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Doping im Radsport









Erklärungen/Meinungen /Forderungen betreff UCI, Pat McQuaid und Hein Verbruggen u.a. nach Veröffentlichung des Armstrong-Dossiers durch die USADA 2012

 

- David Miller - Jonathan Vaughters - Jean Regenwetter (FSCL) - Jaimie Fuller (SKINS) - Richard Pound - Trevis Tygart - John Fahey (WADA) - Robert Millar - David Chauner (ACG) - John Hobermann -

 



12.10.2012 David Millar und Jonathan Wauters, Team Garmin-Sharp

David Millar:

"The UCI had all the blood data, the medical reports, it was part of the culture of the sport and in the big races the majority of riders were doing it on drugs.

 

"There was only a tiny minority getting good results without drugs and they really were the outsiders.

 

"The first step for the UCI is that Verbruggen has to be removed.

 

"There is no doubt about that - [current president] Pat McQuaid has to distance himself because it was under Verbruggen's presidency that it was at its worst and yet there were all these denials coming from the UCI.

 

"He was at the head of organisation with the biggest doping problem in history of sport." (The Telegraph, 12.10.2012)

 

Jonathan Wauters:

“Obviously I think that there needs to be thorough and independent look at the leadership and what was going in at that time. The strategic and executive leadership during the period of time that the USADA investigation covers needs to be examined in a thorough manner.”

 

“So of the decision making that has gone on there in the past needs to be audited and reviewed. This investigation is a catalyst to make that happen.” (cyclingnews, 12.10.2012)





17.10.2012 Jean Regenwetter, Präsident des Luxemburger Radsportverbands

17.10.2012 Jean Regenwetter, Präsident des Luxemburger Radsportverbands:

 

Herr Regenwetter, wie verhält sich die UCI im Fall Armstrong?

Leider ist die Führung der UCI völlig intransparent. Eine Aussprache über essenzielle Dinge fand nie statt. Wenn ich eine Debatte anstoßen wollte, zum Kampf gegen Doping oder die Installation der ProTour-Rennserie, dann wurde das in der Tagesordnung unter dem Punkt Verschiedenes abgehandelt. Der kam um 13 Uhr dran, wenn alle Delegierten schon halb auf dem Weg zum Mittagessen waren.



Pat McQuaid, Oktober 2012:
"Another thing that annoys me is that Landis and Hamilton are being made out to be heroes. They are as far from heroes as night and day. They are not heroes, they are scumbags [Drecksäcke]. All they have done is damage the sport."

UCI-Chef Pat McQuaid hat im September in Valkenburg eine Amnestie für Doper vorgeschlagen. Wie lief das ab?

Er wollte einen Schlussstrich unter die Vergangenheit ziehen. Nach dem Motto: Wir schauen nur noch nach vorne. Er sagte, die Medien seien dabei, den Radsport zu vernichten. Von Selbstkritik keine Spur. Es gab zum Inhalt seines Antrags keine schriftliche Vorlage für die Delegierten. Als ich McQuaid darauf angesprochen habe, hat er sich entschuldigt. Er hat gesagt, er habe bis morgens um sieben an der Sache gearbeitet und keine Zeit mehr für eine Vorlage gehabt. Ich habe bis heute davon nichts gesehen.

...

Welche Rolle spielt UCI-Ehrenpräsident Hein Verbruggen?

„Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass er immer noch die Fäden bei der UCI in der Hand hält. Ein deutliches Indiz war für mich, dass er beim Kongress in Valkenburg anwesend war, zwei Tage lang.

...

Gibt es keine Opposition?

Bei den Kongressen läuft das immer nach dem gleichen Muster ab: Da wird ein Bericht gemacht, dann werden bunte Bilder gezeigt, damit sich die Delegierten nicht langweilen, und dann gibt es einen Film über Entwicklungshilfe. Über die Probleme des Radsports wird nicht debattiert. Die Föderationen werden vor vollendete Tatsachen gestellt. Die Entscheidungen fallen im Verwaltungsrat.

...

Was wollen Sie erreichen?

Eine unabhängige Instanz, die einen Bericht macht.

 

Worüber?

Über das, was im Hintergrund passiert. Nehmen wir 2008, als die UCI mit der ASO Probleme hatte, mit der Organisation der Tour. Die UCI wollte an der Tour mitverdienen. Ganz plötzlich war alles in Butter. Ich möchte mal wissen, was da alles gelaufen ist.

 

Fordern Sie Konsequenzen im Fall Armstrong?

