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Rund um den Henninger Turm 2001, Teil 2

 

Die Zielgerade erscheint uns, von unten betrachtet, zu voll, also stellen wir uns an der vorletzten Kurve, 500 m vor dem Ziel auf. Das hat außerdem den Vorteil, dass wir schön im Schatten sitzen können. Und unterhalb eines Mauerabschnitts stehen einige Teamwagen, was nicht weiter interessant wäre, würde sich nicht auch der baby-rosa Jean-Delatour-Laster darunter befinden, der auch ohne Rosa schon schrecklich aussehen würde. Hehehehe, bietet uns ausreichend Lästerstoff für die nächste Viertelstunde.

 

Außerdem können wir uns angesichts des U 23 Rennens schon mal auf die Tücken eines Rundkurses einstellen.

 

- "War das jetzt die Spitzengruppe?"

- "Nein, der da ist der Führende."

- "Aber das Feld ist ja dicht dahinter!"

- "Quatsch, das Feld ist eine Runde zurück!"

- "Nein.... die werden gleich eingeholt..oder?"

- "Nein... zuerst sind zwei, dann noch einer.. der da ist schon überrundet!"

- "Was?"

- "Und das Feld?"

- "Da kommt erst noch die Spitzengruppe!"

- "Und das Feld ist eine Runde zurück???"

- "Ja!!!"

(Anmerkung der Autorin: Wir haben es übrigens noch herausbekommen! *g*)

 

Als wenig hilfreich erweist sich der das Rennen begleitende Kommentatorenwagen, obwohl er einen Lautsprecher auf dem Dach hat. Da er aber ja in etwa 2 Sekunden an einem vorbeirauscht, bekommt man nur folgendes mit: "....brrschhhmblin der Führung istgrmpfmbl....." na toll!!!

 

Inzwischen überkommt uns das Bedürfnis, etwas vom Rennverlauf des Elite-Rennes mitzubekommen. 500 Meter vor dem Ziel befinden wir uns ja direkt hinter dem Mond und leider hat keiner daran gedacht, ein Radio mitzunehmen. Anrufe von Anika bei Bruder und Eltern verlaufen ergebnislos, da die jeweils als erstes von ihr wissen wollen, wie denn das Rennen so stünde.... (Wir sind beim Rennen, wir sind fast am Ziel, das bedeutet: wir wissen von nix...)

 

Während wir noch herumstehen, Brötchen oder Süßkram essen (je nachdem) läuft inzwischen das U 13 Rennen (meine ich zumindest oder U 11? Keine Ahnung). Ein paar Eltern stehen an der Strecke und feuern ihre Filiusse und auch vereinzelte Filias an. An der 500 Meter Kurve wird es durchaus mal kritisch und ein Kleiner fliegt, von einem Konkurrenten behindert, sein Unheil vor Augen, lauthals schimpfend in einem Salto über den Lenker... sieht schlimmer aus, als es ist. Der Knabe überlegt zwar kurzfristig, ob er anfangen soll zu weinen, scheint dann aber zu wütend dazu und stampft, von Helfern wieder auf die Beine gestellt, von dannen.

 

Außerdem erhalten wir Neuigkeiten von unseren beiden Teeniegrazien, die uns übers Handy erreichen. Sie haben sich bei den Duschen herumgetrieben, die Unterhose eines Juniorenfahrers gefunden und sie dem Nächstbesten unter die Nase gehalten. "Ist das deine?" Und der Kerl war auch noch so blöd zuzugeben, dass es seine wäre... Nun, die beiden hatten ihren Spaß, das war offensichtlich. Kommen die Renners mit den vereinzelten Zielbereich-Chicks ja ganz gut alleine klar, muss man jeden Juniorenfahrer eindringlichst vor den seit neuestem auftretenden Duschkabinenküken warnen.

