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Saisonbilanz Kaiku 2006

von Steamboat, Dezember 2006

&copy Fotos:  * Mani Wollner, ** www.capture-the-peloton.com, *** www.velo-photos.com



Wer ist eigentlich der größte Verlierer der Saison aus spanischer Sicht? Man könnte auf Manolo Saiz kommen, da er seinen Rennbetrieb – wie wir jetzt wissen – vorübergehend einstellen musste. Vielleicht würde die Wahl auf die Equipe von Comunidad Valenciana fallen, die sich zu Saisonbeginn glücklich schätzte, Wildcards für Vuelta und Tour zu bekommen und dann - im Zuge der Fuentes-Affäre - beide verlor und letztlich aus dem Peloton verschwand. Aber muss man jemanden bejammern, der sich vom Verdacht des systematischen Dopings bisher nicht wirklich freisprechen konnte?

"Nach der Pro Tour und vor Fuentes" hatte sich aber das eigentliche Debakel vollzogen. In Spanien wurden wie üblich von der Vuelta zwei Tickets vergeben. Kaiku machte sich nach einigen Erfolgen und akzeptablen Resultaten berechtigte Hoffnungen, eine der begehrten Wildcards zu bekommen. Allerdings gab es einige Nebenbuhler, wenn man mal von der Mannschaft von Comunidad Valenciana absieht, die schon ob ihrer Tradition und gutem Abschneiden bei der Vuelta 2005 kaum übergangen werden konnte.

Allerdings setzten die Rundfahrtorganisatoren ganz auf die Karte "Tradition" und offenkundig auf alte Verbundenheiten. Deshalb erhielt das eher farblose Team von Relax-GAM eine Startberechtigung, während Kaiku nebst Andalucia-Paul Versan und 3 Molinos Resort leer ausgingen. Man kann die Bevorzugung von Relax getrost als Benachteiligung für Kaiku werten, die sich 2005 und 2006 redlich mühten, sportliche Akzente zu setzen, während Relax eher durch Unscheinbarkeit auffiel. Es wird ebenso kolportiert, dass Relax als ehemaliger Mitveranstalter der Vuelta bei "Laune gehalten" und nicht als potentieller Rennsponsor verprellt werden sollte. Damit waren also sportliche Erfolge unbedeutend. Vielleicht gefiel den Organisatoren aber auch das gewöhnungsbedürftige rosa-graue Kaiku-Outfit nicht.

Dadurch waren die Teilnahmen an der Volta a Catalunya und an der Baskenland-Rundfahrt sowie an der Klasika San Sebastian die Höhepunkte im Kalender. Dem Sponsor, sonst beschäftigt in Sachen Milchwaren, war das nach zweijährigem Engagement zu wenig. Er kündigte bereits früh im Jahr bei der Teampräsentation an, das Sponsoring zum Saisonende einzustellen- falls keine Einladung zur Vuelta erfolge.

Daran änderte auch die Aussicht nichts, dass 2007 die Karten neu gemischt werden könnten. Der Rennstall Comunidad Valenciana wurde infolge der Verwicklungen in die Fuentes-Story aufgelöst, und der Auftritt von Relax-GAM bei der Vuelta muss als so schwach bezeichnet werden, dass man sich kaum noch vorstellen kann, dass jemand diese Equipe 2007 ohne einschneidende Modifikationen wieder an den Start bitten möchte.

Zudem blieb der Ausschluss von Comunidad Valenciana von der Vuelta wirkungslos, d.h. es wurde kein anderer Rennstall gebeten, eine Delegation zu entsenden. Man kann diese Haltung des Veranstalters ruhig als Skandal titulieren, wenngleich auch Kaiku nicht frei von Verdächtigungen schien. Da die Bereitschaft, sich im spanischen Radrennsport als Geldgeber nach den Enthüllungen in Sachen Doping zu betätigen, ohnehin gesunken ist, trug die Vorgehensweise der Vuelta-Leitung nicht zur Linderung bei, da ein Ticket eventuell dem Kaiku-Rennstall das Überleben zugesichert hätte. Demzufolge hat sich die Zahl der spanischen Professional Teams von fünf auf drei reduziert, wobei – sollte die Vuelta 2007 nach den PT-Statuten veranstaltet werden - sich ausrechnen ließe, das kaum eine andere Mannschaft dem bisherigen Kaiku-Team das Ticket streitig machen könnte.

Dennoch, Kaiku gibt es 2007 definitiv nicht mehr, das wurde bereits nach der Präsentation der Mannschaft 2006 bekannt.

Die Mühen, die sich Carlos Castano, Ricardo Serrano, Pablo Urtasun und Jon Bru stellvertretend und federführend für den Rennstall gemacht haben, mündeten in den Fällen einiger Akteure in neue Anstellungen bei anderen Teams - nicht selten auch bei PT-Mannschaften, für den Geldgeber im Aus.