Es wäre logisch, wenn die Anschuldigungen der Usada stimmen, dass alle Verantwortlichen bei der UCI ihren Hut nehmen. Aber ich fürchte, dass das nicht passieren wird. Oder sie äußern sich mal vor einem Kongress und sagen, was da alles schiefgelaufen ist.

... (Berliner Zeitung, 17.10.2012, s.a FAZ, 22.9.2012)

 

Siehe auch FAZ, 28.10.2012: „Der Radsport muss Tabula rasa machen“

 





18.10./ 4.11.2012 Jaimie Fuller, Chairman SKINS International Trading AG

Bert Bruggink, Rabobank,
über den Ausstieg aus dem Radsport-Sponsoring:
“It is with pain in our heart, but for the bank this is an inevitable decision. We are no longer convinced that the international professional world of cycling can make this a clean and fair sport. We are not confident that this will change for the better in the foreseeable future.” (Rabobank, 19.10.2012)

18.10.2012 Jaimie Fuller, Chairman der SKINS International Trading AG, seit 5 Jahren u.a. Sponsor des Teams Rabobank und des Australischen Radsportverbands, wandte sich mit einem Offenen Brief an die UCI und verlangte von ihr umgehende Maßnahmen und Äußerungen in Bezug auf die USADA-Enthüllungen und die immer dichter werdenden Vorwürfe, die die UCI-Spitze selbst betreffen.

 

Am 4.11.2012 leitete SKINS International Trading dann rechtliche Schritte gegen McQuaid und Verbruggen ein und verlangt Schadensersatz von Hein Verbruggen und Pat MC Quaid. Der Firma sei durch die Enthüllungen im Fall Armstrong und die damit verbundenen Erkenntnisse über die fehlende Antidopingpolitik der beiden Funktionäre ein Schaden von 2 Mio Dollar entstanden. Vertrauen in die Schaffung einer unabhängigen Aufklärungskommission sei unter der Leitung der UCI nicht vorhanden. 22 Jahre hätten nur zwei Personen die Leitung des Verbandes inne gehabt und SKINS sehe beide direkt verantwortlich für die vorhandene Kultur des Verleugnens.

 

>>Offener Brief, 18.10.2012: An Open Letter to Mr. Pat McQuaid, President UCI from Jaimie Fuller, Chairman SKINS

 

>>> The UCI. Why our hand has been forced into taking legal action.

 

Jamie Fuller ist maßgeblicher Mitbegründer der Initiative Change Cycling Now, die sich Ende November 2012 gründete und in der prominente Antidopingkämpfer zusammen mit dem Ziel schlossen und schließen nachhaltige Änderungen im Internationalen Radsport herbei zu führen:

We believe that cycling must fundamentally shift how the sport is managed including the implementation of independent anti-doping.

>>> Change Cycling Now

 



Interview Jamie Fuller, SZ 27.11.2012

...

Es gibt ja in der gesamten Radsport-Industrie ein gewaltiges Unbehagen darüber, wie wir vom Weltverband präsentiert werden. Aber ich hatte nicht vor, die harte juristische Tour zu fahren. Ich wollte, dass McQuaid und Verbruggen zurücktreten, die zwei, die seit 22 Jahren an der Spitze der UCI stehen. Dass sie sagen, die Sache wird zu heiß, wir hauen jetzt besser ab.

...

ich war dumm. Ich hätte nie geglaubt, dass diese Leute so unglaublich schamlos sind. In jeder Organisation oder Firma, die ich kenne, würde der Vorsitzende abtreten. Umso mehr spüre ich eine Verpflichtung - weil ich jetzt die Bedeutung verstehe für die weltweite Sportverwaltung, wenn unsere Klage Erfolg hat.

...

Ich nenne diese Gebilde eine krebsartige Kultur der Korruption. Im Radsport sehen wir eine Gruppe von Männern - der Managementvorstand der UCI hat 19 Männer und keine Frau -, die um die Welt jetten, in Fünf-Sterne-Hotels logieren, einander auf den Rücken klopfen und vorschwärmen, wie wundervoll sie sind. Eine signifikante Menge dieser Leute verfolgt eigene Interessen. Ich glaube nicht, dass Sport ihre oberste Priorität ist, sondern die eigene komfortable Situation. Die an der Spitze füttern die an der Basis, und die Basis füttert die an der Spitze. Manche dieser Clowns bezeichnen sich sogar als Exzellenzen, sie halten sich für Diplomaten. Aber jetzt können wir einen rechtlichen Präzedenzfall schaffen und eine Sportorganisation zur Rechenschaft ziehen. Das ist höchst attraktiv.

