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TdF 2009 - Die Etappen...



Der mystische Berg... Der Mont Ventoux!


20. Etappe (Samstag, 25. Juli 2009)

StartortMontélimar
ZielortMont Ventoux
Gesamt-km167
StreckenverlaufHöhenprofil


Anstiege... Hügel... Bergwertungen...

Côte de Citelle (3. Cat.)

Col d'Ey (3. Cat.)

Col de Fontaube (4. Cat.)

Col des Abeilles (3. Cat.)

Mont Ventoux (Hors Cat.)

 



Eine Vorschau...

von Ocaña



Seit über 100 Jahren gibt es sie nun schon, die Tour de France. In 95 Ausgaben wurden zig Pässe bezwungen, nahezu ganz Frankreich befahren und große Schlachten geschlagen. Doch auch nach so vielen Jahren ist man bereit, eine Neuerung einzugehen. Eine Bergankunft am vorletzten Tag der „Grande Boucle“. Auch wenn der TGV -Transfer zum letzten Etappenstart über die Jahre zum bekannten Usus geworden ist, so ist diese Neuerung doch etwas ganz besonderes. Doch es wäre nicht die Tour de France, wenn es nicht eine ganz besondere letzte Etappenankunft vor Paris wäre.

Die Mythen, Legenden und Geschichten, die sich um den Mont Ventoux ranken, sind natürlich längst ins feste Wissensrepertoire eines jeden Radsportfans übergegangen und dennoch verzückt einen der Anblick des kahlen Riesen in der Provence jedes Mal auf ein Neues. Auch wenn man die Geschichte von Tom Simpson bereits in und auswendig kennt, hört man doch immer aufmerksam hin und verbindet ein unangenehmes Gefühl mit dem Mont Ventoux. Einem Berg, der wie leergefegt von Leben in der Hitze steht, unverrückbar, verrückt und unnahbar. Sozusagen der Thron dieser Tour de France von 2009. Vor der Feier erst die Krönung. Vor Paris erst dieser Berg.

Die nackten Zahlen sind ebenso beeindruckend wie das Äußere des Berges. Auf 21,1 Kilometer Steigung kommen 7,6% durchschnittliche Steigung. Erholung gibt es keine und im oberen Teil des Anstiegs fehlt die Vegetation. Es kommt einem vor, als wäre man auf dem Mond. Nur, dass hier keine Schwerelosigkeit herrscht. Hier herrschen Hitze, Erschöpfung und die unbarmherzige Sonne, die ihren Teil zum Leiden der Fahrer beiträgt.

Entstanden ist die kahle Landschaft erst durch großflächige Rodungen vom 16. bis ins 18. Jahrhunderte. Das französische Königshaus benötigte Holz für seine Seeflotte. Inzwischen hat man aber wieder damit begonnen das Gebiet aufzuforsten.

 

"Den höchsten Berg dieser Gegend, den man nicht unverdient Ventosus, den Windumbrausten, nennt, habe ich am heutigen Tage bestiegen, einzig von der Begierde getrieben, diese ungewöhnliche Höhenregion mit eigenen Augen zu sehen."

 

Dies soll der Humanist Francesco Petrarca im Jahr 1336 in einem Brief festgehalten haben. Ob er den Berg wirklich bestiegen hat, ist jedoch nicht überliefert. Dass es in erster Linie die Begierde sein dürfte, der Stärkste zu sein, treibt vermutlich auch die Fahrer an, wenn sie heute den Mont Ventoux in Angriff nehmen. Dass dafür ein zumeist entsetzlich hoher Preis gezahlt wird und wurde, hat nicht nur das Schicksal von Tom Simpson gezeigt. Die Legende des Mont Ventoux beginnt jedoch bereits 1951 mit der ersten Überquerung. Erster Bergpreis-Sieger ist damals der Franzose Lucien Lazarides. Nur ein Jahr später folgte ihm der Bretone Jean Robic und 1955 war es Louison Bobet, der die bereits 1902 gut ausgebaute Straße als Erster erklommen hatte. Gut ausgebaut in erster Linie für jährlich stattfindende Autorennen auf und über den Berg. Doch bereits in diesem Jahr 1955, kippte der Franzose Jean Malléjac bei Chalet-Reynard bewusstlos von seinem Rad und musste vom Tourarzt Dr. Dumas wiederbelebt werden. In diesem Fall noch einmal mit Erfolg.

