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BRD / DDR - Vergangenheit



2018 Hansjörg Kofink: Gedanken, Meinungen, Kommentare





Juni 2018

Warum sollte es im Spitzensport heute ehrlich zugehen, wenn

 

die Autoindustrie, eine Schlüsselindustrie unseres Landes, Politik und Bürger seit Jahren betrügt,

die Großbanken aus ihrem selbstverschuldeten Bankrott von einer ahnungslosen (!) Politik mit Steuergeldern gerettet werden mussten,

eine zukunftsorientierte, unseren Planeten bewahrende Umweltpolitik durch Lobbyismus und Profitorientierung von einer schwachen Politik zunehmend verwässert wird,

die Fürsorge für Menschen in prekären Umständen – Kinder, Kranke, Alte, Pflegebedürftige, Arme – ausschließlich unter Rentabilitätsgesichtspunkten funktioniert,

die Grundversorgung der Menschen – Wohnraum in der Stadt, Medizin auf dem Lande, Lehrerstellen an Schulen – zunehmend zu Schwachstellen des Staates werden,

 

warum sollte sich das im Schaufenster des Sports nicht genau so wiederfinden, wenn jahraus jahrein Show, Glamour, Selbstdarstellung, Egoismus, Überbietung, Nationalismus unter Einsatz aller Mittel und Bruch aller Regeln im Angebot stehen?

 

Jubelnde Zuschauer gab es schon in der Antike und der Satiriker Juvenal wusste warum: PANEM ET CIRCENSES – Brot und Spiele war das Angebot der römischen Herrscher an das Volk. Den Ausgang der Schau regelte der Daumen des Herrschers.

Doch Juvenal sah schärfer und formulierte dementsprechend: orandum est ut sit mens sana in corpore sano – „Man soll beten, dass ein gesunder Geist in einem gesunden Körper sei“.

Seit Jahrhunderten trägt nicht nur die Sport-Lobby das verkürzte und falsche Zitat vor sich her – mens sana in corpore sano – ein gesunder Geist in einem gesunden Körper“.

 

Es hat sich nicht viel geändert in zweitausend Jahren trotz vieler gescheiter Köpfe:

Nicht Sporttreiben macht Menschen gut! Der Sport treibende Mensch muss in Ordnung sein!

 

Hansjörk Kofink 17.06.2018

in memoriam 17.06.1953

 



April 2018

Der Sport muss ins Grundgesetz

 

Der Sport muss ins Grundgesetz (a) forderte vor einer Woche der mächtigste Mann des deutschen Fußballs, Dr. Reinhard Rauball.

 

Er meinte allerdings das Kulturgut Fußball in Deutschland mit seinen 25.000 Vereinen unter Einschluss der ersten und zweiten Bundesliga. „Der Fußball ist Kitt für die Gesellschaft und stärkt das ehrenamtliche Element“.

 

Zwölf Jahre zuvor legte der neugegründete Deutsche Olympische Sportbund unter seinem Gründungspräsidenten Dr. Thomas Bach ein Positionspapier des Deutschen Sportbundes vor mit dem Ziel, den Sport im Grundgesetz zu verankern. (b)

 

Auch hier war von 4,5 Millionen Ehrenamtlern mit einigen Milliarden Euro an sozialer Wertschöpfung in 90.000 Vereinen die Rede: Größte Bürgerbewegung Deutschlands (1).

Integration (2), die gesellschaftlichen Ziele des Sports, seine Leistungsfähigkeit und seine sympathiefördernden Eigenschaften, Wertevermittlung (3), Sportvereine sind „Schulen der Demokratie. … Sie vermitteln in großem Umfang die Werte unserer Gesellschaft.“, Repräsentanz und Identifikation (5), "Der Spitzensport hat Vorbildwirkung hinsichtlich des Leistungsgedankens und vermittelt einen positiven Elitebegriff. Erfolgreiche Athleten und Athletinnen begeistern, motivieren und tragen durch ihre Repräsentanzfunktion zu einem positiven Bild von Deutschland als erfolgreiche Sportnation bei; als ein Beispiel sei hier die Fußball-WM 2006 genannt. Der Sport erfüllt somit zu Hause wie international Repräsentationsaufgaben. Er ist das Aushängeschild für die aktive und sympathische Mitgestaltung der Völkergemeinschaft“ waren u.a. im Angebot.