...

Da gibt es zwei Gruppen [von Sponsoren]. Die einen sind in der Radsport-Industrie, da kriegen wir keine öffentliche Unterstützung. Diese Firmen haben furchtbare Angst, dass die UCI etwas gegen sie tun könnte. Sie brauchen Zulassungen und Freigaben der UCI für ihre Produkte, Räder, Helme. Was Sponsoren abseits der Radindustrie angeht, bin ich in Gesprächen mit einigen Vorständen.

...

Ich kenne ihren [von Rabobank] Standpunkt, weiß aber nicht, was sie publik machen wollen. Auch habe ich zehn Präsidenten in der Industrie angesprochen. Zwei haben geantwortet. Einer sagte ab. Der andere hat mir die Einschüchterungstaktiken der UCI dargelegt. Überall ist das ein Thema: Einschüchterung. Das geht bis zu den Fahrern, mit denen ich auch spreche.

... Gute Fahrer, intelligente Leute. Ich hätte ihre Standpunkte gern öffentlich gehört, aber sie haben Angst vor Repression. ... Ich denke, der Armstrong-Faktor wird unwichtig für die Fahrer. Es geht um die UCI.

...

Ich rede mit einer Menge Leute, viele wollen helfen, es gibt enorm viele Informationen. Das hat Wirkung auf die UCI. Man muss nur die zwei Dinge sehen, die sie jetzt probiert. Erstens: So auszuschauen wie eine Organisation, die ihren Job macht. Und zweitens: Die Schlüssel-Botschaft der Affäre zu verwässern. Die lautet: Es gibt eine krebsartige Korruptionskultur in der UCI.

...

Für ein richtiges Anti-Doping-Programm müssen der UCI die Tests weggenommen werden. Das ist doch klar. Um den Verband für die Zukunft neu aufzustellen, müssen wir unbedingt wissen, was in der Vergangenheit passierte. Wer hat in der UCI wann was gewusst? Dafür braucht es eine unabhängige Ermittlung - die von der Wada geführt werden muss. Was mich gar nicht überzeugt, ist das, was jetzt passiert ist: Es wurde ein IOC-Mitglied beauftragt, einen Ausschuss zu erstellen zur Untersuchung von zwei Personen, die aufs Engste mit dem IOC verbunden sind.

...

Also, Schritt eins: Lasst uns schauen, was passiert ist - ohne Angst vor der Wahrheit. Wenn wir eine Ermittlung gegen UCI-Leute haben, bei der die Ermittler an die UCI berichten oder von ihr kontrolliert werden, ist das ein klarer Interessenskonflikt. Das ist als ob man 125000 Dollar von Armstrong als sogenannte Spende kassiert - im Geist eines sauberen Sports! Das ist pervers. Zweitens: Wir müssen von den Fahrern wissen, was sie taten, wie es ablief, wer geholfen hat. Und das Wichtigste: Wie sind sie damit durchgekommen? Wir müssen den Fahrern die Chance geben, diese belastenden Informationen abzuladen. Das geht nicht über eine Hotline, wie es die UCI jetzt macht. Ein Witz. Warum nicht gleich eine Hotline direkt zu McQuaid?

...

Entweder wir tun etwas, oder wir lassen es. Wir können sagen: Oje, das schaffen wir sowieso nicht. Oder wir suchen all die Leute, die sagen, wir haben die Nase voll - das muss aufhören. Also lasst es uns ändern.

...

Interview: Thomas Kistner





19.10.2012 Richard Pound, ehemaliger WADA-Präsident

19.10.2012 Interview der Süddeutschen Zeitung mit Richard Pound im Vorfeld der UCI-Entscheidung zu Lance Armstrong:

... ich denke, dass jetzt - auch zum Leidwesen für all die Menschen, die es nie wissen wollten - völlig klar ist, wie schlimm die Dopingzustände immer waren und noch sind. Der Radsport muss nun Glaubwürdigkeit zurückgewinnen. Das wird er mit einer unvollständigen Aufklärung nic



...


Ist es glaubwürdig, wenn die UCI ausgerechnet mit den Führungsfiguren weitermacht, die in der Ära Armstrong am Ruder waren, Ehrenpräsident Hein Verbruggen und der von ihm 2005 als Nachfolger durchgeboxte Verbandschef Pat McQuaid?

Es könnte sein. Wenn sie zugeben, dass sie härter gegen Doping hätten durchgreifen müssen, wenn sie einräumen, dass sie ein Problem in ihrer eigenen Zuständigkeit hatten. Und wenn sie jetzt einen überzeugenden Plan haben - und diesen Plan umsetzen.