 

Irgendwo hatten die zwei dann noch Presseausweise ergattern können, sind ins Pressezentrum gestratzt und natürlich hochkant wieder hinausgeflogen. Beim nächsten Rennen hefte ich mich an ihre Fersen, das wird sicher ein unterhaltsamer Tag *g*.

 

Mir geht es so etwa zwei Stunden vor dem geplanten Zieleinlauf auf den Senkel, dass wir nichts vom Männer-Rennen mitbekommen und beschließe, die Zielbereichssituation zu erkunden und vielleicht einen Zwischenstand mitzubekommen.

 

An der Zielgeraden ist es gar nicht so voll, wie wir von unten befürchtet hatten. Bis 50 Meter vor dem Ziel kommen Yvonne und ich gut durch. Auf der Leinwand ist zeitweise das Rennen zu sehen und irgendwann bequemt sich sogar der Sprecher mal einen Zwischenstand durchzugeben. Eine Spitzengruppe ist weg, allerdings mit wenig bekannten Namen. Dahinter befindet sich eine Verfolgergruppe. Abstände bekommen wir in der Viertelstunde, die wir dort stehen, keine geliefert. Wer in der Verfolgergruppe ist, auch nicht, außer dass Telekoms drin zu finden sind. Wo das Hauptfeld abgeblieben ist, wird nicht erwähnt. Prima!

 

Mit diesen dürftigen Infos wandern wir zu den anderen zurück und bekommen halb das Rennen der ganz Kleinen mit, die auf ihren Minirädern mit noch kleineren Übersetzungen um die Ecken gepacet kommen, als hätte sie jemand aufgezogen... Sehr süß!

 

Wir beschließen, uns doch an die Zielgerade zu stellen und laufen, nun alle gemeinsam, wieder zurück und ergattern ein schattiges Plätzchen 150 Meter vor dem Ziel. Hier lässt es sich aushalten. Außerdem können wir schön die Fahrer identifizieren, die sich haben abhängen lassen und den direkten Weg in Richtung Duschen wählen. Sie müssen alle an uns vorbei, da die Duschen oben beim Ziel sind, hehehehe.

 

Festina scheint es schon ganz schön zerbröselt zu haben aber nur Casero wird die Ehre zuteil ins Ziel kutschiert zu werden.

 

Waren plötzlich von Motorrädern umgeben: Die Juniorinnen


(Motor-)Radrennen und Zieleinlauf

 

Auf der Strecke läuft inzwischen das Bundesliga-Rennen der Juniorinnen. Die Mädels müssen diverse Runden drehen und was sich die Veranstalter dabei gedacht haben, eine Gruppe, bestehend aus zwei Dutzend Motorrädern, Harleys oder was auch immer, auf die Strecke zu lassen, wird mir wohl ein Rätsel bleiben. Stinkend, hupend, mehrmals den Rundkurs abfahrend, die Mädchen dabei an die Seite drängend... ich hoffe, dass das ein Versehen der Ordner war. Ansonsten sollte sich da jemand aber gewaltig schämen!

 

Einer unserer Sprecher, den wir mit jedem Wort, das er ausspricht mehr ins Herz schließen, versucht derweil die Zuschauer zu mehr Applaus zu animieren. Dieses Rennen wäre ja so wichtig für den Frauenradsport, blabla. Das hätte ich ihm vielleicht abgenommen, wenn die Sache mit den Motorrädern nicht gewesen wäre und wenn sich der Sprecher nicht noch selbst einen schönen Klopser zum Schluss geleistet hätte. Zwar ist mir klar, dass so jemand sicherlich unter Stress steht aber den Namen der Siegerin parat zu haben, sollte schon drin sein. Zumindest wäre es empfehlenswert die richtige Startliste vor der Nase zu haben... Zumal sich schon seit einigen Runden abzeichnete, dass ein Mädel aus der überschaubaren Spitzengruppe gewinnen würde..., Zeit zur Vorbereitung hätte der Gute gehabt... Tolle Demonstration, wie wichtig der Frauenradsport ist.. ohja!

