten und Athletinnen, um Versuche, die sportliche Leistung medizinisch-pharmakologisch zu beeinflussen, überflüssig werden zu lassen.

Die Sportorganisationen haben daher Maßnahmen zur sozialen Absicherung der Spitzensportler und -sportlerinnen entwickelt, die dem Ziel dienen, den Übergang in die nachsportliche Laufbahn sowohl rechtzeitig vorzubereiten als auch unterstützend zu begleiten; denn die Karriere der Spitzensportler und -sportlerinnen ist zeitlich befristet. ...

 

b) Für die Trainer- und Trainerinnenausbildung gilt: Alle mit Doping zusammenhängenden Fragen werden nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft in ihrer gesamten Bandbreite als eigenes ordentliches Unterrichtsfach sowie auch im Zusammenhang mit der Leistungsdiagnostik an der Trainerakademie Köln behandelt, und zwar in allen Auswirkungen, also auch auf Kinderr Jugendliche und Frauen. Darüber hinaus werden regelmäßig Gastvorträge des Beauftragten für Dopinganalytik zu diesen Fragen angeboten. Die Bundesregierung unterstützt nachdrücklich Bemühungen, die darauf gerichtet sind, den Fragen des Dopings in der Ausbildung von Trainerinnen und Trainern noch weitere Aufmerksamkeit zu verschaffen und zu sichern.

 

c) Die zuständigen Entscheidungsgremien des deutschen Sports legen für die Teilnahme an wichtigen internationalen Wettkämpfen, insbesondere für Europa- und Wellineisterschaften sowie für Olympische Spiele, Qualifikationskriterien (Leistungsnormen) fest, die im allgemeinen auf die sog. Endkampfchance abstellen. Es ist allein Sache des Sports zu entscheiden, welche Normen festgelegt werden.

Eine Forderung nach Herabsetzung von Leistungsnormen darf nicht gleichbedeutend sein mit der Unterstellung, daß in der Vergangenheit erbrachte Höchstleistungen von Sportlern und Sportlerinnen durch Einnahme von Dopingmitteln erzielt wurden. Es gibt genügend Beispiele hervorragender Vertreter des nationalen und internationalen Spitzensports, die durch freiwilligen und kontrollierten Verzicht auf unerlaubte medikamentöse Leistungsbeeinflussung das Gegenteil aufzeigen. Die Bundesregierung ist überzeugt, daß nach wie vor die weitaus überwiegende Mehrzahl der Sportler und Sportlerinnen der Bundesrepublik Deutschland ihre Leistungen ohne Dopingmittel der sonstige Manipulation erreichen.

Große Bedeutung kommt allerdings der Ausgestaltung des nationalen und internationalen Wettkampfsystems in der Weise zu, daß Athletinnen und Athleten vor ständiger Überforderung geschützt werden müssen. Die Bundesregierung appelliert daher an die nationalen, besonders aber an die internationalen Sportorganisationen, die Wettkampfkalender nicht weiter aufzublähen.


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