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Das C4F-Schreibprojekt 2004: Gorka bei der Clasica a Alcobendas

sabados

Heute morgen liege ich schon seit zwei Stunden wach im Hotelbett, ich kann es einfach nicht abwarten,

mein nächstes Rennen zu bestreiten. Vielleicht treffe ich ja wieder mal so nette Fans, wie die, die mich

gestern beim Trainieren für das Zeitfahren um ein Autogramm gebeten haben.

Das ist wirklich schön, so gemocht zu werden.

Das Rennen sollte kein Problem für einen Gorka Jimenez sein !

Hm, ich schau mich mal etwas im Zimmer um, ob ich nicht was Tolles entdecke...nee, außer Jan Hruska

ist hier nichts Interessantes...

Puh, noch ein paar Minuten und ich kann endlich aufstehen.

Heute steht ja erst eine normale Etappe an, morgen früh dann noch eine, und dann das Zeitfahren.

Die Clasica a Alcobendas bestreite ich, um mich für die D-Tour einzurollen, da soll Igor entweder seinen

letztjährigen Erfolg wiederholen, wenn das nicht geht, haben wir ja noch Jörg.

Momentan geht es Igor ja nicht sooooooooooo toll, wegen dieser Doping-Sache darf er erst mal nicht in

Frankreich fahren, aber das wird schon... Und ich soll jetzt also den beiden da helfen.

Ich würde Jörg eigentlich lieber den Sieg gönnen. Wir verstehen uns wirklich von Tag zu Tag besser, erst letztens haben wir Manolo's Stimme nachgemacht und "Venga venga venga" gerufen, Manolo fand das aber nicht so lustig... Dann bin ich noch mit Jörg zusammen zu Konzerten von Tito & Tarantula gegangen, das war eine schöne Zeit.

So, genug gewartet, wir müssen aufstehen, endlich!

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Jetzt befinden wir uns am Start, beim Einschreiben wurden die meisten Fahrer zwar mehr als ich

beachtet, aber ich habe auch "Gorkaaaaaaaaa"-Rufe gehört. Das macht mich stolz, da kann man gleich

wieder schön entspannt durchatmen. Wie wird das dann erst später sein, wenn ich mal die Vuelta gewinne?

Oh, schon geht es los. Erst mit einem gemütlichen Tempo, aber immer wieder muss ich arbeiten, um verschiedene Ausreißer wieder einzufangen. Aber da das Wetter schön ist, macht mir das nicht so viel, ich fühl mich heute unwahrscheinlich gut. Manolo zitiert mich und Jan öfters zu sich, da wir Wasser für die anderen abholen sollen.

Manchmal bläst der Wind zwar auch etwas stärker aber das ist auch eine schöne Erfrischung, bei dem warmen Wetter.

Die Etappe vergeht wirklich fast wie im Fluge. Für mich waren die Anstiege auch nicht gerade ein großes Problem, ich sagte ja, dass es mir einfach nur toll geht. Und plötzlich befinde ich mich nach der Verpflegungskontrolle auch in einer 5-köpfigen Spitzengruppe, Joseba ist mit dabei und Manolo hat mir

auch grünes Licht gegeben, weil ich ihm immer wieder erklärt habe, wie toll es mir doch geht.

Und bald sind es noch 20km. Das Hauptfeld jagt hinter uns her, wir müssen auch ein wenig das Tempo verschärfen, aber mit ungefähr 5 Minuten Vorsprung geht es ja noch.

Mit in der Gruppe sind noch (Oscar Sevilla, Santiago Botero und Filippo Simeoni) , also auch einige der Favoriten.

Wenn wir ankommen, werde ich Joseba wohl den Vortritt lassen. Ich kann ja auch noch Zweiter werden, warum nicht, das ist auch ein gutes Resultat, wie ich finde. Santi Botero probiert ungefähr 15km vor dem Ziel immer mal wieder die kleine Gruppe zu sprengen und Filippo Simeoni kann auch nicht mehr mithalten.

Mir wird es auch irgendwie zu schnell, aber ans Aufgeben denk ich nicht mal im Traum! Es sind ja auch nicht mehr so viele Kilometer, die wir bestehen müssen...so einfach, wie ich mir das vorgestellt hatte, ist es letztendlich doch nicht, leider.

Das Feld jagt uns hinterher und Manolo meint auch schon, dass es keinen Zweck mehr hat, noch weiter vorne zu fahren. Vielleicht sollte ich im Ziel dann doch im Sprint was wagen,wenn wir so ankommen? Joseba würde es bestimmt nichts ausmachen... Aber ich glaube, erstmal über den Zielstrich zu rollen ist jetzt wichtiger.

Die Zuschauer am Straßenrand motivieren uns mit ihren Rufen und Beifall. Na gut, ich werd mich jetzt einfach nicht schonen, Joseba sieht auch nicht gerade so aus, als würde er schlapp sein.

