Jan Ullrich
An ihm scheiden sich die Geister, die einen bezeichnen ihn als den „Tourgott“ die andern als ein trainingsfaules Talent, das nichts aus seinen Möglichkeiten macht. Die Rede ist natürlich von Jan Ullrich oder auch Ulle genannt. Darin, dass er ein großes Talent ist, sind sich aber alle einig.
„Ich hätte gern mal ein Jahr die Beine von Jan - oder besser den ganzen Körper und meinen Kopf oben drauf.“ (Jens Voigt)
Prolog
Aber der Reihe nach, alles beginnt am 2.12.1973, als Jan in Papendorf in der Nähe von Rostock geboren wird. Erstmals wird sein Talent bei einem Crosslauf erkannt, bei dem er spontan teilnimmt und gleich gewinnt, und das im Alter von neun Jahren. Eigentlich wollte er nur seinen Bruder begleiten, aber er war so begeistert, dass er gleich der Polizei-Sportgemeinschaft beitrat. Daraufhin gewinnt er einige weitere Rennen auf Anhieb und nach dem Gewinn der Mannschaftsmeisterschaft der Polizei Sportgemeinschaft 1986 bewirbt ihn sein Trainer Peter Sager bei der Kinder- und Jugendsportschule „Werner Seelenbinder“ in Berlin, wo er 1987 aufgenommen wird. Ab jetzt gehört das Talent Jan Ullrich zur DDR Sportförderung.
Damals zeichnet ihn vor allem das aus, was ihm heute fehlen soll: Siegeswillen, Risikobereitschaft und eine schlanke Figur. 1988 startet er als B-Jugend Fahrer erstmal bei einer Deutschen Meisterschaft und gewinnt wieder sofort, ein Jahr später wird er DDR-Juniorenmeister im Punktefahren.
Nach der Wende zieht er als Amateur in eine Wohngemeinschaft nach Hamburg, um für das Amateurteam 'Panasonic' zu starten. Nach einigen weiteren Siegen geht 1993 sein Stern dann richtig auf: Er gewinnt die Bohemia- und Australienrundfahrt sowie als Krönung den WM-Titel auf der Straße in Oslo. Er ist mit 19 Jahren der jüngste Amateur-Weltmeister aller Zeiten. Im selben Jahr wird sein späterer Konkurrent Lance Armstrong Weltmeister bei den Profis. Zufall? Wer weiß das schon.
1994 lernt er in der Rolle des Gejagten noch ein Jahr bei den Amateuren. Er gewinnt Bronze bei der Zeitfahrweltmeisterschaft auf Sizilien. Außerdem unterschreibt er einen Vertrag beim 'Team Deutsche Telekom'. Privat ändert sich in diesem Jahr allerdings auch einiges. Jan zieht nach Merdingen um und lernt dort seine Freundin Gabi kennen.
In seinem ersten Profijahr muss er viel Lehrgeld bezahlen, wird aber Deutscher Meister im Zeitfahren, 4. auf der Straße und startet bei der Vuelta. Trotzdem ist er damit nicht zufrieden:
„Als Wasserträger will ich nicht enden“ (Jan Ullrich)
Sternstunden
Im nächsten Jahr setzt er dann seine ersten Ausrufezeichen im Profigeschäft. Er wird Zweiter bei der Deutschen Meisterschaft sowie bei der Tour de Suisse und der Tour de France. Dort gewinnt er das Abschlusszeitfahren in St. Émilion.
Kurioserweise scheint genau in dem Jahr, wo Jan's Stern richtig aufgeht, der von Lance unterzugehen. Wieder Zufall?
1997 holt Ulle dann zum großen Schlag aus: Er gewinnt die Deutsche Meisterschaft auf der Straße und wird am 27. Juli der erste deutsche Tour-de-France-Sieger aller Zeiten. Durch seinen Triumph am 15.Juli auf der Etappe nach Andorra-Arcalis, und die Eroberung des gelben Trikots, bricht eine neue Zeit für ihn und den deutschen Radsport an. Von nun an ist der Radsport und vor allem Jan Ullrich in aller Munde. Auch international wird er gehuldigt, Bezeichnungen wie „der neue Riese“ (L`Equipe), „kaiserlicher Ullrich“ (Le Figaro), „König der Tour“ (Le Parisien) und „Sultan des Sattels“ (Daily mail) machten die Runde.