...

Sind Sie sicher, dass die UCI-Spitze seit langem wusste, was um Armstrong und dessen Team ablief?

Die Verbindungen der Leute in diesem Sport waren zu eng und die Interessenskonflikte waren zu offensichtlich für all diejenigen, die nahe dran sind, als dass man es nicht hätte merken können. Ich bin nicht in der Lage, konkrete Daten nennen zu können, aber ich denke, dass der Usada- Bericht einige Hinweise geben wird. Offenbar dachten die Radprofis ja, dass es einen Austausch von Informationen (zwischen Lance Armstrong und dem Verband, d. Red.) gab.

 

Armstrongs Sündenfall 1999, der mit nachträglich fabrizierten Rezepten ausgebügelt wurde, der mutmaßliche Positivfall 2001, seine sechs wissenschaftlich klaren Epo-Befunde, die 2005 publik wurden, seine insgesamt 125000 Dollar Spendengelder an die UCI, seine von stetem begründeten Verdacht umspülten Erfolge in einer Ära, in der alle großen Rivalen aufflogen - lässt sich die UCI zur Rechenschaft ziehen für all das, was sie geschehen ließ?

Ich würde mir einen Prozess der Wahrheitsfindung und Aussöhnung unter den Fahrern und Team-Offiziellen vorstellen. Ob so etwas die UCI-Führung mit einschließt, müssten dann die Mitglieder entscheiden. Ich nehme aber an, dass auf der Grundlage der Beweise (der Usada gegen Armstrong und Umfeld, d. Red.) auch die Behörden in manchen Ländern prüfen, ob sie intervenieren sollten.

 

Was meinen Sie damit?

Dass die Kriminalbehörden in einigen Ländern ein Interesse daran haben könnten, mutmaßliche Meineide, Renn-Manipulationen und Transaktionen rund um Drogensubstanzen zu untersuchen.

...

Sie haben moniert, die UCI habe all die Jahre viel zu lasche Kontrollen durchgeführt - mit enormen Zeitfenstern für Doper. Die Fahrer wurden morgens und damit nicht nahe genug an den mittäglichen Startzeiten um ein oder zwei Uhr getestet. Und sie durften sich nach Ende der Rennen erst mal eine Stunde lang unbeaufsichtigt zurückziehen, bevor der Kontrolleur kam. Hat die Wada beim Radweltverband nie darauf gedrängt, diese riesigen Lücken zu stopfen?

Doch, das haben wir getan. Einmal habe ich es sogar ganz speziell bei einem Besuch im UCI-Hauptquartier in Aigle getan.

...

Sie haben es nicht kommentiert, außer dass sie ständig wiederholten, sie seien der einzige Verband, der so viele Kontrollen mache. Ihr Testprozedere haben sie nicht geändert.

...

Zwölf Teamkollegen Armstrongs räumen Doping ein, 16 beichten insgesamt. Nicht mal mehr Nike glaubt das Märchen vom sauberen Lance. Zugleich gibt es Profis, die mit Armstrong fuhren wie Jekimow, Yates, Popovic, Winokourow und andere, die weiter die Omerta pflegen, das mafiöse Schweigegelübde. Die Doping bestreiten. Und diese Leute fahren immer noch, oder haben zentrale Positionen in Rennteams wie Katjuscha. Wie soll da ein Neuanfang aussehen?

Wenn es ein neues Kapitel geben soll für den Radsport, dann wird das zuvor die absolute Aufklärung und Aussöhnung von allen brauchen. Und das gilt nicht nur für die Fahrer. (SZ, 19.10.2012)





22.10.2012 Trevis Tygart (USADA)

Trevis Tygart, USADA, sprach sich für eine unabhängige Untersuchungskommission aus, denn nur so sei dem Radsport Glaubwürdigkeit zu beschaffen, die Aufdeckung der Causa Armstrong sei nur ein Schritt dahin gewesen. Folgendes Zitat stammt von VeloNews am 22.10.2012:

“It is essential that an independent and meaningful truth and reconciliation commission be established so that the sport can fully unshackle itself from the past.

“There are many more details of doping that are hidden, many more doping doctors and corrupt team directors, and the omerta has not yet been fully broken. ...

“There must be more action to combat the system that took over the sport,” Tygart said, proposing a panel to receive confessions from dopers that have not yet come forward.

“Only an independent truth and reconciliation commission can fully start cycling on the path toward true reform and provide hope for a complete break from the past.”