Ich werfe ihm Blicke zu, die er auch richtig interpretiert. Wir attackieren. Und schon haben wir 20 Sekunden Vorsprung,mit dabei ist noch Santi. Ach, es war also doch eine gute Entscheidung, na klar, hab ja auch ich getroffen. Ich höre schon die ganzen Leute sagen: "Das ist unser neuer Star, Gorka Antonio Jimenez Valverde".

Aber Joseba holt mich unsanft aus meinen Träumen. Er ruft mir "Venga venga!!" zu...und ich gehorche ihm. Wow, da vorne ist ja schon der rote Lappen! Wie geht das denn? Wer soll denn jetzt mal gewinnen? Ich sehe Joseba fragend an. Doch diese Frage wird wohl erstmal nicht beantwortet, denn das Feld rast plötzlich mit einem enormen Tempo immer näher an uns ran.

Ich will das nicht auf mir sitzen lassen und attackiere erneut.

Noch 700 Meter. Joseba hat mich auch wieder erwischt. Aber jetzt ist mir auch egal, dass Manolo rumschreit, ich möchte unbedingt gewinnen. Mit einer schlichten Handbewegung baumelt "der kleine Mann im Ohr" auch schon rum und ich kann nur noch leichte Wortfetzen verstehen, ich glaube, Manolo möchte,

dass Joseba gewinnt. Aber Joseba kann noch bei so vielen Sachen siegen. Und Santi muss auch abreißen lassen,warum also nicht ich? Vor lauter Gedanken bemerke ich gar nicht, dass ich schon über den Zielstrich gerollt bin,als erster, und das Hand in Hand mit...Joseba!!!

Die Menschen jubeln uns zu und ich bin überglücklich, gewonnen zu haben. Habe ich wirklich nicht richtig wahrgenommen, aber ich schließe es daraus, weil der Kommentator ununterbrochen meinen Namen ausspricht, oder besser, er schreit ihn. Und es kommt also auch noch dieser grandiose Doppelsieg von Once dazu!

Als erstes gratuliert uns Manolo, und er sagt zu mir: "Manchmal bin ich froh, dass du so ein Dickkopf bist."

Ich falle am Abend, nachdem wir ausgiebig gefeiert haben, zufrieden und müde ins Bett, denn morgen geht es ja auch schon wieder weiter. Mit der Halbetappe am Morgen, und dann nachmittags ein Zeitfahren... uah, gähn...

Abschließend nach diesem heutigen Tag kann ich nur sagen, dass dieses Rennen wesentlich schöner als dieser komische Wallonische Pfeil ist. Den werd ich wie gesagt NIE wieder fahren.

Aber die Laune werd ich mir eh nicht mehr verderben lassen. Heute auf gar keinen Fall!

<typohead type=3> </typohead>

domingo

Ich hätte heute morgen fast verschlafen, habe die ganze Zeit nochmal von meinem Sieg geträumt, wenn Jan Hruska nicht vor Manolo in mein Zimmer gekommen wäre, um mich zu wecken.

Igor ist immer netter zu mir - das gefällt mir. Er hat mich noch gestern abend angerufen, um mir zu gratulieren. So schlimm ist er eigentlich ja auch nicht. Wir haben uns gestern noch schön amüsiert, zwar nur am Telefon, aber egal.

Und ich habe auch schon bemerkt , dass er so ziemlich die gleichen Interessen wie ich hat. Hinterher ist man eben immer schlauer. Jedenfalls hoffe ich, dass Joseba heute noch im Zeitfahren was reißen kann, schon allein weil Santi Botero ja auch mitfährt, und der wird ihm keine Gnade lassen. Santi finde ich auch in Ordnung. Aber wir müssen eben sehen, dass unsere Mannschaft so viele Erfolge wie nur möglich nach hause fährt.

Wir frühstücken erstmal gut und dann geht es zum Einschreiben, viel mehr Leute wollen plötzlich Autogramme von mir und ich gebe sie gerne. Bin ja auch ein Netter. Apropos nett: Die anderen Fahrer, mit denen ich sonst nicht allzu viel am Hut hatte, die sind auch ganz plötzlich freundlich zu mir. Was solche Erfolge ausmachen können.

Die heutige Etappe wird zum Schluss hin immer höher, vor dem Anstieg kommen auch noch 2 weitere kleine Hügel. Gestartet wird bei 900m Höhe, am Ende sind wir dann bei 1900m.

Ich befestige nochmal schnell meinen kleinen Computer am Rad und schon rollen wir an den Start. Ich ruh mich dann heute mal ein wenig aus. Ich hab ja gestern schon genug getan, worauf ich auch stolz bin.

Los geht es, der Startschuss fällt. Heute wird etwas unruhiger gefahren, es wird ja sicher keine Sprintankunft geben, also versuchen alle Teams, ihre besten Fahrer ganz vorne zu platzieren. Wir werden erneut versuchen, Joseba ganz vorne mit dabei zu haben. Er ist der Mann für die Gesamtwertung. Ich kann es langsam angehen lassen, wie Manolo gesagt hat, ich brauch auch keine Flaschen oder so holen.