Die Organisatoren der Vuelta, die Relax-GAM dem baskischen Rennstall vorzogen, wurden für ihre Entscheidung auf sportlichem Wege jedoch mehr als nur einmal abgewatscht. Und sich auf diese Art - nämlich im Rennen - für eine erlittene Schmach zu revanchieren, verdient sicherlich Respekt.



* on the road


Pro Tour

Die Baskenland-Rundfahrt bot Kaiku die Möglichkeit, auf der großen Bühne des Radsports aufzutreten. Das Team muss jede Chance nutzen, um auf sich aufmerksam zu machen, zumal der Konkurrent um die Wildcard bei der Vuelta, Relax-GAM, auch eingeladen wurde. Zwar war es zum Zeitpunkt der Austragung der Rundfahrt zu spät, noch auf eine Teilnahme zu hoffen, da die Tickets bereits vergeben waren, aber jeder Erfolg gegen den Mitstreiter war wichtig, um der organisatorischen Leitung der GT ihre falsche Entscheidung zu verdeutlichen.

Kaiku zog sich bei der Baskenland-Rundfahrt achtbar aus der Affäre. Es langte jedoch weder zu herausragenden Tagesergebnissen, noch zu einem Platz unter den ersten Zehn im Gesamtklassement. Bester war Serrano als 31. Die höchste Tagesplatzierung gelang Gustavo Cesar, der als Vierter bei der fünften Etappe an einem Podestplatz knapp vorbeischrammte.

Die Leistung bei der Katalonien-Rundfahrt musste schon besser sein, wenn man Relax deutlich in die Schranken weisen wollte. Bei der Volta a Catalunya fand dann (unfreiwillig) das Saisonhighlight statt. Während beim Prolog und den Sprintetappen für die Equipe wenig zu bestellen war, änderte sich die Szenerie bei der Etappe nach Vallnord / Andorra ganz erheblich. Bei der Bergankunft überrollte Castano die Ziellinie in Andorra nach einem Soloritt als Erster. Einen tollen Tag rundete Rodrigo Garcia mit seinem fünften Etappenplatz ab. Mit einem beachtlichen Vorsprung hatte Castano vorübergehend sogar gute Aussichten, diese Rundfahrt als Gewinner zu beenden. Allerdings verlor er am vorletzten Tag sehr viel Zeit.

Aber alleine dieser Etappensieg eröffnete dem Madrilenen einige Türen bei höherklassigen Teams und schon dafür hatte sich der Einsatz gelohnt. Leider fiel Castano noch auf den 23. Platz in der Gesamtwertung zurück, so dass sein tolles Abschneiden geschmälert wurde.

Eintagesrennen zählen sicherlich nicht zu den bevorzugten Wettbewerben der Equipe. Dennoch erhielt Kaiku eine Wildcard für die Klasika San Sebastian. Wie im Vorjahr verkaufte sich der Rennstall sehr gut. Serrano war einmal mehr Topfahrer des Teams und wurde Siebter, als es zur Sprintentscheidung einer größeren Gruppe kam. Bru hatte mit einem längeren Fluchtversuch nicht das entscheidende Quäntchen Glück und wurde gestellt.

** Teamvorstellung bei der Rheinland-Pfalz-Rundfahrt


Doping-Affäre Fuentes

Im Zuge der Ermittlungen gegen den Mediziner Eufemanio Fuentes geriet auch ein Kaiku-Fahrer in den Verdacht, Kunde des ehemaligen Arztes von Liberty Seguros und Kelme gewesen zu sein. Castano wurde als Fahrer genannt, der sich von Fuentes betreuen ließ. Damit gerieten auch seine Leistungen während der Saison ins Zwielicht. Allerdings bestätigten sich die Verdachtsmomente nicht.



Outside Pro Tour

** Podium bei der Rheinland-Pfalz-Rundfahrt mit Pablo Urtasun

Vorwiegend bestritt das Team seine Rennen auf der iberischen Halbinsel. Das sollte nicht verwundern, da nicht jedes Terrain (z.B. das Kopfsteinpflaster in Flandern) von spanischen Rennställen bevorzugt wird.

Das Gesicht des Teams prägten neben Castano besonders zwei Fahrer: Serrano und Bru. Beide sorgten für Siege des Teams und deuteten an, dass sie bereit seien, Verantwortung auf höherer Ebene zu übernehmen.

