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Josef Fischer

 

 


Portrait

Josef Fischer war der bedeutendste deutsche Straßenfahrer des ausklingenden 19. Jahrhunderts, einer Zeit, in der die Popularität des Straßenradsports in Deutschland bei weitem nicht mehr an die des Bahnradsports heranreichte. Dabei hat der Radsport seine Popularität zweifellos in weiten Teilen dem gelernten Schmied Josef Fischer zu verdanken. Mit seinen Siegen bei den ersten langen Distanz-Städtefahrten, die über deutsches Gebiet führten, wie 1893 die erste Fahrt Wien-Berlin (>>> hist. Bericht) und die Fernfahrt Mailand-München (>>> hist. Bericht), lenkte er schlagartig die öffentliche Aufmerksamkeit auf den Radsport und das Rad im Allgemeinen. 

 

Josef Fischer galt in seiner Glanzzeit als der beste Straßenfahrer der Welt. "Je weiter die Fahrt ging, desto besser standen Fischers Chancen, und je schwieriger das Terrain war, desto leichter gewann er sein Rennen. Im Bergauffahren fand Fischer keinen Meister, aber noch weniger im Bergabfahren. Bei der Fahrt über den Brenner gelegentlich der Distanzfahrt Mailand-München legte Fischer beim Bergabfahren eine Verwegenheit an den Tag, die ihm den allerdings schon ziemlich sicheren Sieg unentreissbar machte."

 

Die Distanzfahrt Wien-Berlin mußte Josef Fischer, der als Vetreter einer Fahrradfabrik antreten konnte und von dieser wohl finanzielle Unterstützung erfuhr, unter erschwerten Bedingungen fahren. "Die glänzende Leistung Fischer's stellt alle bisher in Oesterreich und Deutschland erzielten Records weit in den Schatten; sie ist um so bewundernswerther, als Fischer sich beim Training eine Sehnenzerrung am linken Fuße zugezogen hatte, sodaß er nur den rechten Fuß benutzen konnte und der linke nur markirend  auf dem Pedale ruhte. Unter günstigen Umständen hätte er einen Record von 28 bis 29 Stunden  erlangt. Um den 582,5 Kilomtr. langen Weg zurückzulegen, mußte Fischer 118 300 Kurbelumdrehungen machen, wozu ebenso viele Tritte nöthig sind. Laut Controlbuch verwandte er 67 Minuten auf kurzes, 5 bis 8 Minuten währendes Rasten; seine reine Fahrzeit beträgt somit 29 St. 53 MIn. 22 2/5 Sec." (Illustr. Zeitung, 2610)



Der Name Josef Fischer ist untrennbar mit der 'Hölle des Nordens', dem Radklassiker Paris-Roubaix verbunden. 1896 gewann er die erste Ausgabe dieses schweren Rennens. Für die 280 km benötigte er 9:17:00 Stunden mit einem Stundenmittel von 30,162 km/h, damals ausgetragen hinter Schrittmachern. "Es sah so aus, als hätte Fischer das Rennen in der Tasche, doch dann wurde er zweimal aufgehalten. Bei Hénin-Liétard erschrak sich ein Pferd durch die vorbeifahrende bizarre Meute und brach aus. Fischer konnte nur knapp ausweichen. Kurze Zeit später wechselte eine Herde Kühe plötzlich von einer Weide auf die Straße und blockierte den Weg. Doch der Deutsche nahm das alles hin und die letzten Kilometer wurden zu einer triumphalen Fahrt.""Offizielle und Polizisten erhöhten ihre Aufmerksamkeit um sicherzustellen, dass nicht noch in letzter Minute ein Zwischenfall den Höhepunkt des Rennens gefährdete. Tausende priviligierter Zuschauer standen auf. Bravorufe ertönten. Die Musik-Kapelle des Velodroms spielte die Nationalhymne. Fischer tauchte auf. Die Hochrufe verdoppelten sich. Fischer beendete die letzten sechs noch zu fahrenden Runden mit einem Glas Sekt in der Hand bevor er sich in das Ankunftsregister eintrug." (A Century of Paris-Roubaix, 1997)

 

1897 wandte er sich der Rennbahn zu, konnte da aber nicht an seine Erfolge auf der Straße anknüpfen.   