 

Im Guardian vom 19.12.2012 sagte Tygart über die UCI:

"Actions speak louder than words. They [UCI] had an opportunity to support us from the beginning and not do a flip-flip and attack us in the press, attack our authority, attack our jurisdiction. Then they had an opportunity to fully embrace the right outcome, which the entire world – including a number of corporate sponsors – embraced and not again justify or look for excuses for their failure," says Tygart forcefully. "It's not about assigning percentages to failure. Anyone who cares about clean athletes, whether you run the sport of cycling, or run an anti-doping agency or are in the media or sports fans, we have collectively failed if we have condoned or failed to stop a culture that is rife with cheating. We should all take responsibility for that and find definitive ways to recognise the problem, fully expose it and find ways to ensure it never happens again.

"The justification that came out seemed to be full of excuses, not solutions going forward. It's very selfish. It's very self-interested, rather than being for a bigger purpose or a bigger vision. It's very defensive."

...

How in the world does this happen on someone's watch and that person not feel any sense of responsibility about it? That's an obvious question that should be pursued."





23.10.2012 Robert Millar, Radprofi von 1980-1995

Robert Millar, erfolgreicher schottischer Radprofi (Bergfahrer), später Trainer und Journalist, sieht die UCI in einem Dilemma. Zum einen muss sie der Entscheidung der USADA zustimmen, zum anderen ist sie bemüht, sich nicht selbst zu belasten. Ein schwieriges Unterfangen, durch das der Verband nur noch unglaubwürdiger wurde.

"So they did what they have been doing for too long now: they produced the bare minimum, they gave the political answers, dodged the hard questions and hid behind USADA's reasoning. Realistically, they had no choice but to accept the evidence put before them because any other challenge or inspection opened them up to even more criticism. And yet by doing the minimum those questions will still come. We still want the answers to the questions they don't want to hear.

The UCI can deny there was any link between the Armstrong donations and the suspicious test results and Pat McQuaid can try to place all the blame onto the riders for the blood doping and EPO abuse but everyone is beginning to see beyond that defence. ...

1998 was the warning that the 50% limit chosen by the UCI two years earlier was an open invitation to dope to that level. The teams of the period, as teams had always done, expected the rules to be pushed and organised themselves as they thought fit. The UCI said it was 50% to protect riders’ health and just ignored the sudden emergence of the 75kg climbers.

...

After Festina, it was the supposedly the new era but the UCI limits were still the same and the problem moved even more into the shadows. The risk of longer bans or prison for the guilty didn't deter the preparers, it just made them smarter. Now we know what that meant: micro-dosing, blood transfusions and serious planning to avoid the testers.

...

What the UCI have done during the EPO era has been far from enough, they have let down a generation of fans, riders, sponsors and supporters. They and the people behind the 50% farce have been lucky that there weren't deaths. The UCI have been dragged forward by one scandal after another and now the social media generation has cried enough. It's no longer a carefully selected group of people asking if they think it was alright for Armstrong to be invited to respond to a dubious test result. It's all of us shouting: What ? And you took donations from him afterwards? And you thought that was OK? And maybe he asked how you reached those results and you thought he was being helpful? And it's still a 50% limit today despite the evidence that it isn't normal?

This mess is as much down to what the UCI hasn't done as much as it is the fault of all those who supplied, advised, facilitated and expected the use of EPO and blood doping.

...

If the UCI wants to stay (in charge) then things are going to have to change and they could do well to start with the difficult questions." (cyclingnews, 23.10.2012)

 





31.10.2012 David Chauner, Managing Partner of the American Cycling Group (ACG)

David Chauner, erfolgreicher Fahrer in den 60er und 70er Jahren und (Mit-)Organisator einer Vielzahl von Radsportveranstaltungen, fordert den in der Armstrong-Causa mitbelasteten USamerikanischen Radsportverband in einem Offenen Brief auf, die Bildung einer Kommission zu unterstützen, die die schwarze Vergangenheit des Verbandes aufarbeitet und fordert eine signifikante Erhöhung der Kontrolldichte bei den Amateurrennen.

Der Offene BRief wurde auf velonation am 30.10.2012 veröffentlicht (s.a.VeloNews, 30.10.2012).

 

AMERICAN CYCLING MUST LEAD THE FIGHT AGAINST DOPING

Is the Sport’s Leadership up to the Task?

 

By David Chauner

 

The recent revelations about the systemic doping by Lance Armstrong and his US Postal Service squad tell an ugly truth: American champions and an American team led the world in an unseemly practice that was traditionally linked to dirty, low class European cycling subculture. This is a threat to American cycling’s credibility that must be faced swiftly and decisively.