 

Wir bekommen mal wieder Infos vom Männerrennen. Dass sich zwei Fahrer namentlich Markus Zberg und Davide Rebellin aus dem Staub gemacht hatten, haben wir mitbekommen. Über Abstände wurden wir aber die ganze Zeit im Dunkeln gelassen. Nun bekommen wir vom Sprecher zu hören, dass es noch eine Verfolgergruppe gegeben hätte, die aber schon wieder geschluckt sei... unter ihnen "...Niki.... Aahhbersold....." aha! Immerhin mal der Name eines Nicht-Telekom-Fahrers aus seinem Mund, auch wenn es klingt, als wäre es das erste Mal. (Kurze Überlegung, ob es ihm körperliche Schmerzen bereitet, die Namen "anderer" Fahrer auszusprechen...)

 

Ansonsten wird nämlich nur erzählt, in welcher Gruppe sich Magentarenner befinden...! Wo sich die Coastler, Nürnberger, Colognes oder Gerolsteiner und sowieso alle anderen so herumtreiben scheint ihm egal zu sein.

 

Ach doch... dass sich die bösen bösen Coastfahrer nicht an der Nachführarbeit beteiligen, teilt er uns mit! In äußerst empörtem Tonfall!

 

Überhaupt scheinen dem Sprecher auch diese beiden dreisten Ausreißer nicht zu gefallen, die sich anschicken dem geheiligten Team Telekom den schon sicher geglaubten Sieg wegzunehmen. "Wir würden uns doch alle freuen, wenn die beiden nocheinmal [eingeholt würden, will er sagen, traut sich dann aber wohl nicht] .... ähh.... wenn es nochmal spannend würde...." damit dann ein Magenta-Trikot bei der Siegerehrung ganz oben steht, gell?

 

Identifizierungsprobleme: Mathias Kessler, Jens Zemke


Das Rennen steht kurz vor der entscheidenden Phase, die Spitzenfahrer und deren Verfolger nähern sich dem Rundkurs, den sie dreimal zu befahren haben.

 

Zberg und Rebellin werden brav beklatscht, die Verfolgergruppe mit Telekoms drin aber lauter. (Neben uns ist man begeistert: "Da ist Udo!!! LOS!!!" )

 

Mit Christian Wegmann, der frische Schürfwunden an Hüfte und Beinen aufweist, können die Zuschauer eher wenig anfangen... immerhin wusste der Sprecher irgendwann, wer es war.

 

Auch Grischa Niermann kommt solo an uns vorbei.

 

Mathias Kessler und Jens Zemke in einer Zweiergruppe... kritischer Blick von Stephan... Blick zurück: nein, hab ihn wieder nicht erkannt! *schäm*

 

Jetzt beginnen die Probleme für Sprecher und Zuschauer. Wer ist wo, vor wem, wie überrundet? Zum Glück hatten wir ja schon an den U 23 Leuten geübt.

 

Als Grischa Niermann zum zweiten Mal (!) das Ziel passiert, heißt es aus dem Lautsprecher: "Da kommt noch ein Rabobankfahrer [blätter] ...ähh... [ blätter] .... das ist.... [wild blätter] ... ja, das ist Grischa Niermann!" Jungs, ihr hättet auch dem gestiegenen Kreischpegel entnehmen können, um wen es sich handelt, wenn ihr ihn schon nicht selbst erkennt!

 

Die Situation wird zunehmend chaotisch. Ausgestiegene Fahrer wollen zum Ziel hoch und duschen, andere kommen sogar schon wieder herunter, die Spitzenfahrer rasen an uns vorbei, aus der Verfolgergruppe hat sich mit irrem Tempo der Lottofahrer Kurt van de Wouwer abgesetzt und jetzt taucht auch noch das Hauptfeld auf. Klugerweise wird es einfach vor dem Rundkurs gestoppt. Ob die nun mit 20 oder 30 Minuten Rückstand ankommen, ist dann auch egal! Und die Zuschauer unten können sich glücklich schätzen, weil sie Jan Ullrich und Erik Zabel über einige Minuten beobachten können.