 

1899 fährt er in die USA um am ersten New-Yorker-Sechstage-Rennen für Zweiermannschaften teilzunehmen. Im selben Jahr noch wird er zweiter bei der Fernfahrt Bordeaux-Paris, die er 1900 vor Maurice Garin und dessen Bruder César gewinnt. Bei Paris-Roubaix belegt er in diesem Jahr den zweiten Platz.

 

Gegen Ende seiner Karriere nimmt er als erster Deutsche an der ersten Tour de France teil und belegt "nur" den 15. Rang. Er begibt sich noch einmal in die USA zum New Yorker Sechtagerennen und erreicht  mit dem Amerikaner Bowler, den 4. Platz. Danach zieht er sich aus dem Radrennsport zurück und stellte sich in Paris als Chauffeur in die Dienste eines Prinzen. Beim Ausbruch des ersten Weltkriegs musste er nach Deutschland zurückkehren.

 

In den ersten Jahren des Radsports wurden gerne Vergleiche zwischen Pferden und Radfahrern angestellt. Auch Fischer beteiligte sich daran. 1893 trat er am 8. September auf der Münchener Rennbahn am Schyrenplatz über 4000 m gegen das Traberpferd "Flora I" an. Fischer gewann  mit 6:47,0 Minuten gegenüber 6:52,4 Minuten, die das Pferd benötigte.

 

Im August 1894 verglichen sich Fischer und der Reiter William Cody. Diesmal dauerte der Vergleich sieben Stunden, ausgetragen an drei Tagen. Auch hier gewann der Radfahrer, wobei die Bedingungen für den Reiter  nicht optimal waren. (>>> hist. Bericht)



Match Josef Fischer gegen das
Traberpferd Lizzy M.

Im Jahre 1895 auf der Münchener Rennbahn
(Starter Hans Hofmann)

Quellen:

Sport-Album der Radwelt, 5. Jahrgang, 1907

W. Gronen/W. Lemke, Geschichte des Radsports, 1987



Ergebnisse:

1892

1. Platz München-Pilsting (200 km)

1. Platz München-Coburg (300 km)

 

1893

1. Platz bei der ersten Fernfahrt Wien-Berlin, 580 km, 31:00:22,2 Stunden

1. Platz Moskau-St. Petersburg

1. Platz Freiburg-Colmar-Basel (300 km)

 

1894

1. Platz der ersten Fernfahrt Mailand-München (587 km)

1. Platz Triest-Graz-Wien (509 km)

 

1895

1. Platz Triest-Graz-Wien

 

1896

1. Platz der ersten Ausgabe Paris-Roubaix

1. Platz Deutsche Meisterschaft der Steher

 

1897

1. Platz Vier Tage von Hamburg

2. Platz Meisterschaft von Deutschland

4. Platz Europameisterschaft der Steher über 100 km

 

1898

2. Platz deutsche Meisterschaften

 

1899

1. Platz der Vier Tage von Hamburg

2. Platz Fernfahrt Bordeaux-Paris

2. Platz Deutsche Meisterschaften

4. Platz Sechstage-Rennen in New York für Zweiermannschaften

 

1900

1. Platz Fernfahrt Bordeaux-Paris

2. Platz Paris-Roubaix

 

1903

15. Platz erste Tour de France

4. Platz New Yorker Sechstage-Rennen, gemeinsam mit Bowler 

 

Zwischen den Jahren 1896 und 1903 errang Fischer auf ausländischen Bahnen 3 erste, 7 zweite und 3 dritte Plätze. In der Liste der finanziellen Gewinne auf deutschen Bahnen liegt er auf dem 9. Rang.

 

&copy Cycling4fans

Januar 2005




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