Serrano gewann eine Bergetappe bei der Vuelta a la Rioja (2.1), als er sich im Ziel gegen zwei Mitstreiter durchsetzte. Dieser Erfolg war der Grundstein für seinen Gesamtsieg dieser Rundfahrt. Ferner sammelte er weitere Podiumsplatzierungen. Herausragend sein zweiter Gesamtplatz bei der Valencia-Rundfahrt (2.1), bei der ihm auch ein dritter Etappenrang glückte. Dritter wurde er ebenso beim dritten Abschnitt der Vuelta Ciclista Asturias (2.1). Zudem stand er bei einem Eintagesrennen auf dem Podest, nachdem er bei der Clasica de Almeria (1.1) Zweiter geworden war.

Es gab aber auch negative Schlagzeilen über ihn. Kurz vor der Vergabe der Einladungen zur spanischen GT fiel er bei der Vuelta a Murcia auf Grund eines erhöhten Hämatokritwertes auf und wurde mit einer Schutzsperre belegt.



* Soloflucht

Später in der Saison fiel Serrano wieder mit sportlichen Schlagzeilen auf. Einen Tag nach der Klasika San Sebastian fand traditionell die Subida a Urkiola (1.1) statt. Auch wenn Euskaltel diesen Wettbewerb dominierte, so gelang Serrano dennoch ein hervorragender zweiter Platz hinter Iban Mayo.

Bru seinerseits gewann zwei Etappen bei der Volta ao Distrito de Santarem (2.1) in Portugal. Bei dieser Rundfahrt präsentierte sich Castano mit einem zweiten Rang bei der Auftaktetappe in guter Form. In der Heimat nahm Kaiku an der Clasica de Acobendas (2.1) teil. Hier tat sich Castano mit einem dritten Rang bei der ersten Etappe hervor. Im Endklassement erreichte er den vierten Rang.

Erneut zeigte sich Bru bei der Clasica a los Puertos de Guadarrama (1.1). Zum Schluss zählte er zu einem Quartett, das den Ausgang des Rennens unter sich ausmachte. Bru unterlag der zahlenmäßigen Überlegenheit von Comunidad Valenciana, die mit Rubén Plaza und Eladio Jiminez zwei Fahrer in dieser Gruppe hatten. Bru drängelte sich zwischen beide und wurde hinter Plaza Zweiter.

Garcia gelang ebenfalls bei einer Rundfahrt der Sprung unter die ersten drei. Er belegte den zweiten Rang bei der Andalusien-Rundfahrt (2.1).

 



*** Jon Bru

Einen Achtungserfolg bei einer Rundfahrt vermeldete Urtasun, der bei der Vuelta a Castilla-Leon (2.1) einen Akzent mit dem zweiten Etappenplatz setzte. Auch bei der Rheinland-Pfalz-Rundfahrt (2.1) erreichte er den zweiten Platz nach dem dritten Abschnitt. Gerade bei der Rundfahrt im Südwesten Deutschlands gefiel Kaiku mit einer aggressiven und attraktiven Fahrweise. Stets wagten sie Angriffe auf das Gesamtklassement und das Gelbe Trikot. Gerolsteiner konnte aber die meisten Angriffe parieren, damit deren Fahrer René Haselbacher an der Spitze blieb. Urtasun wurde aber mit dem zweiten Platz im Endklassement gebührend belohnt, während Serrano Vierter wurde und Ruben Oarbeaskoa die Bergwertung gewann.

Aber auch Urtsasun sollte sich über einen Tagessieg freuen. Bei der Volta ao Alentejo (2.1) setzte er sich im Finish der ersten Etappe durch. Am nächsten Tag erreichte er noch einen dritten Platz. Beim Abschluss dieses fünftägigen Wettbewerbs in Portugal fuhr Gustavo Cesar ebenso einen dritten Etappenplatz ein.

Ein anderer Fahrer ließ sich bis in den Sommer Zeit, bis er auffiel. Javier Ruiz wurde Dritter bei der vierten Etappe der Asturien-Rundfahrt. Er hatte sich einer Spitzengruppe angeschlossen, aus der heraus er ein akzeptables Ergebnis erzielte.

Bei der Volta a Portugal (2.HC) ging auch eine Delegation an den Start. Die Fahrer blieben größtenteils im Hintergrund. Die Ausnahme bildete die fünfte Etappe. Cesar gewann diese, als er als Solist das Ziel einer Bergankunft erreichte.

Gute Resultate bei Eintagesrennen haben für Kaiku Seltenheitswert. Eine Ausnahme bildet sicherlich der zweite Platz von Adrian Palomares beim GP Fourmies (1.HC). Den Sieg zwar vor Augen musste er aber Philippe Gilbert noch ziehen lassen. Dafür rang er Michel Albasini aber im Kampf um den zweiten Rang nieder.



Zwischen die Speichen gesehen...