 

Diese vier der zwölf Begründungspunkte zeigen die Richtung der damaligen Aktion auf. Die vergangenen zwölf Jahre mit den OS Turin, Peking, Vancouver, London, Sotchi, Rio und Pyeonchang, den FIFA-WM 2006 in Deutschland, 2010 in Südafrika, 2014 in Brasilien und vielen weiteren internationalen Meisterschaften lieferten die Realität des Spitzensports und seiner Sachwalter zwischen Gefängnis (Diack) und Bundesverdienstkreuz (Blatter).

 

Es braucht schon eine besondere Chuzpe in Fußball-Deutschland 2018 nach diesen zwölf Jahren und vor dem, was noch an- und aussteht Sport-Fußball ins Grundgesetz zu fordern.

 

Der Bundesverfassungsrichter a.D. Dieter Grimm hat schon 2007 die DOSB-Forderung klar beantwortet (c):

Sport kein Staatsziel

Sport trägt zum Zusammenhalt der Gesellschaft bei, sät aber auch Zwietracht.

Sport fördert die Völkerverständigung, ist aber auch für Nationalismus anfällig.

Sport hält zur Fairness an, wird aber auch Anknüpfungspunkt für Gewalt.

Sport leistet einen wichtigen Beitrag zur Gesundheitsvorsorge, er ist aber auch Quelle großer gesundheitlicher Schäden und ihrer sozialen Folgekosten.

Da es im Sport längst nicht mehr nur um Ruhm, sondern auch um Geld geht, zieht er unlautere Praktiken an.

Doping ist nur die sichtbarste.

 

________________________________-

 

(a) „Der Sport muss ins Grundgesetz“, SZ 21./22, April 2018

(b) Staatsziel Sport, Positionspapier des DOSB, Präsidium 16.10.2006

(c) Dieter Grimm: Gold-Medaillen genügen. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29. Januar 2007, S. 35

 

Hansjörg Kofink, 29.4.2018

 



März 2018

Tornados oder Spitzensport?

 

In der jüngsten Ausgabe des „Spiegel“ heißt es, dass deutsche "Tornados" nicht mehr Nato-tauglich sind:

Das Gesamt-Urteil in dem vertraulichen Papier ist alarmierend: Im jetzigen Zustand "könnte das Waffensystem Tornado an keinem Nato-Einsatz mehr teilnehmen", heißt es in der Beschreibung des möglichen Schadens, der in leuchtendem Rot markiert ist. Die Modernisierung allein für die IT der Jets, so das Papier, werde "Mehrkosten in Millionenhöhe" zur Folge haben. Zudem sei nicht klar, ob das Upgrade technisch überhaupt machbar ist (1).

 

Im Mai 1968 hat der Deutsche Bundestag von der Bundesregierung gefordert, „zur Förderung von Spitzensportlern bei der Bundeswehr Fördergruppen einzurichten, die so weit wie möglich an Leistungszentren der Sportverbände angelehnt werden sollten“.

Daraufhin wurden im Jahr 1971 erstmalig „Regelungen für die Spitzensportförderung in der Bundeswehr“ herausgegeben. Heute werden der Deutsche Olympische Sportbund und die Spitzensportverbände sowie aktuelle Rahmenbedingungen in der Zentralvorschrift „Spitzensportförderung der Bundeswehr“ berücksichtigt. (2)

 

Dazwischen liegt fast ein halbes Jahrhundert, in dem sich eine Menge verändert hat. Der Deutsche Bundestag suchte vor fünfzig Jahren nach einer Antwort auf die ‚Staatsamateure“ der DDR, die als "Diplomaten im Trainingsanzug" ausgebildet, ihrem Land zu Ruhm und Anerkennung verhelfen sollten.

Bis heute hält die Bundesrepublik an der damals eingeführten Spitzensportförderung fest; sie wurde sogar noch ausgebaut:

Im professionellen Skisport werden etwa 90 Prozent der deutschen Athletinnen und Athleten, die im Spitzen- oder Nachwuchsbereich einem Kader des DSV angehören, von Bundespolizei, Bundeswehr oder Zoll gefördert. Diese drei Sportförderbehörden verfolgen ein gemeinsames Ziel, unterscheiden sich aber auf dem Weg dorthin konzeptionell und im Interesse einer umfassenden und flächendeckenden Sportförderung voneinander. Gerade dieser gewollte Unterschied bietet den Sportlerinnen und Sportlern eine optimale Auswahlmöglichkeit entsprechend ihrer individuellen beruflichen und schulischen Vorbildung, ihrem Lebensalter, den künftigen Berufs- und Ausbildungswünschen sowie nach örtlichen Präferenzen.

