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Gustav-Adolf Schur: Täve. Die Autobiographie

Autor:Gustav-Adolf Schur
Titel:Täve. Die Autobiographie
Verlag: Das Neue Berlin 2001
Layout:256 Seiten, mit vielen Fotos
ISBN: 3-360-00948-7
Preis:ca. 18 Euro


 

Gustav-Adolf Schur war und ist das ostdeutsche Radidol schlechthin, in der Popularität einem Jan Ullrich in nichts nachstehend. Sein Name ist verbunden mit der Friedensfahrt wie kein zweiter, über sein Leben wurden unzählige Artikel verfasst und mehrere Bücher geschrieben.

 

Mit diesem Buch erzählt „Täve“ nun selbst sein Leben, so auch der Untertitel der 256 Seiten starken Autobiographie. Wenn man Schurs Biographie auf die des Rennfahrers und des Politikers reduziert, dann wird das Buch seinem Titel auch gerecht.  Seine Jahre als aktiver Rennfahrer lässt „Täve“ chronologisch Revue passieren, mit manchem Detail und einigen Anekdoten, die einen Einblick in die Zeit vermitteln, als zur Friedensfahrt noch hunderttausende an die Straßen strömten und die Sieger wie Nationalhelden gefeiert wurden.

 

Wer aber darüber hinaus Privates erwartet, wird enttäuscht werden. An seinen Gefühlen, Gedanken und prägenden Erlebnissen abseits des Rennsattels lässt Schur den Leser nicht teilhaben. So konsequent, dass man von seinen vier Geschwistern nicht einmal den Namen erfährt, seine Kinder nur in Nebensätzen vorkommen. In diesem Buch schreibt ein Radsportdenkmal über sich selbst als Radsportdenkmal.

 

Im Gegensatz zum Privatmenschen gibt der Politiker Schur bereitwillig und ausführlich Auskunft. Wer die DDR nur aus dem Fernsehen oder aus dem Geschichtsunterricht kennt, für den wird Schur einiges schwerverdauliches anbieten. Täve wurde durch Krieg und Nachkrieg im Osten Deutschlands geprägt, war überzeugtes SED-Mitglied und Abgeordneter der DDR-Volkskammer. Auch nach der Wiedervereinigung blieb er seinen Überzeugungen treu, die er als PDS-Abgeordneter bis in den Bundestag trug.

 

Aber auch das ist Teil des Mythos „Täve Schur“: Er war und bleibt der Arbeitersohn aus Heyrothsberge bei Magdeburg, dem jede Allüre fremd ist. Bodenständig, mit klaren, von der Komplexität der Welt unbeeindruckten Ansichten, die er auch in Sturm und Wind vertritt.

 

So verwundert es denn auch nicht, dass Schur „seinem“ DDR-Sportsystem die Treue hält und es gegen jeden Vorwurf verteidigt. Systematisches Doping und staatliche Vereinnahmung des Sports sind für ihn Medienkampagnen ohne Bezug zur Realität. Überhaupt, Schurs Ansichten zum Thema Doping sind ein Kapitel für sich…

 

Dem heutigen Profiradsport kann Täve so wenig abgewinnen wie dem gesellschaftlichen System, in dem er stattfindet. Auch hier gilt: Schur ist ein „einfacher Mann“ mit einfachen Ansichten geblieben.

 

Für Leser mit (auch politischem!) Hintergrundwissen auf jeden Fall ein interessantes Buch. Für alle, die nach spannender Unterhaltungslektüre suchen, wird es sicherlich einige Seiten geben, die zum Überspringen einladen.

 

von Torsten Reitler

 


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