Schon bald haben sich einige Fahrer abgesetzt, natürlich auch unser Joseba, wer sonst.

Ich kümmer mich nicht groß um die Aufholjagd und rede stattdessen mit anderen Fahrern, die auch von ihrem Team einen mit da vorne bei haben. Zum Beispiel erzählt mir ein Fahrer aus der Mannschaft Euskaltel, wie er im letzten Jahr die Tour de France erlebt hat.

Und schon sind wir am Anstieg!! Das ging aber schnell!! Mit Quatschen lebt es sich doch gleich leichter... jetzt fällt langsam das große Feld, in dem ich mich ja befinde, auseinander aber ich kann eigentlich noch ganz gut mithalten. Das überrascht mich.

Auf einmal bemerke ich, dass ich einen Platten habe, na toll, gerade an der wichtigsten Stelle der Etappe, super... ich zitiere Manolo mit dem Wagen und unserem Mechaniker zu mir und lasse mir ein neues Rad bringen... unnötig Zeit beim Reifenwechsel zu verlieren, darauf hab ich keine Lust.

Noch 20km bis zur Bergankunft. Mir scheint es, als würd ich nur noch alleine hier existieren, ich komme nicht mehr richtig in Tritt.

Ich sammel nochmal alle Kräfte und probiere so gut es geht, die kleine Gruppe,welche vor mir immer mal wieder zu sehen ist. Diese Fahrer erreiche ich aber leider nicht mehr und quälend komme ich mit 6:30

Minuten Rückstand auf den Sieger ins Ziel. Und jetzt ratet mal, wer gewonnen hat!! Richtig, der Euskaltel-

Fahrer, mit dem ich vorhin geredet habe, jetzt weiß ich auch endlich seinen Namen! Julen Fernández heißt er. Das gönne ich ihm. So schlimm war mein Ergebnis ja nun auch nicht, schon allein wegen dem Platten...

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In der Gesamtwertung liege ich auf Platz 30 ,das ist doch okay. Heute bin ich 20. geworden und Joseba war wieder gut, nämlich 7. Jetzt kommt noch ein Zeitfahren und dann ist dieses Rennen auch schon wieder beendet.

Als ich von der Rampe aus gestartet bin, läuft es erst ganz gut, nur das Wetter hat sich irgendwie verändert, es könnte jeden Moment anfangen zu regnen. Mist. Bei der 1. Zwischenzeitkontrolle liege ich auf Position 5. Ich freue mich darüber und bemerke so gar nicht, dass es schon Regen gibt.

Manolo liegt mir in den Ohren mit seinem "Venga venga venga, Gorka!" Jaja, ich fahr doch!!!

Auf einmal finde ich mich auf der Straße wieder. Wie ist das denn passiert???! Ich muss auf mein Rad!

Aber mein Fuß tut weh...was hab ich falsch gemacht? Das Zeitfahren, ich muss weiterfahren. Manolo steigt aus dem Auto und fragt mich, ob ich mich denn nicht mal endlich aufraffen könnte, schließlich werd ich bald schon eingeholt von dem Starter hinter mir, ich läge hier nur unnötig rum.

Aber ich kann nicht aufstehen. Mein rechter Fuß, damit ist bestimmt was Schlimmes passiert, oh nein! Ich entscheide mich unter Tränen, dass ich aufgebe. Sich noch über den Zielstrich schleppen, und das unter Schmerzen, bringt jetzt auch nichts mehr.

Ich steige gestützt von Manolo in das Auto ein und werde zu einem Krankenhaus gebracht. In der Zwischenzeit wird mir von einem Betreuer erklärt, dass ich wohl auf einem dieser weißen Verkehrsstreifen auf der Straße ausgerutscht bin. Aha. Man, was bin ich enttäuscht. Das ist so ein richtig gutes Radrennen gewesen...

Als der Arzt meinen Fuß untersuchrt hat, meint er nur, dass es eine Prellung wäre, die schnell wieder verheilt ist.

Gott sei dank!! Dann kann ich ja doch schnell wieder auf's Rad, danke!!!

Jetzt sind meine Gedanken wieder bei meinem Teamkollegen, ich muss das doch sehen, wie Joseba sich schlägt!

Wir suchen uns einen Fernseher, dass heißt eher, ich werde zu einem gebracht, von einer Krankenschwester. Manolo und der Betreuer fahren wieder zur Clasica a Alcobendas, ist verständlich.

Ich verpasse so gerade nicht die Zieleinfahrt von Joseba, er hat eine neue Bestzeit aufgestellt. Jaaaaaaa, Joseba, zeig es ihnen!!!

Doch dann kommt Santi. Er fliegt ja förmlich und lässt seine Konkurrenz nur so hinter sich. Am Ende ist er der Sieger des Zeitfahrens, und Joseba hat sich auf das Podium gerettet, der 2. Platz. So ist also doch noch etwas Erfreuliches an diesem Tag geschehen.

Bis zu meinem nächsten Rennen, ich sage "Adios",

Euer Gorka

 

 

von LinaM


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