 

Zberg und Rebellin kommen zum letzten Mal an uns vorbei aber van de Wouwer ist dicht dran und für einen Moment scheint es mir, als könne er die beiden noch einholen. Aber die Perspektive täuscht wohl, Zberg gewinnt, van de Wouwer wird dritter mit 5 Sekunden Rückstand. Die größere Verfolgergruppe kommt vorbei, dicht gefolgt von Kessler und Zemke. Neben uns wird anerkennend in Richtung Kessler genickt: "Die sind ja noch dicht drangekommen!" Überlege kurz, ob ich ihn aufklären soll, dass die beiden eine Runde zurück sind, lass es dann aber bleiben - wird er ja sehen, wenn sie noch mal vorbeikommen.

 

Auch der Sprecher scheint überrascht, dass Kessler und Zemke schon auftauchen. Die beiden lassen sich aber nicht beirren und fahren auch ihre dritte Runde noch zuende.

 

Das Hauptfeld wird dann auch wieder auf die Strecke gelassen und braucht als Entschädigung nur eine Runde zu drehen.

 

Der Sprecher bemüht sich, seine Enttäuschung zu unterdrücken. Aber als Trost kann er dem Publikum mitteilen, dass Telekom zumindest im Verteilen von Fanartikeln klar vor Festina gesiegt hat. Jau! Immerhin! Respekt! Davor hatten wir uns ja zum Glück rechtzeitig in Sicherheit gebracht...

 

Auf unserem schönen schattigen Plätzchen harren wir diesmal aus (aus Fehlern lernt man ja), bis sich die Massen verkrümelt haben (was angesichts der Telekompleite recht schnell geschieht) und klettern dann ein letztes Mal zum Ziel hoch, wo wir unsere Mitfans wiedertreffen.

 

Auf dem Weg zu den Autos, kommen wir dann an einem Mülleimer vorbei, in den jemand fein säuberlich diverse Telekomfähnchen gesteckt hat. Auch ein Schlußbild, wenn auch kein schmeichelhaftes....

 

Von ihren Helden enttäuscht??? Fanmaterial nach dem Rennen!


Fazit

 

Es hat schon Spaß gemacht - angesichts der vielen Leute, des guten Wetters, der Nachwuchsrennen !

Ist man allerdings allgemeiner Radsportfan ohne reine Konzentration auf das Team Telekom und will man etwas vom Elite-Rennen mitbekommen, sollte man wohl den Streß auf sich nehmen und zur Strecke rausfahren oder lieber zuhause bleiben und sich das Rennen am TV angucken.

 

Im Zielbereich wurden einzig und alleine die Bedürfnisse derjenigen befriedigt, die sich das Rennen wegen Erik Zabel und Jan Ullrich oder (vielleicht noch) Kai Hundertmarck angesehen haben.

Es schien überhaupt niemand davon auszugehen, dass es auch Fans geben könnte, die NICHT einzig und allein einen Telekomsieg erwarteten oder erhofften.

 

Mir kam es so vor, als ginge es den Organisatoren nicht darum Radsport zu zeigen sondern lediglich darum, die Magentahelden zu präsentieren.

 

Dass dem Team Telekom ein Sonderplatz eingeräumt werden sollte, steht völlig außer Frage. Aber muß man alle anderen deshalb gleich ignorieren, sich schlecht auf die Aussprache ihrer Namen vorbereiten oder sie sogar als Feindbilder abstempeln? Das zeugt von wenig Respekt gegenüber den Telekom-Mitstreitern, deren Fans und Radsport als Gesamtheit. Und leider färbt es auch auf die Magentatrikots ab!


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