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Internationale Thüringenrundfahrt der U 23 vom 05.-11.05.2003

Text: Yeti

 

<typohead type=3>Sonntag, 04.05.2003 Endlich wieder Radsport live</typohead>

 

Das letzte Radrennen, das ich live am staubigen Straßenrand verfolgen durfte, war bereits eine ganze Weile her (September 02) - zu lang für meinen Geschmack, viel zu lang.

 

Abhilfe musste geschaffen werden, dringend!

 

Da kam mir die Internationale Thüringenrundfahrt gerade recht. Dieser Rennbesuch wurde mir durch das Vorhandensein etlicher Verwandter im Zielgebiet erheblich erleichtert (Unterkunft, Verpflegung usw...)

 

Also machte ich mich am Morgen des 04.05.2003 mit der Deutschen Bahn auf ins ehemalige Herzogtum Sachsen-Coburg-Gotha.

 

Kaum waren fünfeinhalb Stunden vorbei, sah ich die Höhen des Thüringer Waldes vor mir. Sofort schnappte ich mir einen Drahtesel und fuhr vom bayerischen Neustadt ins thüringische Sonneberg, um die Strecke des Zeitfahrens am nächsten Tag einmal persönlich in Augenschein zu nehmen. Leider verfügte das Rad meiner Oma über keinerlei Gangschaltung und so musste ich schwer schnaufend feststellen, das es dauernd leicht bergauf ging....dafür war die Rückfahrt jedes Mal die helle Freude, 3 Kilometer lang fuhr es sich wie von selbst...

 

In der Stadt hingen schon überall Plakate, auf denen das Teag Team Köstritzer abgebildet war. Die Fahrer des Thüringer Teams sind die "local heroes" dort.

 

Soweit, so gut, ich fuhr zuerst mal zum Bahnhof, wo am nächsten Tag Start und Ziel sein würden und danach weiter durchs Neubaugebiet "Am Wolkenrasen". Nach dem Bahnhof ging es leicht bergauf, danach fast nur noch bergab. Die Straßen waren nicht mehr die besten, die Platten in der Friedrich-Ludwig-Jahn-Straße schon deutlich mitgenommen. Erst zum Ende der Strecke hin wurde es winkliger und es stand auch wieder ein Stück ansteigende Straße auf dem Programm. Es versprach interessant zu werden!

 

<typohead type=3>Montag, 05.05.2003 "Beloften im Spielzeugland"</typohead>

 

Sonneberg ist seit Hunderten von Jahren bekannt und berühmt für die Herstellung von Spielzeug, der "Sonneberger Täufling" und die "Thüringer Kirmes" haben vor vielen Jahren weltweit Preise bekommen. Auch die Siegerehrung sollte später noch etwas mit dem Thema zu tun haben...

 

Am Morgen war ich bereits das erste Mal in "Sumbarch" um eine neue Batterie für den Foto zu kaufen. Dabei sah ich auf dem riesigen Parkplatz des Supermarktes einen Teamwagen von Rabobank. Das Radsportfieber in mir begann deutlich zu steigen (wie verrückt ist man, wenn man sich schon über Autos freut???????????)

 

Um 15 Uhr sollte der Prolog losgehen, ich war bereits kurz vor eins am Bahnhof postiert... Es war brütend heiß, über 30 °C. Eigentlich wollte ich mich ja einige Meter entfernt vom Bahnhof an einem kleinen Anstieg postieren, gab dieses Vorhaben wegen der wüstenähnlichen Temperaturen aber schnell auf. Stattdessen verzog ich mich in den Schatten des Busbahnhofs. Dort versuchte ich, einigen anderen Zuschauern zu erklären, was es mit GS 3 und GS 1 und U 23 auf sich hat. Ich dachte schon, man hätte mich verstanden, als mich eine Frau nach dem Team Telekom fragte...Immerhin kannte man vor Ort Sebastian Lang und Robert Bartko.