 

The first few who broke the ironclad Omerta code were branded as liars and misfits, not only by fans who refused to believe their deception, but also by people in the UCI and USAC who govern cycling. As the ripple of truth became a tsunami, Armstrong’s denials began to appear as bizarre as the doping system he fostered. The discredited admissions by Landis, Hamilton and others suddenly gained credibility.

 

Fortunately, USADA relentlessly and thoroughly pursued the truth despite the cries of “witchhunt” by those who failed to see, or wanted to hide, the deception. Strong anti-doping advocates and investors in the sport like Americans Bob Stapleton and Doug Ellis stepped in to finance Tour de France teams that raced clean and won races. Their teams, High Road and Slipstream Sports, attracted top riders who no longer wanted to be part of the doping culture. The doctors, trainers and team directors who orchestrated doping practices are finally being identified, disgraced and drummed out of the sport. And the new young American superstars like Taylor Phinney and TJ Van Garderen (sic) are now brought up in the sport by mentors who help them perform clean. Gone are the days when the only road to the top was littered with needles, pills and blood bags.

 

Progress is being made... but are those days truly gone?

 

In the U.S., cycling insiders were shocked as recently as 2010 when an average pro, Joe Papp, admitted to supplying EPO to some two hundred clients, including amateurs, lesser pros and even age category masters who sought to improve results in local, national and international races held across the U.S. Most have never been caught, in part because of the common knowledge that drug testing by the U.S. Anti-doping Agency (USADA) is costly, not subsidized through USAC sanction fees and beyond the budgets of most race organizers.

 

Rumors are rife, but unproved, that some foreign riders have come to race here and have joined American teams because testing is sporadic and there is now enough cash in prize lists and team contracts to make a decent, albeit modest, living. Putting aside the new moral outrage against doping, there are still those who ignore the ethical issue in favor of a bigger prize check. As Jonathan Vaughters, director of the Garmin pro team, said in a recent New York Times article “...the rules must be enforced, and the painful effort to make that happen must be unending and ruthless”.

 

For many who closely follow cycling, USAC is perceived as being too closely aligned with the UCI. The controversial world governing body has come under intense scrutiny and is accused of being weak, late and indecisive in the fight against doping, sometimes turning a deaf ear in the face of overwhelming evidence. And, according to ongoing accusations, the UCI has even been complicit in covering up positive drug tests. Implicated by association and its own failure to take decisive action, USAC must now set itself apart from the UCI by asserting world leadership in restoring a clean, level playing field to competitive cycling.

 

According to USAC’s CEO, Steve Johnson, the organization is committed to a clean sport but admitted: “USAC sanctions three thousand races every year. Testing at events is costly and relies primarily on USADA’s ability to conduct random tests.” He also said that USAC was open to considering all options to fight the problem. Most of USAC’s membership would agree that it is time for swift, decisive action.

 

A review of USAC’s annual report and budget from 2011 shows that the organization had 70,829 members and generated $11,763,000 in total revenue through license fees, team affiliations, event sanction fees, grants, donations and corporate sponsorships. Nowhere in the annual report or financial statements was there reference to a policy against doping or any line item in the budget indicating that the organization was spending any money to investigate or combat the problem, despite the fact that 2011 was a year after Joe Papp’s revelations and admissions by Floyd Landis and others that doping had reached epidemic proportions.

 

A lack of serious commitment, indecisive and slow action on the national level by USAC has spawned local efforts to fight doping by stakeholders who have a vested interest in keeping the sport clean. Race promoters and teams who depend upon public support and corporate sponsorship are organizing grass roots anti-doping efforts and raising funds to pay for guaranteed testing by USADA. One such effort was launched by Florida Clean Ride, a non-profit organization “designed to facilitate USADA testing at Florida road cycling events and ensure fair competition at the local amateur level.” According to their director, Jared Zimlin, there was enough suspicion of doping in local events to take action. Through donations from clubs, teams and sponsors they raised $17,000 and secured USADA testing at seven Florida events this year. Zimlin is now confident that cheaters are being driven away.

 

USADA’s Sport Testing & Resources Director, Andrew Morrison, says that the cost of testing all 37 of USAC’s national calendar road events, up to sixty additional sanctioned races around the country and a stronger promotion of anti-drug education would cost approximately $6,000 per event or roughly $600,000 per year. This may seem a lot for USA Cycling, an organization with an annual budget of only $12 million. But is 5% of total annual expenditures not a wise investment to help ensure that sponsors remain committed to cycling, support its membership cry for committed action against doping and offer a clean path for young athletes to follow their dreams? In light of the current credibility crisis, an investment in clean cycling should be an even bigger percentage of USAC’s annual budget.

