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Bert Dietz

 

 


Portrait

"Ich freue mich schon auf meine neuen Aufgaben als Sportlicher Leiter, die mir sicher ebenfalls viel Spaß machen werden, und ich hoffe, dass das Team Nürnberger noch erfolgreicher im Straßenrennsport mitsprechen wird."

Dies sagte Bert Dietz im Dezember 2000, und er hatte allen Grund zu positivem Denken. Er hatte gerade seine erfolgreiche Profi-Karriere beendet, und er freute sich auf die neue Rolle, die er nun im Teammanagement einnehmen würde. Er ist sowohl fachlich kompetent, als auch bei Medien, Fans und Veranstaltern durch seine offene Art sehr beliebt. Ein idealer Partner für die "Nürnberger", sollte man meinen. Doch schon ein Jahr später kam das Ende. Obwohl Dietz mit zum bis dahin erfolgreichsten Jahr des Teams überhaupt beigetragen hatte, wurde die Zusammenarbeit von Seiten der Nürnberger gekündigt. Dies kam völlig überraschend für Dietz, und zu einem Zeitpunkt, an dem schon die meisten Verträge fürs nächste Jahr geschlossen wurden. Er stand jetzt also da, ohne Vertrag, damit ohne Job. Glücklicherweise wurde eben jetzt auch in München ein neues GS3-Team aus de Taufe gehoben, und hier wurde seine Kompetenz erkannt, und er unterschrieb sogleich einen Vertrag für die nächste Saison. Als Sportlicher Leiter, versteht sich. Die Profikarriere war endgültig vorbei.


Die Anfänge

 

Bert Dietz wurde am 09.02.1969 in Leipzig geboren. Schon früh versuchte er sich im Radsport, genauer gesagt mit zehn Jahren bei der "BSG Motor Holzhausen". Kleine Anekdote dazu: er gewann gleich sein erstes Rennen, jedoch waren nicht genug Urkunden vorhanden. Also konnte er seinen Eltern nur von seinem Sieg erzählen, was diese ihm prompt nicht glaubten. Später waren auch diese von ihm überzeugt, und er gewann noch zahlreiche Rennen in der Schülerklasse. Deshalb wurde er schon 1982 mit 13 Jahren an die berühmte Deutsche Hochschule für Körperkultur und Sport (DHfK) geholt. Im Juniorenbereich folgten weitere ungezählte Siege, zum Beispiel der Sieg im Vierer-Mannschaftszeitfahren auf Bahn und Straße, oder der DDR-Titel im Kriterium. Der Höhepunkt: Bronzemedaille mit dem DDR-Straßenvierer bei der Junioren-WM in Casablanca 1986.

 

Die Amateurzeit

 

So erfolgte 1987 der Wechsel in die Amateurklasse, und auch hier schaffte Dietz schnell den Anschluss an die DDR-Spitzenklasse. Herausragendes Ergebnis dieser Zeit: der vierte Platz bei den DDR-Straßenmeisterschaften 1988, nur geschlagen von den Top-Stars Martin Götze, Falk Boden und Olaf Ludwig. Im Wendejahr folgten dann Etappensiege, zum Beispiel bei der Kuba-Rundfahrt, aber auch in Italien, Tschechien und Frankreich. Außerdem gewann er noch mit seinen Teamkameraden die letzte DDR-Meisterschaft beim Straßen-Vierer. 1990 errang er dann den Sieg in der Thüringen-Rundfahrt und den zweiten Platz bei der Friedensfahrt, ebenso einen Etappensieg.

 

Die ersten Jahre in Nürnberg

 

Viele Sportlern der DDR hatten mit den Folgen der Wiedervereinigung zu kämpfen. So auch Bert Dietz. Doch er besann sich auf den Gemeinschaftssinn der früheren Zeit, und so ging er zusammen mit Steffen Rein, Gerd Audehm, Mike Weißmann und einigen anderen zur RSG Nürnberg. Schon im Frühjahr konnte Dietz mit einem erneuten Etappensieg bei der Friedensfahrt überzeugen, und als Steffen Rein dank toller Mannschaftsarbeit in Stuttgart den WM-Titel holte, war das Glück vollkommen. "Ich glaube, dieser Sieg hat uns viel gegeben, vor allem die nötige Motivation für die folgenden Jahre und auch das Vertrauen bei unserem neuen Verein und den Sponsoren", so Dietz selber.

Im Jahr darauf war das Ziel für Dietz klar definiert: Olympia in Barcelona. Und auch die Gesamtsiege in der Hessen- und Thüringen-Rundfahrt, sowie der dritte Etappensieg bei der Friedensfahrt hätten eine Nominierung gerechtfertigt. Leider galt das nicht für Bundestrainer Peter Weibel. Er nahm Dietz nicht mit.

Mit Wut im Bauch ging er also die Saison 1993 an, und sie stand ihrer Vorgängerin in nichts nach: Gesamtsieg in der Niedersachsen- und Rheinland-Pfalz - Rundfahrt sowie der DM-Titel in Denzlingen. Dass er für Großereignisse durchaus geeignet ist, zeigte das Amateurrennen bei der WM in Oslo. Bert Dietz war maßgeblich daran beteiligt, dass ein gewisser Jan Ullrich das Rennen gewinnen konnte.