 

Jetzt wurde es amüsant:

 

<typohead type=3>13:30 Uhr: Man beginnt in aller Seelenruhe mit den Absperrungen....</typohead>

 

Dazwischen fuhren sich die Fahrer langsam warm und meine Augen wechselten von der Startliste zur Straße und zurück. Eine Frau neben mir sagte zu ihrem Mann (Anmerkung, es war 14 Uhr): "Naja, wenn die jetzt losfahren, sind die bis um dreie wieder da!" (no comment...)

 

Als es langsam etwas langweilig zu werden begann, postierte sich das Team Rabobank genau hinter mir - super! Wann kann man schon mal zwei Meter hinter sich Fahrer bei der Rennvorbereitung beobachten! Für mich als Radsportfan, der nicht unbedingt ein Experte ist, wirklich sehr aufschlussreich. Der österreichische Meister Bernhardt Kohl kam von einer Proberunde zurück und monierte irgendwas an seiner Schaltung (es hörte sich wenigstes so an, mein holländisch ist äußerst bescheiden *hust*) Während sich die Oranjes einfuhren gab einer ihrer Betreuer einem Journalisten ein Interview und meine Ohren wurden gaaanz lang. Er äußerste sich äußerst positiv über die Tour, gute Organisation (ähh, siehe unten), gute Hotels, gutes Essen (danke, das habe ich auch vorher schon gewusst). Außerdem ging es noch um Pieter Weening, um die Niedersachsenrundfahrt und das besagter Pieter nächstes Jahr Profi werde im Rabo-Team.

 

Weiter gings mit der gaaaaaaaanz gemütlichen Rennvorbereitung der Veranstalter:

 

14:30: Man beginnt mit der Einschreibung, 30 Minuten vor dem Start...

 

Ein Team nach dem anderen wurde aufgerufen und trug sich ein. Die Schweizer Nationalmannschaft kam ganz gemütlich zu Fuß an, während die Australier in der prallen Sonne warteten - nun gut, vielleicht mochten die die Hitze ja...

 

14:50 Von Veranstalterseite wird man langsam etwas hektisch mit der Einschreibung...

 

14:55 Man befestigt die letzten Werbebanden...

 

14:58 Man tätigt die letzten Handgriffe an der Startrampe...

 

15:00 Start

 

Um die Fahrer besser sehen zu können verlasse ich für kurze Zeit die sich einfahrenden Rabos und begebe mich in die pralle Sonne. Forumsmitglied chrischte ist ganz am Anfang dran und die Leute um mich rum schauen mich total verdattert an, welches Team ich da anfeuere...

 

Als er außer Sichtweite ist, flüchte ich mich schweißgebadet zurück in den Schatten. Die Rabos haben inzwischen von ihrem Betreuer irgendein Minzöl auf kleine Wattebäusche bekommen, die sie sich in die Nase stecken. Das soll wohl dem besseren Durchschnaufen dienen. Jedenfalls riecht man es meilenweit und die Frau neben bekommt einen zünftigen Hustenanfall! Die kleinen Rabos riechen nicht nach Massageöl, sondern nach japanischen Minz-Durchschnauföl!

 

Ein Fahrer nach dem anderen macht sich auf die 3,4 km lange Strecke und der Streckensprecher quatscht ohne Ende. Zu jedem weiß er was. Der eine isst am liebsten Kartoffelbrei, der andere hat die und die Lieblingsmusik. Zuerst fand ich es etwas arg oberflächlich, aber mit zunehmender Dauer wurde es besser, er ging auf den Etappensieg von Sven Krauß bei der Eneco-Tour ein und erwähnte "Pfannis" schlimmen Sturz und lobte ihn fürs Helmtragen.