„Er ist noch zu jung um ein Gott zu sein. Aber die Menge macht ihn zu einem neuen Messias“ (Le Figaro)
Das Leben nach dem Toursieg
Jan's Team Kollege und ehemaliger Kapitän Bjarne Riis erkannte richtig: „Jan wird die Erfahrung machen, wie kompliziert manches für einen Tour-de-France Sieger wird.“ Ab jetzt achtet die gesamte deutsche Klatschpresse, allen voran die Bild-Zeitung auf sein Gewicht und seine Vorbereitung. Obwohl viele Zeitungen übertreiben, läuft die Vorbereitung zur Tour 1998 nicht gerade optimal. Seine ewige Krankheitsserie im Frühjahr beginnt in diesem Jahr. Trotzdem erobert er auf der 7.Etappe das gelbe Trikot und scheint seiner Favoritenrolle gerecht zu werden, bis zu seinem Einbruch auf der 15. Etappe. Er erleidet einen Hungerrast und verliert 9 Minuten auf Pantani. Jan gewinnt noch 2 weitere Etappen und kommt noch auf 3:21 heran.
1999 stürzt er während der Deutschland Tour und muss auf die Tour de France verzichten. Als Nobody startet er im Herbst bei der Vuelta und gewinnt sie vor Igor Gonzales de Galdeano. Kurz darauf wird er in Treviso zum ersten Mal Zeitfahrweltmeister.
Wieder eine Parallele zu Lance, dieser feierte auch bei der Vuelta ein Jahr zuvor sein Comeback.
Die Saison 2000 steht dann wieder im Zeichen der Tour und der Olympischen Spiele. Die meisten Experten sind sich einig, dass der letztjährige Toursieger Lance Armstrong seinen Sieg nicht verteidigen kann, wenn Ullrich und Pantani auch am Start sind. Doch er kann Jan deutlich distanzieren. Das Duell für die nächsten Jahre ist geboren. Allerdings kann sich Ulle bei den olympischen Spielen in Sydney revanchieren, indem er Gold auf der Straße und Silber im Zeitfahren gewinnt.
2001 (c) Foto Emilia |
Im Jahr darauf gewinnt er die Deutsche Meisterschaft von Zabels Gnaden, weil dieser nicht mit Jan mitgehen durfte. Bei der Tour wird er wieder Zweiter hinter Armstrong. Am Ende wird er durch einen starken Herbst noch einmal Zeitfahrweltmeister in Lissabon.
Positiv
Das Jahr 2002 sollte sein Jahr werden, schon im Januar startet er bei der Katarrundfahrt. Es sollte dieses Jahr endlich klappen mit dem zweiten Toursieg. Doch sein Knie macht ihm ein Strich durch die Rechnung. Er muss lange aussetzen und versucht mehrmals wieder mit dem Training anzufangen, doch es geht nicht mehr. Er muss die Tour erneut absagen.
Trotzdem schreibt er in dem Jahr noch Schlagzeilen. Nach einer Partynacht fährt er gegen einen Fahrradständer und begeht Fahrerflucht. Außerdem wird er bei einer Dopingprobe positiv getestet. Dabei handelte es sich um Extecy-Reste, die von einem Disco-Besuch herühren.
„Das ist das Zeichen eines zerstörten Jungen. Man muss sich fragen, warum sich ein Athlet, der keine Wettkämpfe bestreitet, dopen sollte.“ (Jean-Marie Leblanc)
Da er sich im Training befindet und keinen Wettkampf bestreiten kann, wird überlegt ob er überhaupt gesperrt werden soll. Er wird aber bis zum März 2003 gesperrt, damit wird sein Vertrag mit dem Team Telekom aufgelöst.
Neuanfang
2003 Züri-Metzgete (c) Fotos Emilia |
Für die Saison 2003 unterschreibt er einen Vertrag beim 'Team Coast'. Sein Frühjahr verläuft für seine Verhältnisse sehr gut, er gewinnt unter anderem Rund um Köln. Nach Finanzschwierigkeiten von Coast wird das Team aufgelöst, kann jedoch als 'Team Bianchi' gerettet werden. Bei der Tour zeigt Jan, motiviert durch seine kurz zuvor geborene Tochter Sarah-Maria, eine hervorragende Leistung und fordert Lance zum ersten Mal richtig. Bis zum vorletzten Tag trennen sie nur 11 Sekunden. Er gewinnt seine erste Etappe seit 1998 im Zeitfahren. Beim letzten Zeitfahren verliert er bei Regenwetter noch 50 Sekunden und wird somit zum 5. Mal Zweiter bei der Tour de France.