 

USAC owes this to its membership and to the public. Its leadership must prioritize ways to reallocate budget and raise new funds specifically earmarked for a strong, independent, anti-doping program.

 

When there was a need to improve international racing results, USAC recruited Thom Weisel, the wealthy patrone behind the rise of Armstrong’s US Postal Service team, to raise money for USA Cycling’s National Development Program whose aim is “to provide promising young athletes with the tools they need to excel at the highest levels of professional cycling.” Millions of dollars flooded in from Weisel’s high profile “Champion’s Club” and smaller donors across the country. Few will deny that our top pros obtained the tools they needed to win at the highest levels. Unfortunately, we now know those “tools” included EPO, steroids, hormones and blood transfusions.

 

Now USAC needs to drive the same effort to banish the illegal tools and “provide promising young athletes with the assurance that they can excel at the highest levels of professional cycling without the need for artificial performance enhancements.”

Why not recruit some of the well-connected Champion’s Club members of USAC’s Development Foundation to lead an independent “Clean Cycling Commission”? Charge this Commission with raising at least $1 million annually to ensure USADA testing and education at most key American events.

 

The Clean Cycling Commission could solicit and publish contributions and corporate donations from companies that have a vested interest in ensuring that competitive cycling is a clean sport? Companies like Nike, Trek, Oakley, Bell, Giro, SRAM and others have denounced dopers they sponsored but still express commitment to cycling because of the broad customer base the sport provides them.

 

And what about the top cyclists who have come clean and now say they want to help clean up the sport? Perhaps they should use some of the money they made fraudulently to help fund the Clean Cycling Commission, an important goal of which will be to save young riders from facing the agonizing choice that led them to the dark side.

 

Given that American riders and an American team have been leaders in conducting one of the most egregious doping programs in the history of cycling, it is imperative that USAC prioritizes and helps fund a tough, independent program that turns the tables from being perceived as lax on anti-doping measures to leading strong reform.



2012 / 2013 John Hoberman, Sporthistoriker, Mitglied von CCN

John Hoberman hat schon früh über die Geschichte des Dopings geschrieben. Er wurde von der westdeutschen Dopingrealitäten und -diskussionen, die in den 1970er Jahren von den deutschen Medien ausführlich und kritisch begleitet wurden, zu seinen Studien motiviert.

Seine beiden Bücher Sterbliche Maschinen und Testosteron Dreams gehören zu den Standardwerken der Dopinggeschichte.

 

John Hoberman gehört zu den Gründungsmitgliedern von Change Cycling Now.

In einem Interview mit dem Deutschlandfunk, gesendet am 9.12.2012, erläutert er seine Motivationen im Rahmen von CCN für eine Erneuerung des Weltradsports zu arbeiten.

 

Am 4.1.2013 veröffentlichte VeloNews ein langes Interview, in dem er noch etwas ausführlicher seine kritische Betrachtung der UCI darlegte. Zudem schlägt er den Bogen zum IOC. Ausführlich beschreibt er die Einbindung des IOC in das jahrzehntelange Sportdoping und dessen Korruptionsgeschichte und der damit einhergehenden engen Verzahnung zwischen einzelnen Weltverbänden. Rollen darin spielen auch Verbruggen und Kommissionsvorsitzender John Coates. Diese Verzahnung lassen nach Meinung Hobermans, neben anderen Punkten, erhebliche Zweifel daran aufkommen, dass mittels der Kommission die Einbindung der UCI in vergangenes Dopinggeschehen gründlich aufgearbeitet werden kann.

VeloNews: Hoberman Q&A: Outlining corruption, doping collusion at the IOC, UCI

 



Zitate aus dem Interview vom 9.12.2012:

...

Seit Langem sind wir mit dem Benehmen und den Werten dieser Leute [der UCI-Spitze] vertraut. Ein gutes Beispiel dafür ist Hein Verbruggen, der zwischen 1991 und 2005 Präsident der UCI war. Heute ist er Ehrenpräsident. Jahrelang ist dieser Mann in mehreren dubiosen Affairen verwickelt gewesen. U.a. ist das Thema Bestechung aufgetaucht, aber das Wichtige im Fall Verbruggen hat mit seinen berüchtigten Äußerungen zum Dopingthema zu tun. Der Verbruggen hat es in der Tat seit Langem klar gemacht, dass er Dopinggegner verachtet, dass er für die Dopingkatastrophen seiner Amtszeit keine Verantwortung trägt. Er hält sich für schlicht unantastbar.