 

Schließlich starteten die ersten der sechs Rabobank-Fahrer. Einer nach dem anderen knackte die Bestzeit und der Sprecher begann zu "motzen", es werde langweilig. Er mutmaßte, die würden alle Wertungstrikots haben nach dem ersten Tag. Kurzfristig frohlockte er, die hätten keinen fürs Jungprofileiberl, aber dann kam er auf Niels Scheunemann und auch die Hoffnung war zerstört. Für Aufregung sorgte dann noch mal Arian Buchwalder vom Team Hörmann-Betoncoupe, als er fast seinen Start verpasste. Er wurde zur Rampe gehetzt, sein Rad und er selber hinauf, aufs Radl gesetzt und mit einem kräftigen Klaps auf den Hintern gings los!

 

Das erste Raunen ging durchs Publikum, als Bernhardt Kohl mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von über 50 km/h ins Ziel kam. Die Zeit verging und Rabobank war immer noch in Führung. Joost Posthuma stellte mit 4:03,55 eine neue, sagenhafte Bestzeit auf. Er hatte eine Durchschnittsgeschwindigkeit von unglaublichen 50,26 km/h!!!!!

 

Schließlich kündigte der Sprecher dann den Titelverteidiger, Pieter Weening aus den Niederlanden an. Als er über die Absperrung kletterte, ein Betreuer ihm sein Rad gab und er zur Startrampe fuhr, war es mucksmäuschenstill.

 

Richtig ehrfürchtig schaute das Publikum zu dem baumlangen jungen Mann im Trikot des niederländischen Meisters. Als er um 16:57 Uhr losraste, gab es lauten Beifall.

 

Um 17:01 bog er auf die lange Start- und Zielgerade in der Ernst-Moritz-Arndt-Straße ein, würde er es schaffen, noch aufs Stockerl zu kommen?

 

Er schaffte es nicht, wurde Vierter. Damit stand ein aus Rabo-Sicht fantastisches Endergebnis fest: Fünf Fahrer unter den besten fünf, der schlechteste Fahrer war Theo Eltink auf Rang 8.

 

Oranje boven - Gewunna hoat, der wo immer getüt hoat!

 

Da die Mikrofunkuhr am Ziel nur äußerst bescheiden funktionierte, konnte man sich nicht daran orientieren. Da die Rabos aber die effektvollsten Scheibenräder und die lauteste Hupe hatten, merkten sich viele Fans daran den Sieger.

 

Kaum dass Weening im Ziel war, wechselte ich die Straßenseite, um der Siegerehrung beiwohnen zu können. Die interessierte kaum jemanden und so stand ich ganz vorn. Den Fotoapparat bereit stand ich da, schwitzte und dachte an die Forums-Stories mit den "drei Meter langen Fototaschen"...

 

Die Siegerehrung selber war dann witzig, da alle Ehrungen an die drei gleichen Fahrer gingen, das war ein Kommen und Gehen auf dem Stockerl:

 

Etappensieger: Joost Posthuma, Rabobank

Zweiter: Niels Scheunemann, Rabobank

Dritter: Bas Gilling, Rabobank

Gelbes Trikot: Joost Posthuma

Bester Jungprofi: Niels Scheunemann (das Trikot war von einem herrlichen Blau, hach…)

Weißes Sprinttrikot: Niels Scheunemann

Rotes Bergtrikot: Bas Gilling

 

Posthuma und Gilling bekamen, passend zum Rennen in der Spielzeugstadt Sonneberg, große ferngesteuerte Autos als Präsent, was Bas Gilling zu der Aussage veranlasste, er sei extra schnell gefahren für das Auto! Warum der zweite des Tages kein Auto bekam, ist mir bis heute ein Rätsel...ausgerechnet der jüngste Fahrer auf dem Stockerl.

 

Scheunemann bekam ein kleines Geschenk, es wurde im Publikum vermutet, es handele sich um eine original thüringische Glaskugel. Dies konnte aber nicht mehr aufgeklärt werden...