Da es nun auch bei Bianchi finanzielle Probleme gibt, wechselt er wieder zurück zu seinem alten Team, jetzt 'Team T-Mobile'. Dort soll mit dem Tour-Dritten von 2003, Alexandre Vinokourov, sowie einem sehr starken Team endlich der ersehnte zweite Toursieg geschafft werden. Doch wieder stellen sich Krankheiten in den Weg. Er gewinnt durch eine starke Frühform zwar die Tour de Suisse, kommt bei der Tour de France aber erstmals nicht aufs Podium und wird Vierter. Dafür erreicht sein Teamkollege Andreas Klöden den zweiten Platz. Auch seine Medallien von Olympia kann er nicht verteidigen und sein letztes großes Ziel in dieser Saison, die Weltmeisterschaft in Verona, wird durch eine Krankheit zunichte gemacht.
Quo vadis Jan?
Am Vorabend der Tour de France 2006 platzte die Bombe, Jan Ullrich wurde offiziell als ein Fahrer genannt, der im Rahmen der Operación Puerto in Spanien in Verdacht stand, Kunde des Dr. Eufemio Fuentes zu sein. Er musste wir Ivan Basso und weitere Fahrer nachhaues fahren. Der Vertrag mit T-Mobile wurde im gegenseitigen Einvernehmen gelöst. Seine schweizer Lizenz hat er zurückgegeben.
Am 26. Februar 2007 verkündete er seinen Ausstieg aus dem aktiven Profi-Radsport.
1988
DDR-Jugendmeister (Straße)
1990
DDR-Jugendmeister (Punktefahren)
1991
Deutscher Juniorenmeister (Punktefahren)
1993
Weltmeister der Amateure (Straße) in Oslo (Norwegen)
Sieger der Bohemia (Böhmen)-Rundfahrt
Sieger der Australien-Rundfahrt
Sieg im Gesamt-Weltcup der Amateure
1. Platz Bundesliga-Rennen in Roth
1. Brügelmann-Bundesliga-Wertung
1994
3. Platz im Einzel-Zeitfahren WM Sizilien
Deutscher Vizemeister im Einzel-Zeitfahren
Deutscher Vizemeister im Bergfahren
1. Gesamtwertung Bundesliga
1. Platz Harz-Rundfahrt
2. Niedersachsen-Rundfahrt (3 Etappensiege)
3. Platz Zeitfahr-WM
1995
Deutscher Meister im Einzel-Zeitfahren in Forst
1996
2. Platz Tour de Suisse
2. Platz Tour de Fance
1 Etappensieg Tour de France
1. Regio-Tour
Radsportler des Jahres
1997
Sieger der Tour de France
3 Etappensiege Tour de France
Deutscher Meister im Straßenfahren
1998
2. Platz Tour de France
3 Etappensiege Tour de France
1. Rund um die Nürnberger Altstadt
1999
Weltmeister im Zeitfahren
Sieger der Vuelta
2 Etappensiege Vuelta a Espagna
2000
2. Platz Tour de France
Gold bei Olympia im Straßenrennen
Silber bei Olympia im Zeitfahren
1. Coppa Agostini (Italien)
2001
2. Platz Tour de France
Weltmeister im Zeitfahren und WM
Deutscher Meister im Straßenrennen
Sieger 2. Etappe Lucca-Rundfahrt (Italien)
1. Giro dell'Emilia (Italien)
1 Etappensieg bei der Hessenrundfahrt
2003
2. Platz Tour de France
1 Etappensieg Tour de France
1. Rund um Köln
2004
1. Tour de Suisse
2 Etappensiege Tour de Suisse
2005
2. Platz Tour de Suisse (1 Etappensieg)
3. Platz Tour de France
2. Platz Deutschlandtour (1 Etappensieg)2006
2006
Sieg 11. Etappe Giro d´Italia, EZF
Sieg 9. Etappe Tour de Suisse, EZF
1. Platz Tour de Suisse
Von zabelfan, unterstützt von maillot jaune
Januar 2005
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