** Materialshow

Trotz sieben Saisonsiegen und etlichen Podiumsplatzierungen, nämlich insgesamt 24, trotz eines starken Auftritts bei der Volta a Catalunya, wo Castano zwei Tage im Leadertrikot fuhr, trotz eines akzeptablen siebten Ranges bei der Klasika, muss man nach der Saison Trauer tragen. Der Sponsor tritt ab und hinterlässt ein Team, das nicht zeigen durfte, dass es noch mehr kann, als es 2006 dargeboten hat.

Dabei überzeugte der Rennstall häufiger und hätte einen höheren Stellenwert verdient. Leider haben wichtige Personen in diesem Sport den Glauben an dieses Team verloren. So bleibt eigentlich nur der Rückzug, und die Sportler werden zunächst in die Arbeitslosigkeit entlassen. Natürlich hat man sich empfehlen können. So wird man auf die Gesichter, die das Bild bei Kaiku prägten, nicht gänzlich verzichten müssen.

Besonders Castano, Serrano, Bru, Urtasun, Cesar und Garcia ermöglichten durch ihren Einsatz dem Rennstall 10 PT-Punkte und Platz 13 in der UCI-Teamwertung. Serrano belegte einen starken 9. Rang in der UCI-Europe. Dort fanden sich auch Garcia (109.), Urtasun (111.), Palomares (137.) und Bru (148.) unter den ersten 200 Fahrern wieder. Diese Ausbeute kann sich sehen lassen. In der imaginären Acht sind sie dementsprechend auch vertreten.

Man muss aber vor dem Gang in die ewigen Drahtesel-Jagdgründe die Saison Revue passieren lassen. Vier zweite Plätze bei Eintagesrennen – und das als spanisches Team. Ein Rundfahrtsieg und drei zweite Plätze – auch im Klassement konnte Kaiku Akzente setzen.



* Unterwegs auf rheinland-pfälzischen Straßen


Top Acht

** Ricardo Serrano

Castano - Serrano - Bru - Garcia - Cesar - Urtasun - Palomares - Losada

Castano: Er besiegte die starke Konkurrenz bei der Königsetappe der Volta a Catalunya. Die Rundfahrt gewann er nicht, aber er verschaffte sich Respekt.

Serrano: der siebte Platz bei der Klasika San Sebastian - dazu gewann er noch die Rundfahrt Vuelta a Rioja. Auch nicht schlecht seine zweiten Plätze bei der Clasica Almeria sowie bei der Volta A La Comunitat Valencia. Das ergab in der UCI Liste für Europa einen einstelligen Platz. Allerdings stimmt sein Hämatokritwert in dieser Sportart nachdenklich. Auch sein Wechsel zum Tinkoff Team ist nicht frei von Skepsis.

Bru: Zwei Etappensiege in Portugal und ein starker zweiter Platz in Guadarrama. Ihn sieht man 2007 bei Euskaltel wieder.

Garcia: Ein starker zweiter Platz im Klassement der Andalusien-Rundfahrt war ein gutes Argument. Dann noch ein gelungener Auftritt in Katalonien, eigentlich ein Mann für die Pro Tour.

Cesar: Ein Etappensieg bei der Portugal-Rundfahrt (HC). Dazu noch ein vierter Etappenrang bei der Baskenland-Rundfahrt. Er folgt Castano zu Karpin-Galicia.

Urtasun: Ein Etappensieg bei der Volta ao Alentejo, dazu noch ein hervorhebenswertes Ergebnis in Rheinland-Pfalz. Er wechselt zum portugiesischen Team LA-Aluminios-MSS .

Palomares: Etwas unter den Tisch gekehrt wird sein zweiter Platz beim GP Fourmies. Bei Fuerteventura-Canarias demnächst im Aufgebot.

Losada: Platz sieben bei der Vuelta a Rioja, die sehr erfolgreich für Kaiku verlief. Für Losada geht es bei Caisse d'Epargne weiter.

 



Ausblick

Das Team zersplittert in kleine Gruppen und Einzelpersonen. Einige sind noch auf der Suche nach einem neuen Financier. Losada machte den besten Griff, er wird künftig Alejandro Valverde bei Caisse d'Epargne unter die Arme greifen. Serrano startet künftig für Tinkoff. Ob der Wechsel allerdings so sinnvoll ist, bleibt abzuwarten.

Ein Trio startet künftig für Euskaltel. Bru nimmt Dionisio Galparsoro und Jorge Azanza mit zum Konglomerat baskischer Sportkultur. Nicht in der ersten Radsportliga wird Castano 2007 starten. Er wechselt zu Karpin-Galicia und nimmt Cesar mit. Palomares wird im Professional Team von Fuerteventura-Canarias zu sehen sein.

Um dieses Team ist es wirklich schade.

 


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