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Historische Rennberichte



Die Distanz-Fahrt Wien - Berlin 1893

<center>Das Buch für Alle. Heft 3. 1894<br>Originalzeichnung von G. Krickel</center>



Der Start in Floridsdorf bei Wien

Die Lorbeeren der Distanzreiter und Distanzgänger ließen die Radfahrer nicht ruhen, auch ihrerseits einmal die 582,5 Kilometer betragende Strecke Wien - Berlin in gegenseitigem Wettbewerb zu durchmessen. Der "Deutsche Radfahrerbund", die "Allgemeine Union" und der "Sächsische Radfahrerbund" vereinten sich und schrieben eine Distanz-Radfahrt Wien-Berlin aus.
Diese nahm am 29. Juni 1893, früh von halb 5 bis 7 Uhr, von der Station Floridsdorf bei Wien ihren Anfang. Von 150 angemeldeten Theilnehmern aus Deutschland und Osterreich=Ungarn waren 117 am Start erschienen und setzten sich in der angegebenen Zeit in Gruppen von je 10 Fahrern mit einem Abstande von 5 Minuten in Bewegung. Als "Favorit" für Deutschland galt als erster Stelle August Lehr aus Frankfurt a. M., der aber schon sehr bald mit seiner Maschine stürzte, wobei diese zertrümmerte, und in Jungbunzlau die Distanzfahrt aufgeben mußte. Unter den österreichischen Theilnehmern gab es keinen ausgesprochenen "Favorit".
Ganz Wien interessirte sich lebhaft für die Sache der Radfahrer, und Tausende waren in der Frühe des 29. Juni zum Start in Floridsdorf hinausgeeilt, um der Abfahrt zuzuschauen.


Verpflegung und Kontrolle

Das Komité hatte auf der ganzen Fahrstrecke Vorsorge getroffen für die Anmeldung, Verpflegung und Sicherheit der Theilnehmer. An den Kontrollstationen mußte sich jeder durchpassirende Fahrer einschreiben, worauf ihm selbst in sein Fahrtenbuch der entsprechende Vermerk eingetragen wurde. Außer für die Verpflegung der Fahrer war auch überall für Bäder, Massage und ärztlichen Beistand gesorgt, ebenso waren Mechaniker für eine etwa erforderliche Reparatur der Räder vorhanden.


Fahrt bei nächtlichem Gewitter.
Besonders schwer hatten die Theilnehmer durch den häufig sehr schlechten Zustand der Straßen zu leiden, die in Oesterreich vielfach nur mit zerschlagenen Steinen beschüttet und nicht chaussiert waren, mehr noch durch gewaltige Gewitter, die sie während derr Fahrt durch Böhmen trafen. Manchem der Wettfahrer wurde durch Sturm und Regen ein vorzeitiges Ziel gesteckt. Einzelne verfehlten auch bei Nacht und Unwetter trotz der überall angebrachten Zeichen den richtigen Weg. Trotzdem meldete aber schon am Vormittage des 30. Juni der Telegraph die staunenswerthen Fortschritte einzelner Fahrer. Zahlreiche Freunde und Kollegen der Betreffenden machten sich auf und eilten ihnen als "Pacemaker" entgegen, um sie zum Ziel zu führen.
Ein Fahrer mit seinen "Pacemakern".
 


Ankunft des ersten Siegers in Berlin.

Am Steuerhäuschen auf dem Tempelhofer Felde bei Berlin, das als Ziel bestimmt war, hatte man eine Ehrenpforte errichtet, die mit den Fahnen Deutschlands und Oestereich=Ungarns, sowie mit zahlreichen Wimpeln und Laubgewinden geschmückt war und den Radfahrern ein "Willkommen in Berlin" und "All Heil" entgegenrief. Der erste Ankömmling wurde von der dort harrenden Menschenmasse begeistert empfangen.
Es war Josef Fischer aus München, ein kräftiger Mannn von 32 Jahren, der am 30. Mittags 1 Uhr 10 Minuten eintraf und die ganze Strecke in 31 Stunden 1 Minute 22 2/5 Sekunden zurückgelegt hatte.
Dreiviertel Stunden später kam Georg Sorge aus Köln, als Dritter folgte Franz Gerber aus Graz.


der Sieger Josef Fischer

Die zuerst anlangenden 30 Fahrer wurden prämiirt, wobei Fischer als erster Sieger einen prächtigen silbernen Humpen erhielt und natürlich ließen es sich auch die Vereine nicht nehmen, den Siegern einen festlichen Empfang zu bereiten.
Die Leistung Fischer's kommt erst dadurch in ein richtiges Licht, wenn man bedenkt, daß bei dem Distanzritt Wien-Berlin der Sieger Graf Starhemberg 71 Stunden 40 Minuten gebraucht hat. Ein Schnellzug durcheilt dieselbe Strecke in 14 Stunden 10 Minuten, ein Personenzug in 18 bis 19 Stunden.


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die zehn ersten Plätze belegten:

Josef Fischer, München

Georg Sorge, Köln

Franz Gerger, Graz

Christian Andersen, Kiel

Max Reheis, Wasserburg

Paul Mündner, Berlin

Oscar Jander, Dresden

Hans Traugott Hirsch, Magdeburg

Franz Drorak, Smichow

Emil Eichhorn, Dresden

P. Mündner - Andersen - G. Sorge - Fischer - Gerger - Rehais


 

Bildarchiv: cycling4fans

 

Oktober 2004

Beitrag von Monika


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