Das scheint erstaunlich bis man sich daran erinnert, dass diese Mentalität ganz typisch für die mächtigen Sportfunktionäre der Welt ist. Immer wieder aber, wird man überrascht, wenn man den Mythos des Hochleistungssports mit der Wirklichkeit vergleicht.

...

Der aktuelle Erfolg der CCN-Gruppe ist doch höchst überraschend meiner Meinung nach. Heute gibt es im Radsport eine große Nachfrage für Glaubwürdigkeit und diese Glaubwürdigkeit kann die UCI nicht liefern. Aus diesem Grund sind sie auf der Flucht, in dem Sinne, dass sie versuchen sich durch die Bestrebungen der sogenannten Unabhängigen Kommission zu verteidigen. Diese Sportfunktionäre sprechen immer wieder von ihrem guten Gewissen ganz einfach weil sie überhaupt kein Gewissen in diesem Bereich haben.

...

Hier lautet die relevante Frage, Kooperation mit wem bitte, mit McQuaid und Verbruggen, die sich in ihren Büros hinter eine sog. unabhängige Kommission verschanzt haben? Die UCI war im Bericht der US-Antidopingagentur, der USADA, über Armstrong indirekt beschuldigt worden, positive Dopingproben des Amerikaners verschleiert zu haben. Weswegen dürfen diese verdächtigen Spitzenführer einfach so weiter machen, als wenn nichts gewesen wäre? Hier müssen die CCN-Leute äußerst vorsichtig sein, dass sie sich nicht durch einen unpassenden Kontakt mit unehrlichen Leuten kompromittieren.

...

Zur Zeit halte ich die Independent Commission [UCIIC] für ein Rätsel. Können diese Leute effektiv sein. Sind sie bereitwillig der UCI-Spitze zu trotzen. Sir Philip Otton, der Vorsitzende des dreiköpfigen Gremiums, hat versucht die Unabhängigkeit der Commission zu bestätigen. Die Commission, sagt er, soll die Rolle der UCI im Fall Armstrong untersuchen. Zitat: "Diese Kommission wurde unabhängig von der UCI ernannt und hat selbst den Aufgabenbereich und das Prozedere bei der Beweisaufnahme festgelegt." Zitat aus Sir Philip Otton.

Leider behaupte ich. ist diese Behauptung etwas weniger als die absolute Wahrheit. Die drei Mitglieder der Commission waren von John Coates, dem Präsidenten des Internationalen Sportgerichtshofs ... im Auftrag der UCI ernannt worden. Ein Problem hier ist die Tatsache, dass der Coates, der McQuaid und der Verbruggen alle im IOC sitzen und teilen die sogenannten olympischen Werte, Privilegien und eine olympische Weltanschauung, die mit einer schlichten Arroganz verknüpft ist. Aus diesem Grund sind sie keineswegs von einander unabhängig. Zudem hat Coates zugegeben, dass er 1993 zwei afrikanische IOC-Mitglieder bestochen hat, damit sie für olympische Spiele in Sydney stimmen würden [BBC News, 23.1.1999]. Was ist das für eine aufrichtige Persönlichkeit, in die wir alle Vertrauen haben sollten. Wie kann es sein, dass ein derart kompromittierter Sportfunktionär der Präsident des Internationalen Sportgerichtshofs wird. Wer sind die unsichtbaren Leute, die diesen zweifelhaften Maßstab formuliert haben. So geht es aber all zu oft in den höheren Schichten der Sportfunktionäre.

Warum hat die UCI ausgerechnet John Coates gewählt? Warum haben McQuaid und Verbruggen sich auf ihn verlassen? Ich kann nur annehmen, dass diese bedrohte Verbandsführung ein sicheres und voraussehbares Ergebnis der Untersuchung erwartet oder erhofft haben.

 

Ein weiteres und tieferes Problem, was die Kommission angeht, sind die Richtlinien für das Verfahren, die sog, terms of reference, die ihre Untersuchung der UCI steuern sollen. Kurz gesagt, das Verfahren ist allzu begrenzt. Es gibt nicht Zeit genug, das Beweismaterial zu sammeln, die UCI darf Dokumente geheim halten, die UCI hat das Recht, den ganzen Bericht zu überprüfen im voraus. Letzten Endes ist die UCI nicht dazu verpflichtet, den Bericht publik zu machen. Also fragt man sich, wie können drei ehrenhafte und hervorragende Personen diesen Auftrag akzeptieren."




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