 

Fünf Jahre Team Telekom

 

Anfang 1994 wagte Bert Dietz nun endlich den Sprung ins kalte (Profi-) Wasser. Die Welt des Amateurradsports war für ihn zu klein geworden. Er unterschrieb bei der aufstrebenden Telekom-Mannschaft. "Man fängt als Jungprofi noch einmal ganz von vorne an", so sein Fazit nach der Saison. Dabei fing es doch ganz gut an, zum Beispiel mit einem 19.Platz beim belgischen Klassiker "Het Volk". Auch beim vermutlich härtesten Weltcuprennen, Paris-Roubaix, beeindruckte Dietz. "Obwohl ich alles für Olaf Ludwig gab, kam ich noch mit einer der vorderen Verfolgergruppen als 34. ins Ziel". An eine Tour-Teilnahme war nicht zu denken, obwohl sich Dietz Hoffnungen machte. Auch 1995 blieb ihm dieser Traum unerfüllt, wie in seiner ganzen Karriere. Doch der Herbst brachte ihm einen großen Sieg. Es war die 12. Etappe der "Vuelta", und Dietz war kurz nach dem Start mit dem Belgier Bart Leysen davongefahren. Doch die Etappe endete auf der 2300 Meter hohen Sierra Nevada, und auf den letzten 25 Kilometern verlor Dietz 10 Minuten auf den überragenden Laurent Jalabert. Dieser zeigte jedoch Größe und überließ Dietz den Etappensieg.

Auch 1996 konnte Dietz Aufsehen erregen: ein Etappensieg und der zweite Platz in der Gesamtwertung bei der Schweden-Rundfahrt, ein zweiter Platz bei den HEW-Cyclassics und Platz 3 bei der Trofeo Luis Puig standen am Ende auf der Habenseite. Den Tour-Sieg des Mannschaftskollegen Bjarne Riis erlebte Dietz vor dem Fernseher, und paradoxerweise machte dieser Sieg seine Chancen zunichte, je bei der Tour zu fahren, denn niemand wollte die so erfolgreiche Telekom-Tour-Mannschaft auseinanderreißen.

Also musste sich Bert Dietz mit anderen Rennen begnügen. So gewann er 1997 eine Etappe der Aragon-Rundfahrt, wurde Zweiter der Bayern-Rundfahrt und Dritter der 3 Tage von De Panne. Auch das Rennen "Rund um den Flughafen Köln/Bonn" gewann er.

Ähnlich das nächste Jahr: Etappensieg Aragonrundfahrt, Etappensieg Friedensfahrt und der 13. Platz bei der Luxemburg-Rundfahrt. Doch irgendetwas war da noch. Er hatte noch den Ehrgeiz, selbst als Kapitän Rennen zu bestreiten, und deshalb unterschrieb er Ende 1998 einen Vertrag beim Team "Nürnberger".

 

Die letzten Profi-Jahre

 

Im Frühjahr gewann er die "Kölsche Classicissima", Köln-Schuld-Frechen, und er wurde 22. beim Het Volk. Auch ein 15. Platz bei der Mallorca-Rundfahrt und ein 17. Gesamtplatz bei der "Route du Sud" sprangen heraus. Mit dem Team gelang ihm dann noch der Sieg in der Mannschaftswertung der Sachsen-Rundfahrt, aber die ganz großen Erfolge fehlten.

Bei seinem Lieblingsrennen, der Friedensfahrt ("Diese Rundfahrt, die mich seit meiner Kindheit faszinierte, hat für mich einen besonderen Stellenwert"), gelang ihm 2000 noch ein letzter Etappensieg, sein insgesamt Fünfter, und bei der Deutschland-Tour verpasste er in Stuttgart den Etappensieg mit Platz 3 hinter Casarotto und Zabel nur knapp.

Vielleicht wusste er es vorher selber noch nicht, aber die WM in Plouay Ende 2000 war sein letztes Rennen. "Es war immer meine Absicht, in einem Alter aufzuhören, wenn ich als Fahrer noch einen guten Namen habe".

Den hatte und hat er noch immer ...

 

von Izoardstürmer

 

... und heute:

 

Am 21. Mai 2007 saß Bert Dietz abends bei Beckmann in der ARD und erzählte über seine Jahre bei Telekom (und später auch Team Nürnberger) - über seine Dopingjahre. Auslöser für sein offenes, ehrliches Geständnis war die Operacion Puerto des Jahres 2006, in deren Verlauf einige Fahrer an den Pranger gestellt wurden, ohne dass die Hintergründe, das flächendeckende Doping im Radsport, ernsthaft zur Sprache kamen oder kommen. Die Ausführungen des ehemaligen Telekom-Pflegers Jef D'Hont, der von systematischem Doping im Team sprach, und dessen Aussagen von allen teamnahen Personen und Gruppen geleugnet oder mit Schweigen kommentiert werden, brachten wohl sein Fass zum Überlaufen. Bert Dietz bestätigte alle Angaben des Pflegers. Er hofft nun auf weitere Geständnisse und auf ein absolut offenes Umgehen mit der Dopingvergangenheit und -realität.

Es war ein mutiger, ehrlicher und auch von Respekt und Liebe zu Fahrern und Sport getragener Schritt. Hoffentlich findet Bert Dietz Zustimmung und Unterstützung aus dem Radsport.

 

Maki, Mai 2007

 




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