 

Auch dem Tour de France Sieger von 1950 Ferdi Kübler wurde der Mont Ventoux in diesem Jahr zum Verhängnis. Wütend und in seiner typischen Art wollte er einer Dampflok gleich den Berg bezwingen und scheiterte. Wenig später sah man den Schweizer Schlangenlinien im Anstieg fahren. Nicht ganz bei Sinnen schrie er: „Ferdi ist zu geladen! Ferdi wird explodieren.“ Nach der Abfahrt hinunter nach Avignon soll er nach dem Trinken von zwei Bieren beinahe in die falsche Richtung gefahren sein und abends erklärte er diese Tour und seine gesamte Karriere für beendet. Diese und auch andere Geschichten aus jener Zeit werfen ein ganz besonderes Licht auf den Mont Ventoux, machen ihn ein wenig zum Schreckgespenst. Sie zeigen jedoch auch deutlich auf, dass auch schon in den 50er Jahren flächendeckend mit Dopingmitteln operiert wurde. Der harte Anstieg trug seinen Teil dazu bei.

 

„Wir fuhren keinen Berg hinauf, sondern einen brennenden Kohlehaufen.“

 

Nicht nur Raymond Poulidor dürfte diese Gedanken gehabt haben. Auch bei der ersten Bergankunft am windigen Berg herrschten Temperaturen wie in einem Backofen. Auf der 18. Etappe des Jahres 1958 hatten sich die Organisatoren etwas besonderes ausgedacht. Ein Bergzeitfahren von Bédoin aus sollte es sein. Eine Strecke von 21,5 Kilometern, wie gemacht für den Luxemburger Charly Gaul und den Spanier Federico Bahamontes. Folgerichtig belegten die beiden in dieser Reihenfolge die Plätze eins und zwei und distanzierten die Konkurrenz deutlich. Einen besonderen Genuss machte sich Gaul daraus, den vor ihm gestarteten Louison Bobet innerhalb kürzester Zeit aufzufahren, um ihn dann kurz zu begleiten und stehen zu lassen. Eine Demütigung für den dreifachen Toursieger Bobet und eine Genugtuung für Gaul, der von Bobet beim Giro d'Italia 1956 während einer Pinkelpause angegriffen wurde und seitdem von allen im Fahrerfeld nur „Chérie-Pipi“ gerufen wurde. Die erste Ankunft nach einer regulären Etappe gewann Raymond Poulidor, 1970 folgte ihm der große Eddy Merckx. Auch er war im Ziel so erschöpft, dass er für kurze Zeit mit künstlichem Sauerstoff versorgt werden musste. Eine wirklich tolle und positive Geschichte rund um den Ventoux, ist die von Eros Poli und dem Mont Ventoux. (Anmerkung: Kann man ja gut verlinken.)

 

Zuletzt siegten am Mont Ventoux die beiden Kletterer Marco Pantani (2000) und Richard Virenque (2002). Auch 1987 fand noch einmal ein Bergzeitfahren statt. Diesmal sogar wesentlich länger von Carpentras aus. Der Franzose Jean-François Bernard siegte mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 27,5 Stundenkilometern und trat auf den 22 ansteigenden Kilometern eine erstaunliche Übersetzung von 39x19.

 

Vom Charakter her ist diese Etappe nur schwer mit allen vorherigen Mont Ventoux Etappen zu vergleichen, denn noch nie wurde der Anstieg so spät im Verlauf einer Rundfahrt gefahren. Nach dem Start aus der Hauptstadt des Nougat in Montélimar folgen mehrere kleine Bergwertungen und somit ein ständiges Auf und Ab. Inwieweit dies die Renntaktik beeinflussen kann und wird, muss sich erst noch zeigen. Die Geschichte des Ventoux lehrt uns jedoch, dass der Ausgang völlig unvorhersehbar sein wird. Hier können Träume wahr werden, aber auch ein schon sicher geglaubter Toursieg kann noch auf dem sengenden Asphalt wegschmelzen.

 



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