 

Dann gab es zu Ehren der Sieger noch die niederländische Hymne und während dem Siegerinterview mit Posthuma machte ich die letzten meiner 25 Fotos am heutigen Tage...

 

<typohead type=3>Dienstag, 06.05.2003 Servus Sonneberg...</typohead>

 

Am heutigen Tage sollte es bereits um 13 Uhr mit dem Start der ersten Etappe von Sonneberg nach Bad Salzungen weitergehen. Um 12 Uhr ging es mit der Einschreibung los. Ich schwang mich also um 11.20 Uhr aufs Radl, kaufte vorher noch einen neuen Film für den Foto und war dann kurz vor 12 Uhr vor Ort. Wieder ging es am Bahnhof los, wo die Einschreibung schon in vollem Gang war. Eine lange Traube von bunt gekleideten Fahrern stand vor der Tafel an. Der Streckensprecher redete wieder ohne Punkt und Komma. Er meinte, nichts über die Fahrer aus Tschechien und Russland zu wissen und er hoffe, von den Teams noch Infos zu bekommen.

 

Es war wieder mal unglaublich heiß, so heiß wie seit 1953 nicht mehr in einem Mai in Thüringen...

 

Ich stand unter einem Baum im Schatten und beobachtete das Treiben. Als die Fahrer von Winfix-Techem an mir vorbeikamen, kamen mir bezüglich der Startnummer 164 leichte Zweifel. In meiner Liste stand da Linus Gerdemann, der Fahrer sah aber gar nicht so aus...tja, man sollte die Liste wohl nicht eine Woche vor dem Rennen schon ausdrucken!

 

Als das Team von Löwik Meubelen Tegeltoko beim Einschreiben war, sprach der Herr Streckensprecher einen Fahrer an, wie es seinem am Vortag im Prolog gestürzten Kollegen gehe, wie das passiert sei usw. Offenbar verstand der junge Mann aber kein Deutsch, denn er antwortete nicht.

 

Dann ging es langsam auf 13 Uhr zu und die Fahrer versammelten sich um dem blauen Startbogen in der Bahnhofsstraße. Den meisten wurde es aber schnell zu heiß und sie verzogen sich in den Schatten eines großen Hauses. Da stand ich dann, inmitten der Fahrer aus den USA, aus Schweden und der Schweiz, aus Deutschland und Holland. Und ich konnte genau das feststellen, was abc, lina und cyclist auch immer berichten, Profiradler haben scheinbar ein angeborenes Talent zum quatschen. War das ein Geschnatter!

 

Die einzigen die ruhig waren, waren die Fahrer aus Russland, da sonst keiner russisch sprach.

 

Und die jungen Herren waren die Ruhe selbst. Es waren noch fünf Minuten zum Start, da standen hinter mir noch zwei aus der deutschen Nationalmannschaft, zusammen mit einem Hofbräuer und einem US-Boy, die habe ich auch gleich noch mal geknipst, wann ist frau schon mal so nah an den Fahrern dran, zwei andere verschwanden noch schnell in die Büsche, keine Spur von Hektik!

 

Als es dann noch eine Minute zum Start war, bequemten sich dann auch die vier Herren hinter mir zu ihren Kollegen zum Start. Mit zwei Startschüssen, abgegeben von Sonnebergs Bürgermeisterin Sybille Abel, ging es dann auf die ersten Kilometer der 137 km langen Fahrt nach Bad Salzungen, der "scharfe Start" erfolgte einige Kilometer außerhalb der Stadt.

 

Ich schaute dem Feld noch eine Weile hinterher und verabschiedete mich dann schweren Herzens von Sumbarch und der Rundfahrt. In Höhnbach hab ich mir noch ein Eis gekauft und bin dann zurück nach Neustadt und am späten Nachmittag heim nach München gefahren.

 

Um 23 Uhr war ich daheim, todmüde aber glücklich.

 

Thüringenrundfahrt, ich komme auf jeden Fall wieder!


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