Hennes Junkermann gehört ohne Zweifel zu den bekanntesten deutschen Persönlichkeiten des Radsports, auch wenn auf den ersten Blick seine Erfolgsbilanz eher mäßig beeindruckt, da die großen Siege fehlen. Viele seiner Zeitgenossen glänzen mit weitaus imposanteren Palmares. Doch über Siege allein läßt sich eine Sportlerpersönlichkeit nicht erfassen.
Mit 15 Jahren erging es Hans Junkermann, den man nur als Hennes kennt, wie so manch anderem seiner Radlerkollegen, zufällig sah er ein Radrennen und erlag der Liebe auf den ersten Blick. Ab sofort mischte er mit und nach eher mäßigem Einstieg stellten sich die ersten kleinen Erfolge ein. Zäh wie er war, gab er nicht auf und 21jährig unterschrieb er 1955 bei dem deutschen Rabeneck-Team seinen ersten Profi-Vertrag, wechselte aber noch im selben Jahr zur Bauer-Mannschaft, um bei der Deutschland-Rundfahrt starten zu können, die er als Dritter beendete. 1961 gelangte er auf den zweiten Platz, gewinnen konnte er sie leider nie.
Besser erging es ihm bei der Tour de Suisse, da siegte er 1959 und 1962, 1958 wurde er Zweiter. Zwischen 1956 - 70 bestritt er sie 10 Mal und immer fuhr er sie zu Ende. In der Schweiz gelang ihm auch sein bestes Ergebnis bei einem Klassiker, ein Sieg bei der Meisterschaft von Zürich 1957.
Das Winterhalbjahr verbrachte er mit vielen Renneinsätzen auf Bahnen.
Beim Giro startete er 1958 - 61. Dabei befand er sich in erlesener Gesellschaft. 1958 war noch Fausto Coppi dabei, ansonsten kämpfte er mit Baldini, Gaul, Bobet, Brankert, Bahamontes, Anquetil, Van Looy, Nencini um die vorderen Plätze. Das gelang ihm nicht schlecht, die Positionen 13 / 11/ 14/ 6 konnten sich durchaus sehen lassen und oft gehörte er zum engeren Favoriten-Kreis.
Vor allem die 20. Giro-Etappe von 1961, die Königsetappe über 275 km mit dem Anstieg hoch zum Stilfser-Joch dürfte Hennes Junkermann heute noch bitter aufstoßen. 10 Minuten hatte er bereits heraus gefahren gegenüber seinen Konkurrenten, die Etappe und der Gesamtsieg waren greifbar nahe, als er sich aus einer fremden Trinkflasche bediente und sich kurz danach unter heftigen Magenkrämpfen wandt. Hatten Gegner die Flasche präpariert, wurde er Opfer eines Anschlages? Der schon sicher geglaubte Triumph war dahin, es blieb ihm nur ein sechster Platz.
Seine Leistungen bei der Tour de France erscheinen ebenfalls nicht in den gängigen Ergebnislisten, nie hat es für das Podium gereicht.
Obwohl, die Tour 1960 hätte er nach Ansicht vieler Beobachter gewinnen müssen.
Es war die Zeit der Nationalmannschaften, die Top-Teams traten mit 14 Fahrern an, Deutschlands sog. kleine Mannschaft konnte nur 8 aufbieten. Auf der 6. Etappe gelang Nencini, Rivière, Adriaenssens und Junkermann eine über 100 km lange Flucht, die ihnen mehr als 14 Minuten Vorsprung einbrachte, für Junkermann bedeutete dies Rang 4. Eine optimale Ausgangslage, denn er war unter den Favoriten der beste Kletterer, Rivière hoffte noch auf das Zeitfahren. Auf der 14. Etappe ereignete sich dann eines der größten Dramen in der Tour-Geschichte: Roger Rivière stürzte auf der Abfahrt vom Col de Perjuret, fiel tief in eine Schlucht und brach sich das Rückgrat.
Im weiteren Verlauf der Rundfahrt handelte sich Hennes Junkermann den Beinamen "Zauderer" unter den Beobachtern ein. Hätte er mit mehr Angriffslust Nencini und dessen starke Mannschaft in den Bergen bezwingen können, ja müssen, wie es viel glaubten? Wo blieben die beherzten Attacken, warum zog er nicht durch? Die Fähigkeiten hätte er doch gehabt. Fehlte ihm der Mut, das Selbstvertrauen, die Moral? Junkermann bestritt dies immer vehement, da er meinte, mit seinen schwachen Mannen hätte er nie eine Chance gegen die Übermacht des italienischen Teams gehabt. Tatsächlich kamen von den Deutschen nur 3, von den Südeuropäern aber alle 14 nach Paris. Wie dem auch sei, Nencini erreichte als Sieger Paris, Junkermann blieb der unbefriedigende 4. Platz.
1962 mussten die Tour-Organisatoren wieder Firmen-Mannschaften zulassen und Junkermann gehörte mit dem Groene-Leeuw-Team hinter sich zu den Top-Favoriten, zumal er kurz zuvor souverän die Tour de Suisse, einschließlich zweier Etappen und der Bergwertung für sich entschieden hatte. Ex-Toursieger Ferdy Kübler wettete gar eine Kiste Champagner auf den Sieg des 28jährigen Deutschen. Es war wie verhext, diesmal beendete eine Fischvergiftung auf der 14. Etappe alle Träume, insgesamt erwischte es 10 Fahrer, die alle in demselben Hotel untergebracht waren. Kein geringerer als Jaques Goddet, der Direktor der Société du Tour de France, war allerdings anderer Meinung: In einem geharnischten Equipe-Leitartikel bezweifelte er die Krankheitsursache und beschuldigte die Fahrer des Dopingmißbrauchs. Dass verbotene leistungssteigernde Mittel beim schweren Bergzeitfahren am Tag zuvor zum Einsatz kamen, war unter vielen Beobachtern nicht umstritten. Zu denen, die aufgeben mussten, gehörte auch der Mitfavorit Gastone Nencini, der bei der Tour 1960 für einen Skandal sorgte, als der Tour-Arzt entdeckte, dass sich der spätere Sieger männliche Hormone spritzte. Die Gerüchteküche brodelte, das Klima war vergiftet, nur beweisen konnte man im Falle der 10 nichts. Hennes Junkermann saß jedenfalls als kleines Häuflein Elend in Graben und klagte angeblich: "Hätt` ich misch doch dä Fisch nit gejesse". Heute bestreitet er allerdings diese Version: „In unserem Quartier in Luchon hatten sie bei unserem Essen manipuliert. Ich wäre fast draufgegangen - das war keine Fischvergiftung, wie es immer hieß."
Unter seinen prominenten Kollegen genoss Hennes Junkermann großes Ansehen, mit Weltklasse wurden seine Fähigkeiten umschrieben. Vor allem sein Klettertalent nötigte ihnen Respekt ab und seine Ausdauer über lange Distanzen machten ihn immer gefährlich. Hätte er etwas mehr Endschnelligkeit mitgebracht, sähe seine Erfolgsbilanz sicherlich weitaus beeindruckender aus. So mußte er sich vor allem wegen dieses Mankos bald Rudi Altig unterordnen.