Das Zoll Ski Team bietet die Möglichkeit, den Fokus ausschließlich auf die professionelle Ausübung des Spitzensports zu richten und dennoch die berufliche Zukunft von Beginn an langfristig und sicher zu planen. Daher sind wir ein wesentlicher Teil des Gesamtkonzepts der bundesdeutschen Spitzensportförderung. (3)

 

Könnten jetzt – im Jahre 2018 – die NATO und eine anstehende Grenzsicherung in der EU, verantwortet durch das BMI, die seit der Vereinigung 1990 überfällige Neustrukturierung des Spitzensports in Deutschland auf eine ganz andere Weise befruchten als die PotAS-Bestrebungen Sportdeutschlands?

 

________________________________

 

(1) spiegel.de, 31.3.20018

(2) bundeswehrkarriere.de

(3) zoll.de

 

Hansjörg Kofink, 31.3.2018

 

 



März 2018

Erinnerungen, gewichtige

 

Der ‚Bär von Bellenberg‘, Rudolf Mang (1950-2018), starb dieser Tage mit 67 Jahren an einem Herzinfarkt (1). Er war der letzte vom Podium des Superschwergewichts bei den Olympischen Spiele in München 1972.

 

Im Oktober 2014 starb der Olympiadritte, Gerd Bonk (1951-2014) (2), Sachse aus Limbach nach schwerer Leidenszeit 63jährig. „Verheizt von der DDR, vergessen vom vereinten Deutschland“ beschrieb der Dialysepatient im Rollstuhl sein Leben.

 

Bereits 2011 war der über 150 Kilo schwere Träger des Lenin-Ordens, Sportidol der UdSSR und Olympiasieger von 1972 und 1976 Wassili Iwanowitsch Alexejew (1942-2011) mit 69 Jahren in München in einer Klinik gestorben, wo er wegen seines Herzleidens behandelt wurde. 1970 hatte er sieben Weltrekorde an einem Abend aufgestellt.

 

Gewichtheben war damals noch eine Sportart, in der man auch in Deutschland zum Star werden konnte. Erst 1974 verbot das IOC anabole Steroide ausdrücklich. Anabolika waren im Gewichtheben an der Tagesordnung und die Vorbereitung auf einen Olympiasieg interessierte die Medien. Und wenn sich gar einer anschickte, der stärkste Mann der Welt zu werden, dann stand er unter starker medialer Beobachtung. Besonders, wenn die Olympischen Spiele im eigenen Lande nahten, München 1972 also. Mang war zum heißen Medaillenkandidaten herangereift, Gold schien sogar möglich.

 

„Einen deutschen Olympiasieg für 1972 in München haben drei Professoren und ein Oberingenieur schon jetzt auf Gramm, Zentimeter und Pfennig vorausberechnet. Ein Teenager aus Bayern soll den Fünfjahresplan verwirklichen.“ Das berichtete schon 1967 ‚Der Spiegel‘ (3).

 

In Montreal 1976 gab es bei den OS 8 positiv getestete Gewichtheber, 1980 natürlich keine, 1984 waren es 5, wie auch 1988. Und es wurden immer mehr.

Von 2003 bis 2016 sanktionierte die INTERNATIONAL WEIGHTLIFTING FEDERATION 661 Athlet(inn)en aus 97 Ländern (4). Ist Gewichtheben heute eine ‚saubere‘ Sportart?

 

Dopingproben armenischer Gewichtheber wurden über deren Verband jahrelang im Moskauer Anti-Doping-Labor getestet, gespeichert und wenn nötig durch positive ausgewechselt (5). Die Deal war zu Ende als 2015 das russische Labor aufflog.

 

Dennoch, Rudolf Mang war einer der eindrucksvollsten Athleten seiner Zeit, und dabei wirkte er wie ein sanfter, zerbrechlicher Gigant.

 

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(1) Bär von Bellenberg tot: Deutscher Olympiaheld stirbt im Fitness-Studio an Herzinfarkt express 13.03.18

(2) Gewichtheber Gerd Bonk Opfer des DDR-Systems, FAZ 21.10.2014

(3) Kraft durch Karpfen, Der Spiegel 17.04.1967

(4) Sanctioned Athletes - Athlete Support Personnel International Weightlifting Federation.mht

(5) occrp.org, 27.3.2018

 

Hansjörg Kofink, März 2018

 


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